Die Farben der Sehnsucht
weiteren Zwischenfall zu beenden. Das Thema kam nicht wieder auf – bis wir mit unserem Kaffee und dem Dessert im Wohnzimmer Platz genommen hatten.
„Kennt jemand einen guten Privatdetektiv?“, fragte Margaret vollkommen unvermittelt.
„Wofür denn das?“, wollte Matt wissen.
„Was denkst du denn?“, fuhr Margaret ihn an. „Die Polizei tut überhaupt nichts. Ich will jemanden engagieren, der etwas unternimmt.“
„Margaret …“
„Komm mir nicht mit Margaret“ , schrie sie und presste die Lippen auf eine Art zusammen, die mir sagte, dass sie diese Sache angehen und auch zu Ende bringen würde. „Willst du, dass dieser … dieser Mistker l wieder zuschlägt? Vielleicht hat das Opfer beim nächsten Mal nicht so viel Glück. Julias Arm war gebrochen, doch wenn sie sich nicht geistesgegenwärtig auf die Seite gerollt hätte, wäre sie vermutlich von einem Auto überfahren worden. Wir sind uns doch beide bewusst, dass unsere Tochter bei diesem Überfall fürs Leben gezeichnet oder sogar getötet hätte werden können.“
„Aber das ist sie nicht“, erwidert Matt sanft und geduldig.
„Das nächste Opfer hat vielleicht nicht so viel Glück – hast du daran schon einmal gedacht? Der Mann muss für seine Taten bezahlen und daran gehindert werden, so etwas noch einmal zu tun. Und wenn die Polizei dafür nicht Sorge tragen kann, dann muss ich es eben.“
„Es ist Aufgabe der Polizei, ihn zu finden – nicht die eines Privatdetektivs, den wir engagieren. Wir bezahlen schon Steuern, um die Strafverfolgung solcher Täter zu gewährleisten. Gib den Behörden die Chance, ihren Job zu erledigen.“ Statt einer Antwort schnaubte Margaret nur verächtlich.
„Möchte noch jemand einen Kaffee?“, fragte ich und hoffte, den Streit noch abbiegen zu können.
Matt und Margaret schüttelten den Kopf, und Brad und ich warfen uns einen knappen Blick zu.
Zum Glück kam Cody kurz darauf zurück und erfüllte das Haus augenblicklich mit seiner kindlichen Begeisterung. Chase stürmte ins Wohnzimmer – begierig, sein Herrchen zu begrüßen – und wedelte wie verrückt mit dem Schwanz.
„Kann ich Kuchen haben?“, fragte Cody und betrachtete die leeren Desserttellerchen – und Matt, der bereits sein zweites Stück verputzte.
„Was hattest du zum Abendessen?“, fragte ich.
Cody hielt inne und dachte einen Moment lang nach. „Roastbeef mit Kartoffeln und Soße, Erbsen und Salat. Mrs. Martin ist eine gute Köchin. Aber natürlich nicht so gut wie du.“
Der Junge konnte wirklich mit Worten umgehen. „Ich werde mal sehen, was ich wegen des Kuchens für dich tun kann“, versprach ich und bemühte mich nicht, mein Lächeln zu verstecken.
Margaret erhob sich, und Matt schob schnell das letzte Stück Kuchen in seinen Mund, bevor auch er aufstand.
„Wir sollten jetzt nach Hause gehen“, sagte Margaret. „Ich lasse die Mädchen nicht gern so lange allein.“
Matt sah aus, als wollte er etwas sagen, doch offensichtlich entschied er sich dagegen. „Lydia, Brad, vielen Dank für das Essen. Es war köstlich.“
Meine Schwester hatte schon ihren Regenmantel und ihre Tasche geholt. Sie wollte offenbar schnell los. Ich wusste nicht, wie oft sie zu Hause angerufen hatte, und fragte mich, ob sie glaubte, dass es niemandem aufgefallen sei. Möglicherweise war es ihr aber auch einfach egal.
Brad und ich begleiteten die beiden zur Tür und standen auf der vorderen Veranda, während meine Schwester und ihr Mann durch den Regen zu ihrem Auto hasteten. Mit dem Geld der Versicherung hatten Matt und Margaret sich einen anderen Wagen angeschafft. Dieses Auto war gebraucht und so schlicht wie es nur ging. Margaret hatte nicht die Absicht, etwas derart Schreckliches, wie es Julia widerfahren war, durch den Kauf eines schicken Neuwagens noch einmal heraufzubeschwören.
Nachdem sie losgefahren waren, seufzte Brad erleichtert auf. „Was meinst du, wie es gelaufen ist?“
„Definitiv nicht so gut, wie ich es mir erhofft hatte“, gab ich zu und schmiegte mich an ihn. Er legte seinen Arm um meine Taille.
„Matt hat erzählt, dass Margaret oft die ganze Nacht lang wach ist und über die Sache nachdenkt. Sie findet keine Ruhe, kann nicht schlafen.“
„Julia auch nicht.“ Ich wollte meine geliebte Nichte einfach nur in die Arme schließen und ihr Mut machen. Und ich wünschte mir nichts mehr, als die richtigen Worte zu finden, um sie und Margaret zu trösten.
„Glaubst du, dass Margaret die Idee, einen Privatermittler
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