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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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empfangen. In mein Haus zu kommen, als man das Haupt Tupac Amarus gerade erst von dem großen Platz vor der Kathedrale entfernt hatte, wo Eure Leute es auf einer Lanzenspitze ausgestellt hatten, war, das müßt Ihr zugeben, kein besonders gut gewählter Zeitpunkt! Hat man Euch gesagt, daß Mancos Sohn, nachdem gewisse Indios ihn verraten hatten, seine Stellungen hatte aufgeben müssen, daß er bis in den Dschungel verfolgt und nach Cuzco geführt wurde mit einer Kette um den Hals wie ein Hund? Ich war noch so voller Schmerz, voller Entsetzen über diese Schändung unseres göttlichen Herrschers – als Ihr daherkamt mit Eurer Begier, unsere Herzen, unsere Seelen zu erforschen: Ihr erschient mir in dem Augenblick wie einer jener Aasgeier von Ärzten, die einen Sterbenden ausweiden. Wie habe ich Euch gehaßt, und das Urteil über Euch war schnell beschlossen. Welch eine Sühne für meinen Gram, welche Wonne war es, eine Neugier zu entfachen, die Euch dort, wo sie Euch hinführte, nichts mehr nütze wäre! Trinkt, der Becher ist nicht mit Gift ausgerieben, Ihr habt Besseres verdient! Ich wiederhole es, Euch in meiner Macht zu haben bereitete mir eine köstliche Befriedigung. Ein Weißer, ein Spanier, und Priester dazu – drei gute Gründe, Euch zu vernichten! Ich habe lange mit dem Gedanken gespielt und erwogen, welche Opferungsweise unserem Vater der Sonne am wohlgefälligsten wäre, um ihn ein wenig über den Verlust Tupac Amarus, seines geliebten Sohnes, zu trösten … Übrigens habt Ihr es ziemlich bald geahnt, nicht wahr?«
    »Sehr richtig, Señora.«
    »Eine reizvolle Situation! Wißt Ihr, Pater Juan, daß Ihr in das Mahl, an dem ich mich schon labte, eine tüchtige Handvoll Pfeffer gestreut habt? Mit Eurer Beharrlichkeit, Eurem fanatischen Willen, mich zu überführen oder zu bekehren? Verlockt Euch der Tod? Ich weiß es nicht. Sagt Ihr es mir.«
    »Ich weiß nur eins, Señora: wärt Ihr nicht, wie Ihr seid, wäre ich nicht hier.«
    »Und wärt Ihr nicht, wie Ihr seid …! Pater Juan, geht in Frieden. Diese paar Tage haben Euch vielleicht geholfen, uns ein wenig kennenzulernen, aber jetzt bleibt Euch die Pflicht, auch Eure Landsleute hier in Peru kennenzulernen und ihr Treiben zu beobachten. Geht überallhin. Geht in die Bergwerke und seht, in welcher Hölle die Unsern vegetieren. Geht in die Webereien, und Ihr erblickt Strafkolonien für Frauen und Kinder. Geht in die Encomiendas, und Ihr werdet auf Menschen treffen, die man schlimmer behandelt als irgendein Tier. Geht in die Städte, und Ihr findet, was es nie zuvor gegeben hat: Landstreicher, Bettler, Diebe, und auch das ist Euer Werk. Denn um den Minen, den Webereien, den Encomiendas oder jenen Lagern zu entkommen, wohin die Spanier manche Stämme verschleppt und eingesperrt haben, um sie leichter zu versklaven, lassen die Unsern alles im Stich. Ohne Dorf, ohne Dach, abgeschnitten von ihren Wurzeln, benutzen viele, die alle einmal stolz auf ihre Arbeit waren, ihre Hände nur noch dazu, sie für spärliche Almosen aufzuhalten. Und geht in die Dörfer, seht Euch an, wie Eure Pfarrer Hof halten, als wären sie große Herren, so daß sie uns allein durch ihre Verkommenheit und Habgier von einer Religion abschrecken, die sie uns mit der Peitsche einbleuen. Geht hin, Pater Juan, geht, seht und hört. Leben und Freiheit, die ich Euch wiedergebe, werden Euch manchesmal eine bittere Last sein. Ich wette sogar, daß Ihr Euch, wenn Ihr durch diesen Sumpf watet und die Verwesung riecht, nach den reinen, leuchtenden Freuden des Martertodes sehnt, aber ich habe für Euch gewählt … Was Ihr über mich auch sagen werdet, meinem Volk werdet Ihr jedenfalls ein wenig Glück bringen. Mögen die Spanier mein Haus in Cuzco niederreißen, es war nur die Bühne der Komödie, die ich ihnen gespielt habe, und längst habe ich, im Hinblick auf diesen meinen Rückzug, den Palast in Yucay samt den Kokapflanzungen aufgegeben. Mein Vermögen weidet friedlich auf diesem Hochland, wächst und vermehrt sich. Zu bestimmten Zeiten kommen Tausende Lamas von dort herab. Der Verkaufserlös ermöglicht mir, eine Menge Unglückliche freizukaufen, die der Zwangsarbeit bei den Spaniern ausgeliefert sind … Ihr könnt morgen früh aufbrechen. Führer werden Euch ins Yucaytal geleiten. Dort erwartet Euch ein gutes Pferd.«
    Der Himmel war bleiern und schwarz die Berge.
    »Anscheinend kommt die Regenzeit dieses Jahr früher«, meinte Asarpay.
    Sie hatte darauf bestanden, ihn bis zum

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