Die Festung der Perle
lachte. »Sollte Varadia aufgrund meiner Bemühungen aufwachen und wissen, wo sich deine schreckliche Perle befindet - dann, Prinz Elric, habe ich den Großteil deiner Arbeit gemacht. Dann erwarte ich auch einen Teil deiner Belohnung, das ist klar, oder?«
»Meine Belohnung wird sein, Lord Gho zu töten«, antwortete Elric ruhig.
»Aye! Und genau das hoffe ich, mit dir zu teilen.« Dann schritt er auf das Bronzezelt zu, das wie ein halb-materialisiertes Artefakt des Chaos schimmerte.
Das Bronzezelt bestand aus dem großen Raum im Zentrum und einer Reihe kleinerer Gemächer, wo Reisende sich ausruhen und erfrischen konnten. Dorthin zogen sich die drei Männer zurück und begaben sich zur Ruhe. Schlafen konnte so schnell noch keiner. Sie dachten über die Aufgabe nach, die sie morgen erwartete. Obwohl sie nicht sprachen, dauerte es mehrere Stunden, ehe sie eingeschlafen waren.
Als sich am nächsten Morgen Elric, Raik Na Seem und Alnac Kreb dem Bett näherten, auf dem das Heilige Mädchen lag, zogen sich die anderen Besucher des Bronzezeltes respektvoll zurück. Alnac Kreb hielt seinen Traumstab locker in der rechten Hand. Forschend blickte er auf das Mädchen herab, das er wie eine eigene Tochter liebte. Dann seufzte er schwer. Elric sah, daß der Schlaf ihn offensichtlich nicht erquickt hatte. Alnac blickte unglücklich und in sich gekehrt drein. Doch dann wandte er sich mit gezwungenem Lächeln an den Albino. »Als ich heute morgen sah, wie du einen Schluck aus der Silberphiole nahmst, wollte ich dich schon ersuchen, auch mir …«
»Die Droge ist giftig und macht süchtig«, unterbrach ihn Elric erschrocken. »Ich dachte, das hätte ich dir klar gemacht.«
»Das hast du auch.« Alnac Kreb zeigte durch seinen Gesichtsausdruck wieder, daß er Gedanken hegte, die er unmöglich teilen konnte. »Ich hatte lediglich gedacht, in Anbetracht der Umstände müßte ich vor der Wirkung keine Angst haben.«
»Das sagst du, weil du sie nicht kennst«, fuhr Elric ihn an. »Glaube mir, Alnac, wenn ich dir auf irgendeine Weise helfen könnte, so würde ich es auf der Stelle tun. Aber dir Gift anzubieten, halte ich nicht gerade für einen Freundschaftsdienst.«
Alnac Kreb lächelte traurig. »Allerdings nicht.« Er nahm den Traumstab in die andere Hand. »Aber du sagtest, du würdest über mich wachen.«
»Das habe ich dir verprochen, aye. Und wie wir es besprochen haben, werde ich den Traumstab auf dein Zeichen hin auch sofort aus dem Bronzezelt hinausbringen.«
»Das ist alles, was du für mich tun kannst. Ich danke dir dafür«, sagte der Traumdieb. »Nun will ich beginnen. Leb wohl, Elric, für jetzt. Ich glaube, das Schicksal wird uns wieder zusammenführen, aber vielleicht nicht in diesem Leben.«
Nach diesen geheimnisvollen Worten trat Alnac Kreb näher an das schlafende Mädchen heran und legte den Traumstab auf die starren, offenen Augen. Dann preßte er sein Ohr gegen ihr Herz. Sein Blick wurde zunehmend abwesender und seltsamer, als ginge er selbst in Trance über. Schwankend richtete er sich auf, nahm das Mädchen liebevoll in die Arme und legte es auf den Teppich. Dann legte er sich daneben. Er hielt ihre leblose Hand fest. In der anderen Hand hielt er den Traumstab. Sein Atem wurde langsamer und tiefer. Elric glaubte, ein leises Lied zu hören, das aus der Kehle des Traumdiebes aufstieg.
Raik Na Seem beugte sich vor und spähte in Alnacs Gesicht, der ihn aber nicht sah. Dann brachte Alnac den Stab hoch, so daß die Krümmung über den verschlungenen Händen lag, als wolle er sie zusammenbinden, sichern.
Staunend nahm Elric wahr, daß der Traumstab zu glühen und zu pulsieren begann. Alnac atmete jetzt noch tiefer. Mit offenem Mund starrte er nach oben, ebenso wie Varadia.
Elric kam es so vor, als murmle das Mädchen etwas vor sich hin. Dann durchlief ein offensichtliches Zittern Alnac und das Heilige Mädchen. Der Traumstab wurde immer heller, sein Pulsieren schneller. Das Tempo paßte sich dem Atmen der beiden an.
Plötzlich drehte und wendete sich der Stab blitzschnell zwischen den beiden, als sei er in ihre Adern eingedrungen und folge dem Blutstrom ihrer Körper. Elric hatte den Eindruck, er könne das Netz der Adern und Nerven sehen, die das seltsame Licht des Traumstabes berührte. Dann stieß Alnac einen schrillen Schrei aus. Sein Atem war jetzt unregelmäßig, flach, schien auszusetzen, während Varadia wie vorher gleichmäßig und tief weiteratmete.
Der Traumstab war zu Alnac zurückgekehrt. Er
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