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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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ich Angst vor dem Zorn der Göttin: Pachamama belohnt ein gutes Gewissen, aber gegen das schlechte entfesselt sie die Dämonen, die in den Höhen wohnen.
    Ich ging zu meiner Schwester.
    »Findest du nicht, daß ich weniger hinke?«
    Curi Coylor betrachtete mich mit der verlorenen Miene, die sie seit der Hinrichtung ihres Mannes hatte.
    »Vielleicht … Ja, wirklich!«
    Sie log.
    Ich kehrte ihr den Rücken. Ihr Stumpfsinn machte mich rasend. Wie konnte sie in Erinnerung an einen Elenden leben, der den Inka beleidigt und die fabelhafte Zukunft seiner kleinen Schwägerin zerstört hatte?
    Cuzco wollte mir nicht mehr aus dem Sinn.
    Ich wurde vor der Zeit reif und nahm, ohne es zu wissen, die Fehler der Inkafrauen an, von denen ich nur das entzückende Äußere gesehen hatte: ich wurde eitel und hochfahrend. Da solche Flausen, wie Ihr wohl ahnt, bei uns aber nichts galten, wurde ich gescholten, und so verschloß ich mich mit jedem Tag mehr in meiner Einsamkeit.
    Als ich kein anderes Mittel mehr wußte, begann ich heimlich zu fasten, wie es meine Eltern vor den großen religiösen Festen taten, um sich zu reinigen. Fünf Tage nahm ich nichts anderes zu mir als eine Handvoll rohen Mais und Wasser.
    Am fünften Tag begann meine Mutter mit der Bereitung des Chunu, einer Art Kartoffelbrei, der durch den Frost, dem man ihn über Nacht aussetzt, getrocknet wird und neben Mais und Quinua den Grundstock unserer bäuerlichen Nahrung bildet.
    Den ganzen Morgen trat ich mit den Füßen Kartoffeln, um den Saft auszupressen. Die Anstrengung kostete mich meine letzten Kräfte. Nachmittags entwischte ich, stieg über die Weiden hinan. Mir wurde schwindelig, der Hang rutschte mir unter den Füßen weg, mehrmals fiel ich hin, und ehe ich noch bei der Huaca anlangte, brach ich zusammen.
    Eine harte Hand packte mich. Ich sah mich zwischen Himmel und Erde hängen wie ein Meerschweinchen und vor mir den schrecklichen Blick des Vaters meines Vaters.
    Bald hatte er mir die Beichte abgenommen. Obwohl er ein alter Mann war, dessen Horizont sich auf den Raum begrenzte, den sein Auge umfaßte, hatte der Schöpfer ihm Weisheit und Hellsicht verliehen, und diese Tugenden hatte er durch endlose Meditationen, in denen sein Geist in Chichanebeln schwebte, erweitert.
    Jedesmal, wenn ich im Leben vor einem Problem stehe, erinnere ich mich seiner Worte. Vom Ketschua ins Spanische übersetzt, verlieren sie nur leider an Kraft.
    »Kleine, ich beobachte dich jetzt seit zwei Monden«, sagte er. »Wenn die Frauen zur Pachamama flehen, uns eine gute Ernte zu schenken, glaubst du, dann legen sie die Hände in den Schoß, nachdem sie die Erde mit Chichawein getränkt, schönen Mais und magische Kräuter vor ihr niedergelegt und getanzt und gesungen haben? Nein, bestimmt nicht! Arbeit muß den Wert ihrer Opfergaben erhöhen. Und du, was hast du denn getan, außer deine helle Haut zu bewundern und dich zu bejammern? Die gütigen Mächte gewähren nur denen ihren Schutz, die sich seiner würdig erweisen. Wenn du etwas willst, tu, was man tun muß, um es zu erlangen, und du kannst auf die göttliche Hilfe bauen … Deine Mutter hat ein zu schönes Vögelchen ausgebrütet, du bist nicht geboren, hier dein Leben zuzubringen, aber die Ärmste sträubt sich dagegen. Eltern sehen ihre Kinder im Spiegel der eigenen Jugend … Ich habe prophezeit, daß du Accla wirst, und du wirst es! Komm morgen wieder. Vergiß nicht, deiner Mutter zu sagen, daß sie mir etwas Gutes kocht, und bring mir einen Krug Chicha mit.«
    Damit begann die Tortur. Monatelang steckte mein Bein steif in einem Kräuterverband zwischen Holzbrettchen. Jede Woche nahm der Vater meines Vaters sein Werk ab, badete das Bein in Urin und begleitete seine Behandlung mit den angezeigten Beschwörungen, dann legte er mir einen frischen Verband samt den Brettchen an. Aber was Pachamama tief in meinem Herzen las, muß sie nicht befriedigt haben: als die Brettchen abgenommen wurden, hinkte ich wie zuvor.
    Trotzdem war die Prüfung nicht vergebens gewesen. Diesmal lehnte ich mich gegen die Niederlage auf und beschloß, mich selbst um das verwünschte Bein zu kümmern. Ich stellte fest, daß ich mein Körpergewicht auf die rechte Hüfte verlagerte, also mußte ich die Gegenbewegung üben …
    Genug zu dem Thema; ich werde Euch nicht beschreiben, was es mich kostete, meinen Gang zu begradigen, doch gewann ich dabei einen Willen, hart wie Lanzenholz, und im November brachten mich meine Eltern nach Amancay. Der

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