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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Bedeutung in sein Gehirn, ohne sich mit dem Umweg durch die Augen aufzuhalten.
    Er stand auf und löste die Zügel des jetzt wieder fügsamen Pferds von einem kleinen Baum. Zweiblum wußte nicht, wo sich die Mitte befand, aber er sah nun einen alten Pfad, der durch den Wald reichte. Jener BelShamharoth schien sich große Mühe zu geben, verirrten Reisenden zu helfen. Nun, die Alternative bestand aus hungrigen Wölfen… Der Tourist nickte entschlossen.
    Interessanterweise geschah einige Stunden später folgendes: Zwei Wölfe folgten Zweiblums Fährte und erreichten den Stein. Der Blick ihrer grünen Augen fiel auf das eigentümliche achtbeinige Muster – vielleicht handelte es sich tatsächlich um die Darstellung einer Spinne oder eines Tintenfischs; vielleicht zeigte es noch etwas weitaus Seltsameres –, und daraufhin gelangten sie zu dem Schluß, gar nicht so hungrig zu sein.

    E twa drei Meilen entfernt hielt sich ein gescheiterter Zauberer am hohen Ast einer Buche fest.
    Seine gegenwärtige Lage war das Ergebnis von fünf Minuten hektischer Betriebsamkeit. Zuerst stürmte eine wütende Bärin durchs Unterholz und zerfetzte mit einem Prankenhieb die Kehle von Rincewinds Pferd. Als er floh, um nicht ebenfalls zum Opfer des Gemetzels zu werden, begegnete er mehreren zornigen Wölfen. Die Lehrer an der Unsichtbaren Universität hatten immer wieder seine Unfähigkeit verflucht, die Levitation zu erlernen; sie wären erstaunt darüber gewesen, wie schnell er den nächsten Baum erkletterte, offenbar ohne den Stamm zu berühren.
    Jetzt gab es nur noch das Problem namens Schlange.
Ein großes grünes Exemplar – und es kroch mit Reptiliengeduld über den Ast. Ob sie giftig ist? überlegte Rincewind, und gleich darauf kam er sich wie ein Narr vor, über eine solche Frage nachgedacht zu haben. Natürlich war die Schlange giftig.
    »Warum grinst du so?« wandte er sich an die Gestalt auf dem nächsten Ast.
    ICH KANN NICHT ANDERS, erwiderte Tod. WÜRDEST DU JETZT BITTE LOSLASSEN? ICH HABE NICHT DEN GANZEN TAG LANG ZEIT.
    »Ich schon«, sagte Rincewind trotzig.
Die vor dem Baum wartenden Wölfe sahen nach oben und beobachteten, wie ihre nächste Mahlzeit mit sich selbst sprach.
ES TUT NICHT WEH, meinte Tod. Wenn Worte Gewicht hatten, so genügte ein einzelner Satz von Tod, um ein Schiff zu verankern.
    Rincewinds Arme beschwerten sich mit heftigen Schmerzen. Er warf der geierartigen, leicht durchscheinenden Gestalt einen finsteren Blick zu.
    »Es tut nicht weh?« wiederholte er. »Wahrscheinlich kitzelt es nur ein bißchen, von Wölfen zerfleischt zu werden, wie?«
    Ein dumpfes Knacken wies ihn darauf hin, daß der Ast, an dem er hing, langsam die Geduld verlor. Er sah sich um und bemerkte einen dicken Zweig, von dem ihn nur ein Meter trennte. Wenn er ihn erreichen konnte…
    Rincewind schwang sich zur Seite und streckte die Hand aus. Der bereits stark gekrümmte Ast brach nicht etwa, sondern knirschte und neigte sich nach unten.
    Rincewind fand sich am Ende einer langen Zunge aus Borke und Holzfasern wieder, die sich vom Baum löste und dabei in die Länge wuchs. Er starrte nach unten und stellte mit fatalistischer Zufriedenheit fest, daß er direkt auf dem größten Wolf landen würde.
    Der Abstand zum Boden verringerte sich, als der Streifen aus Rinde immer länger wurde. Die Schlange beobachtete ihn nachdenklich.
    Dann zitterte die Borkenzunge und verharrte. Rincewind wollte sich gerade zu seinem Glück gratulieren, als er den Kopf hob und etwas erblickte, das sich seiner Aufmerksamkeit erst jetzt offenbarte. Direkt vor ihm hing das größte Hornissennest, das er jemals gesehen hatte.
    Er kniff die Augen zu.
Warum der Troll? dachte er. Der Rest ist einfach mein übliches Pech, aber warum der Troll? Bei den Dämonen in der Hölle – was hat das alles zu bedeuten?
    Klick. Es klang nach einem brechenden Zweig, doch das Geräusch ertönte hinter Rincewinds Stirn. Klickklick. Und dann ein Windstoß, der kein einziges Blatt bewegte.
    Das Hornissennest wurde vom Ast gerissen, als der lange Streifen aus Rinde vorbeizuckte. Es fiel in die Tiefe, und der Zauberer beobachtete, wie es immer kleiner wurde, als es sich unten dem Kreis aus aufgerissenen Mäulern näherte.
    Der Kreis schloß sich.
Der Kreis dehnte sich plötzlich.
    Mit schmerzerfülltem Geheul stoben die Wölfe davon und versuchten, dem zornigen Hornissenschwarm zu entkommen. Rincewind grinste schadenfroh.
    Dann berührte sein Ellenbogen etwas – den Baumstamm. Die

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