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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Gefängnis.
    »Du hast alles verstanden«, sagte Elric zu Oone. »Du hast erkannt, daß sie sich der Kindersprache bedienten - einer Sprache, die nach Macht strebte, aber ohne Erfolg. Das Verständnis eines Kindes von Macht.«
    Wieder warf Oone ihm einen warnenden Blick zu, nicht so viel zu reden. »Varadia weiß jetzt, daß man durch Rückzug keine Macht erwerben kann. Bei einem Rückzug kann man nur hoffen, daß die Feinde sich gegenseitig aufreiben, oder man kann sich verstecken, um wie bei einem Sturm ohnmächtig abzuwarten, daß er seine Macht verliert. Man kann nichts gewinnen, außer sich selbst. Letzten Endes muß man sich immer dem Bösen stellen, das einen sonst zerstört.« Oone sprach wie in Trance. Elric vermutete, daß sie Weisheiten aussprach, die sie während ihrer Ausbildung auswendig gelernt hatte.
    »Ihr seid nicht gekommen, um die Perle zu stehlen, sondern um mich aus meinem Gefängnis zu holen«, sagte Varadia, als Oone ihre kleine Hand nahm und fest drückte. »Hat mein Vater euch mir zu Hilfe geschickt?«
    »Er hat uns um Hilfe gebeten, und wir haben sie ihm gern gewährt«, erklärte Elric. Jetzt erst steckte er das Silberschwert zurück in die Silberscheide. Er kam sich in der Rüstung eines Märchenhelden etwas lächerlich vor.
    Oone bemerkte sein Unbehagen. »Wir geben Chamog Brom alles zurück, Elric. Gestattest du ihm, in die Festung zurückzukehren, Varadia?«
    Das Mädchen lächelte. »Natürlich!« Sie klatschte in die Hände, und schon kam Chamog Borm stolz durch den Torbogen geschritten. Er trug noch immer die Kleidung eines Verbannten, als er zu Füßen seiner Herrin niederkniete.
    »Meine Königin«, sagte er tiefbewegt mit seiner wundervollen Stimme.
    »Hiermit gebe ich dir deine Rüstung, deine Waffen und deine Zwillingspferde Tadia und Taron zurück, und ich stelle deine Ehre wieder vollkommen her, Chamog Borm.« Varadia sprach mit freudigem Stolz.
    Bald hatten sich Elric und Oone ihrer Rüstungen entledigt und trugen wieder ihre normale Kleidung. Chamog Borm sah in der Silberrüstung mit der goldgetriebenen Brustplatte, den Beinschienen, dem glänzenden Helm, Schwert und Speer überaus prächtig aus. Die andere Rüstung und Waffen hatte er auf Tadias Rücken gebunden. Nochmals kniete er vor seiner Königin nieder. »Herrin, welche Heldentat soll ich für dich vollbringen?«
    Nach kurzem Überlegen sagte Varadia: »Du bist frei, großer Chamog Borm, und kannst reiten, wohin du willst. Doch eines verlange ich von dir: Du mußt weiterhin das Böse bekämpfen, wo immer du es findest, und du darfst niemals wieder zulassen, daß die Zauberer-Abenteurer die Festung der Perle angreifen.«
    »Das schwöre ich.«
    Dann verneigte sich der legendäre Held vor Elric und Oone und ritt langsam stolzerhobenen Hauptes davon.
    Varadia war zufrieden. »Ich habe ihn wieder zu dem gemacht, was er war, ehe ich ihn rief. Jetzt weiß ich, daß Legenden als solche keine Macht haben. Die Macht kommt von dem, was die Lebenden aus solchen Legenden machen. Die Legenden stellen lediglich ein Ideal dar.«
    »Du bist ein weises Kind«, sagte Oone voller Bewunderung.
    »Das sollte ich doch auch sein, oder etwa nicht? Ich bin das Heilige Mädchen der Bauradim.« Varadia sprach mit hörbarer Ironie und Humor. »Schließlich bin ich das Orakel des Bronzezeltes.« Doch dann senkte sie in einem Anflug von Traurigkeit die Augen. »Ich werde nur noch kurze Zeit ein Kind sein. Ich glaube, ich werde meinen Palast und all die Königreiche vermissen …«
    »Man muß immer etwas zurücklassen, wenn man etwas dazugewinnen will«, sagte Oone und legte tröstend die Hand auf die Schulter des Mädchens.
    Varadia blickte zurück zur Perle. Elric folgte ihrem Blick und sah, daß das gesamte Gefolge verschwunden war, so wie die Menschenmenge auf der großen Treppe verschwunden war, als sie zum ersten Mal vom Perlkrieger angegriffen wurden, noch ehe sie Königin Zephir trafen. Ihm war klar, daß Varadia selbst sie in dieser Verkleidung zu ihrer eigenen Rettung geführt hatte, so gut sie konnte. Sie hatte nach ihnen gegriffen und ihnen den Weg gezeigt, auf dem sie mit all ihrem Mut und Verstand ihre Rettung bewerkstelligten.
    Varadia schritt die Stufen zur Perle mit ausgestreckten Armen hinauf. »Dies ist die Ursache unseres Unglücks«, erklärte sie. »Was können wir damit machen?«
    »Nun, vielleicht zerstören«, meinte Elric.
    Doch Oone schüttelte den Kopf. »Solange die Perle ein verborgener Schatz bleibt, werden ständig

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