Die Festung der Titanen
diesem Schwertleutnant Stofisk, einem hageren Mann mit einem Pferdegesicht und einem unvorteilhaften Hang dazu, über seine eigenen Füße und Worte zu stolpern, hatte ich erfahren, dass es in Form und Ausführung einem kaiserlichen Schwert entsprach, mit einer beidseitig geschliffenen fast vier Fuß langen Klinge, einem stabilen Querstück, einem flachen Knauf, auf dem ich ein Wappen vermisste, einem mit feinem Draht und darüber mit Leder umwickelten Heft, gerade lang genug, dass ich es mit meinen breiten Pranken sowohl ein- als auch zweihändig führen konnte.
Die Klinge selbst war aus einem hellgrauen Stahl gefertigt und so scharf, dass man sich damit hätte rasieren können. Auf einer Seite zogen sich Runen die Klinge entlang, die, je länger ich sie mir besah, immer schwerer zu sehen waren, sie schienen sich zu bewegen, fast schon selbst zu leuchten, im Takt meines Pulses auf- und abzuschwellen.
An das, was war, bevor ich in diesem Tempel eines Gottes auf einer Bahre erwachte, konnte ich mich kaum mehr erinnern, nur Bruchstücke und nebelverhangene Fetzen von Geschehnissen, die mir einst wohl wichtig genug gewesen waren, sodass ich sie sogar jetzt noch nicht verloren hatte.
Gesichter, viele davon, meist lachend, mir zugewandt, mit einem Funkeln in den Augen, als teilten sie einen köstlichen Witz mit mir, Erinnerungen an Reisen, an dichte Wälder, schneebedeckte Täler, gestohlene Küsse, an leidenschaftliche Nächte. Ich schien einen Hang dazu zu besitzen, die Menschen lachend in Erinnerung zu behalten. Und dennoch gab es andere Erinnerungen, düstere, darunter eine, die mich schauern ließ, wenn ich sie betrachtete und versuchte, ihren Sinn zu verstehen. Ein schneebedeckter Pass und Blut, das mir ins Gesicht tropfte, als ich unter einem Berg von Leichen erwachte und fürchtete, unter ihnen erdrückt zu werden, bevor ich mich befreien konnte. Die Erinnerung daran, wie ich den letzten meiner Kameraden von mir stemmte und sich der Pass vor mir erstreckte, ein Pass gefüllt von Toten, die, bereits von einer glitzernden Eisschicht überzogen, seltsam friedlich wirkten, als ob sie nach ihrem gewaltsamen Ende doch den Frieden gefunden hätten, der mir verwahrt geblieben war. So viele waren es, dass man sie nicht zählen konnte, sie türmten sich zu Hügeln und Bergen auf, das Eis unter der dünnen Schneeschicht rot gefroren. Ich erinnerte mich, dass ich weinte, dass ich schwor, so etwas nie wieder sehen zu wollen, dass ich mir den Frieden des Todes wünschte und schließlich dieses Schwert aus einem der Erschlagenen zog … und dann an nichts weiter.
Kein Wunder, dass ich es vorzog, mir auch andere Erinnerungen zu bewahren wie die an dem kleinen Mühlbach, unweit des plätschernden Mühlrads, wo ich unter einer anderen Weide mit einer flachsblonden Sera lag und ihr lächelndes Gesicht mit leichten Küssen überzog, die sie lachen ließ, bevor sie mich erst protestierend wegschob, um mich dann in sie hineinzuziehen.
Eine schöne Erinnerung, dachte ich an diesem Tag im Tempelgarten, eine, die mich lächeln ließ, obwohl ich nicht verstand, warum sie mich auch weinen machte.
Eine andere an ein Mädchen in den Kleidern einer Schweinemagd, vielleicht zehn oder zwölf Jahre alt, die mit ungläubigen Augen auf ein trockenes Stück Brot und ein Stück hartem Käse starrte, das ich ihr hinhielt, bevor sie mich umarmte und mit leuchtenden Augen etwas sagte. Das gleiche Mädchen, das mir weinend in den Arm fiel, als ich ein Schwein schlachten wollte. Eine alte Frau, mit den Augen dieses Mädchens, die ich in den Mauern einer wehrhaften Burg unter einem Apfelbaum sitzen sah. An ein anderes Kind, mit den gleichen wachen Augen, das lachend in einem
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