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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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schon mehr als einmal betrogen. Zauberer-Abenteurer aus Quarzhasaat kamen und gaben sich als Vertreter deiner Zunft aus. Entweder glaubten sie selbst an ihr Können oder vermeinten, ihnen würde gelingen, was nur ein Traumdieb schaffen kann. Alle verloren vor unseren Augen den Verstand. Etliche starben. Einige ließen wir zurück nach Quarzhasaat laufen, in der Hoffnung, sie würden eine Warnung für andere sein, nicht ihr Leben und unsere Zeit zu verschwenden.«
    »Du klingst sehr geduldig, Raik Na Seem«, sagte Elric. Jetzt war ihm klar, warum Lord Gho so verzweifelt nach einem Traumdieb gesucht hatte. Die Berichte der wahnsinnig gewordenen Zauberer-Abenteurer waren verworren gewesen. Das wenige, das Lord Gho in Quarzhasaat von ihnen erfahren konnte, hatte er an Elric weitergegeben. Doch jetzt erkannte der Albino, daß es allein das Mädchen war, welches das Geheimnis des Pfades zur Perle im Herzen der Welt kannte. Als Gefäß aller Weisheit ihres Volkes wußte es auch, wo sich die Perle befand. Vielleicht war es ein Geheimnis, das Varadia für sich behalten mußte. Wie dem auch sei, das Mädchen mußte aus seinem Zauberschlaf erweckt werden. Elric wußte, daß er es nicht fertigbringen würde, Varadia mit Fragen zu bedrängen, um ein Geheimnis zu erfahren, das nicht für ihn bestimmt war. Seine einzige Hoffnung bestand darin, daß sie ihm freiwillig ihr Wissen kundtun würde. Für ihn stand fest, daß er sie nie - ganz gleich, was auch geschehen würde - danach fragen konnte.
    Raik Na Seem schien das Dilemma des Prinzen zu verstehen. »Mein Sohn, du bist ein Freund meines Sohnes«, sagte er in der feierlichen Art seines Volkes. »Wir wissen, daß du nicht unser Feind bist und daß du nicht freiwillig herkamst, um zu stehlen, was uns gehört. Wir wissen ferner, daß du nicht die Absicht hegst, uns einen Schatz wegzunehmen, dessen Wächter wir sind. Doch wisse, Elric von Melniboné, wenn Alnac Kreb unser Heiliges Mädchen retten kann, werden wir alles in unseren Kräften stehende tun, um dich auf den Pfad zur Festung der Perle zu bringen. Wir würden dich nur davon abhalten, sollte Varadia nach ihrem Erwachen uns warnen, dir diese Hilfe zu geben. Aber das würden wir dir offen sagen.«
    »Ein faireres Versprechen gibt es nicht«, sagte Elric dankbar. »Ich dagegen gelobe dir, Raik Na Seem, zu helfen, deine Tochter gegen alle zu schützen, die ihr ein Leid zufügen wollen, und sie zu bewachen, bis Alnac sie dir hoffentlich wiederbringt.«
    Alnac Kreb war ein paar Schritte beiseite gegangen und stand tief in Gedanken verloren am Rand des Fackelscheins. Der Blutmond verlieh seinem weißen Umhang einen dunkelrosa Schimmer. Er hatte seinen Krummstab aus dem Gürtel gezogen und hielt ihn mit beiden Händen. Dabei raunte er dem Stab Worte zu, wie Elric seinem Runenschwert.
    Nach einiger Zeit trat der Traumdieb wieder zu den beiden. Sein Gesicht war sehr ernst. »Ich werde mein Bestes tun«, erklärte er. »Ich werde alle Kräfte einsetzen, sowohl die, die in mir liegen, als auch jene, die man mich lehrte. Doch muß ich euch warnen. Ich habe Schwächen in meinem Charakter, die ich noch nicht überwunden habe. Diese Schwächen kann ich zwar überwinden, wenn ich einem alten Händler Alpträume verscheuchen oder einen Jüngling von Liebeswahn heilen soll; aber hier ist es möglich, daß selbst der geschickteste Traumdieb scheitert, also auch mein Können. Ein Teilerfolg ist unmöglich. Ich siege oder ich scheitere. Doch bin ich bereit, dies schwierige Werk zu versuchen. Ich tue es aufgrund der Umstände, aufgrund unserer alten Freundschaft und weil ich alles verabscheue, wofür die Zauberer-Abenteurer stehen.«
    »Mehr kann ich nicht erhoffen«, sagte Raik Na Seem ernst. Er war von Alnacs Worten beeindruckt.
    »Wenn du Erfolg hast, bringst du dann die Seele des Mädchens zurück in die Welt, in die sie gehört?« fragte Elric. »Was verlierst du, wenn du scheiterst, Alnac?«
    Alnac zuckte mit den Schultern. »Nichts, was besonders wertvoll ist, schätze ich.«
    Elric blickte dem neuen Freund tief in die Augen und sah, daß dieser log. Aber er sah auch, daß Alnac keine weiteren Fragen beantworten wollte.
    »Ich muß mich ausruhen«, erklärte Alnac. »Und essen.« Dann hüllte er sich fest in seinen Umhang. Seine dunklen Augen starrten Elric an, als wünsche er, die ganze Welt solle ein Geheimnis teilen, von dem er jedoch tief in seinem Herzen spürte, daß es nicht geteilt werden sollte. Dann wandte er sich abrupt ab und

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