Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
dem Weg, und er schien recht wütend zu sein. Nun, gute Laune ist bei Trollen ohnehin sehr selten, aber in diesem Fall gingen Ärger und Zorn auf äußere Einflüsse zurück: Der plötzliche Transfer von den dreitausend Meilen entfernten Rammerorck-Bergen, die sich außerdem tausend Meter weiter randwärts erhoben, hatte aufgrund des Gesetzes von der Erhaltung der Energie dafür gesorgt, daß die Körpertemperatur des Trolls ein kritisches Niveau erreichte. Deshalb fletschte er die Zähne und brüllte.
    »Ein sonderbares Wesen«, sagte Zweiblum. »Ist es gefährlich?«
    »Nur für Menschen!« rief Rincewind. Er zog sein Schwert, holte aus und schaffte es, den Troll zu verfehlen. Die Klinge fiel ins Heidekraut am Straßenrand.
    Wieder erklang ein leises, kaum hörbares Geräusch, wie das Klappern alter Zähne.
    Das Schwert traf einen im Heidekraut verborgenen Stein – er war so gut versteckt, daß ihn bis vor wenigen Sekunden selbst ein aufmerksamer Beobachter nicht bemerkt hätte. Die Klinge prallte ab, sprang wie ein Lachs hoch, zielte sorgfältig und bohrte sich in den grauen Hals des Trolls.
    Das Geschöpf knurrte, schlug mit einer Klauenpranke zu und riß eine tiefe Wunde in die Flanke von Zweiblums Pferd, das daraufhin schmerzerfüllt wieherte und davonsauste. Unmittelbar im Anschluß daran wirbelte der Troll herum und griff Rincewind an.
    Dann übermittelte ein eher träges Nervensystem die Botschaft vom Tod. Ein oder zwei Sekunden lang wirkte das Wesen überrascht, stürzte um und splitterte – da Trolle Lebewesen aus Stein sind, verwandeln sie sich nach dem Tod in Kies.
    Arrgh, dachte Rincewind, als sein entsetztes Pferd scheute. Er hielt sich verzweifelt fest, als das Tier auf zwei Beinen über die Straße wankte, laut schnaubte und in den Wald galoppierte.
    Das Pochen der Hufe wurde rasch leiser, überließ die akustische Szene dem Summen der Bienen und dem leisen Knistern von Schmetterlingsflügeln. Ein anderes Geräusch kam hinzu, und es schien überhaupt nicht zu der Umgebung zu passen.
    Es klang wie rollende Würfel.

    » R incewind?«
    Die langen, von Bäumen gesäumten Korridore des Waldes warfen Zweiblums Stimme hin und her und schleuderten sie schließlich achtlos zu ihm zurück. Er setzte sich auf einen großen Stein und versuchte nachzudenken.
    Zuerst einmal… Er hatte sich verirrt. Eine ärgerliche Sache, ja – aber er machte sich deshalb keine großen Sorgen. Der Wald wirkte recht interessant; vielleicht gab es hier Elfen oder Gnome. Oder Elfen und Gnome. Schon mehrmals hatte er den Eindruck gewonnen, daß sonderbare grüne Gesichter von Zweigen und Ästen zu ihm herabspähten. Zweiblum wünschte sich seit seiner Kindheit, einem Elf zu begegnen. Ein Drache wäre ihm natürlich lieber gewesen, aber er war bereit, sich mit einem Elf zu begnügen. Oder mit einem Kobold.
    Seine Truhe fehlte, und das ärgerte ihn. Darüber hinaus begann es nun zu regnen. Er rutschte unbehaglich auf dem feuchten Stein hin und her und bemühte sich, die Dinge aus einer optimistischen Perspektive zu betrachten. Zum Beispiel: Als sein Pferd während der wilden Flucht durch einige Büsche und Sträucher sprang, scheuchte es eine Bärin mit ihren Jungen auf, setzte den Weg jedoch fort, bevor Meister Petz reagieren konnte. Kurze Zeit später sprang es über einige schlafende Wölfe hinweg und war dabei so schnell, daß das wütende Heulen schon nach wenigen Sekunden hinter Roß und Reiter verklang. Trotzdem: Der Tag ging allmählich zur Neige, und Zweiblum hielt es für eine gute Idee, nicht im Freien zu verweilen. Vielleicht gab es irgendwo ein… Er überlegte angestrengt und versuchte sich daran zu erinnern, welche traditionellen Unterkünfte der Wald anbot. Ja, genau: Möglicherweise konnte er in einem Lebkuchenhäuschen übernachten.
    Mit der Zeit erwies sich der Stein als außerordentlich unbequem. Zweiblum senkte den Kopf und sah erst jetzt die seltsamen Muster im Felsen.
    Sie schienen einer Spinne nachempfunden zu sein. Oder einem Tintenfisch. Moose und Flechten verwehrten den Blick auf Einzelheiten, aber die Runen darunter waren deutlich zu erkennen. Zweiblum las sie, und ihre Botschaft lautete: Reisender, du brauchst nur tausend Schritte mittwärts zu gehen, um den gastlichen Tempel von Bel-Shamharoth zu erreichen. Der Tourist sah sich mit einem seltsamen Phänomen konfrontiert – er verstand die Mitteilung, obwohl die einzelnen Schriftzeichen überhaupt keinen Sinn für ihn ergaben. Irgendwie gelangte ihre

Weitere Kostenlose Bücher