Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Nicht mit der kleinsten Mundbewegung zeigte sie ihre Begeisterung darüber, dass sie endlich bei einem echten OEP -Einsatz – wie sie und ihre Mitstudenten es genannt hatten – mitarbeiten würde. Und noch dazu bei einem Mordfall.
»Die erste Überprüfung von Leanne Carrs Identi-Chip hat ergeben, dass sie sich vor vier Monaten der Implantation im Rahmen des OEP unterzogen hat, daher haben wir Sie sofort angefordert, Detective Sloan. Wir haben die Anweisung, den Tatort bis zu Ihrem Eintreffen unberührt zu lassen.«
»Deswegen sind die Leute von der Spurensicherung noch nicht hier?«
»Die warten auf Sie«, antwortete Zeiler knapp.
Wunderbar. Ein weiterer Grund, warum ihre Anwesenheit ihn ärgerte.
»Dann sollen sie ihre Arbeit machen, Agent Zeiler«, murmelte Ronnie. »Beim OEP geht es nicht darum, andere Ermittler fernzuhalten.«
Das stimmte. Nicht die Spurensicherung war ihre Aufgabe, sondern sie sollte das Verbrechen mit den Augen einer Zeugin betrachten, mit den Augen des Täters oder – in Leanne Carrs Fall – mit den Augen des Opfers.
Zeiler griff sich an den Kragen und drückte einen Knopf auf dem winzigen Funkgerät, das dort befestigt war. »Sagen Sie dem Spurensicherungsteam, dass sie anfangen können.«
Er hatte die Leute einfach hergerufen, weil sie es gesagt hatte, und das erstaunte Ronnie. Trotz aller Zusicherungen hatte sie nie richtig daran geglaubt, dass die OEP -Ermittler die Leitung aller Fälle übernehmen würden, bei denen eine Versuchsperson beteiligt war, unabhängig davon, welche anderen Behörden sonst noch damit zu tun hatten. Und von den anderen Polizisten, mit denen sie in Texas die Ausbildung absolviert hatte, hatte auch keiner daran geglaubt.
Oder doch, einer – aber der war kein Police Detective gewesen. Er war FBI -Agent und noch dazu der anmaßendste, eingebildetste Mistkerl, den sie je kennengelernt hatte. Sie wünschte wirklich, sie könnte diesen Special Agent Jeremy Sykes vergessen, aber bisher war ihr das einfach noch nicht gelungen. Der Mann hatte sich in ihrem Kopf festgesetzt wie ein Splitter im Finger.
Sie fragte sich unwillkürlich, ob er schon an seinem ersten OEP -Mordfall gearbeitet hatte, und hoffte, dass dem nicht so war. Sie wollte Sykes gern zuvorkommen. Vom Augenblick ihrer ersten Begegnung an hatten sie miteinander gewetteifert … wahrscheinlich, weil sie die Spiele, die sie eigentlich beide gern miteinander gespielt hätten, nicht spielen konnten, vermutete Ronnie.
Zeiler hatte die Ermittlungen zwar vorerst bewilligt, aber offensichtlich nur zähneknirschend. Sein Mund war fest zusammengekniffen, doch dann fuhr er fort: »Das Opfer hat als Verwaltungsassistentin beim Chef der Phoenix-Gruppe gearbeitet. Das sind die Leute, die alle Aspekte des Wiederaufbaus der National Mall beaufsichtigen.« Er räusperte sich. »Ich meine … des Patriot Square.«
Ronnie verstand sein Unbehagen. Dieser Hurra-Patriotismus war manchmal schwer zu ertragen. Ronnie war genauso patriotisch wie alle anderen auch, sie hatte bloß keine Lust, sich nackt auszuziehen und dann nur noch in Stars and Stripes gehüllt herumzulaufen.
»Also war sie Geheimnisträgerin?«
Zeiler nickte einmal. »Ziemlich hochrangige Geheimnisträgerin.«
»Verstehe«, murmelte Ronnie. Sie wandte sich an Mark und erklärte, obwohl er es eigentlich wissen musste: »Alle Personen, die zur Teilnahme an der zweiten Testphase des Optical Evidence Program eingeladen wurden, mussten ja hohe Geheimnisträger sein.«
»Fragt sich, ob das klug war«, erwiderte er. »Wer in viele Geheimnisse eingeweiht ist, ist doch ein verlockendes Ziel, wenn die bösen Buben jemals Wind von diesem Programm kriegen sollten.«
Genau das hatte Ronnie auch gedacht, als sie davon gehört hatte. »Ja, aber sie wollten die Tests ganz geheim halten, und die Hälfte von denen, die gefragt wurden, hat ja abgelehnt.«
»Aber die andere Hälfte macht jetzt mit«, sagte Daniels nachdenklich, »so wie wir.«
Ja, sie machten mit. Und manchmal wunderte das Ronnie immer noch.
Alle Personen, die man angesprochen hatte, waren ausführlich über die Risiken informiert worden, auch über das größte: Das OEP -Implantat lag direkt am Sehnerv. Das Implantat und der Nerv waren unauflöslich miteinander verbunden – das war notwendig, damit es richtig funktionierte. Es bedeutete, dass der Nerv, falls die Kamera jemals entfernt werden sollte, fast mit Sicherheit dauerhaft geschädigt werden würde. Blindheit auf einem Auge war so gut wie
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