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Die Festung der Titanen

Die Festung der Titanen

Titel: Die Festung der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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die­sem Schwert­leut­nant Sto­fisk, ei­nem ha­ge­ren Mann mit ei­nem Pfer­de­ge­sicht und ei­nem un­vor­teil­haf­ten Hang da­zu, über sei­ne ei­ge­nen Fü­ße und Wor­te zu stol­pern, hat­te ich er­fah­ren, dass es in Form und Aus­füh­rung ei­nem kai­ser­li­chen Schwert ent­sprach, mit ei­ner beid­sei­tig ge­schlif­fe­nen fast vier Fuß lan­gen Klin­ge, ei­nem sta­bi­len Quer­stück, ei­nem fla­chen Knauf, auf dem ich ein Wap­pen ver­miss­te, ei­nem mit fei­nem Draht und dar­über mit Le­der um­wi­ckel­ten Heft, ge­ra­de lang ge­nug, dass ich es mit mei­nen brei­ten Pran­ken so­wohl ein- als auch zweihän­dig füh­ren konn­te.
    Die Klin­ge selbst war aus ei­nem hell­grau­en Stahl ge­fer­tigt und so scharf, dass man sich da­mit hät­te ra­sie­ren kön­nen. Auf ei­ner Sei­te zo­gen sich Ru­nen die Klin­ge ent­lang, die, je län­ger ich sie mir be­sah, im­mer schwe­rer zu se­hen wa­ren, sie schie­nen sich zu be­we­gen, fast schon selbst zu leuch­ten, im Takt mei­nes Pul­ses auf- und ab­zu­schwel­len.
    An das, was war, be­vor ich in die­sem Tem­pel ei­nes Got­tes auf ei­ner Bah­re er­wach­te, konn­te ich mich kaum mehr er­in­nern, nur Bruch­stücke und ne­bel­ver­han­ge­ne Fet­zen von Ge­scheh­nis­sen, die mir einst wohl wich­tig ge­nug ge­we­sen wa­ren, so­dass ich sie so­gar jetzt noch nicht ver­lo­ren hat­te.
    Ge­sich­ter, vie­le da­von, meist la­chend, mir zu­ge­wandt, mit ei­nem Fun­keln in den Au­gen, als teil­ten sie einen köst­li­chen Witz mit mir, Er­in­ne­run­gen an Rei­sen, an dich­te Wäl­der, schnee­be­deck­te Tä­ler, ge­stoh­le­ne Küs­se, an lei­den­schaft­li­che Näch­te. Ich schi­en einen Hang da­zu zu be­sit­zen, die Men­schen la­chend in Er­in­ne­rung zu be­hal­ten. Und den­noch gab es an­de­re Er­in­ne­run­gen, düs­te­re, dar­un­ter ei­ne, die mich schau­ern ließ, wenn ich sie be­trach­te­te und ver­such­te, ih­ren Sinn zu ver­ste­hen. Ein schnee­be­deck­ter Pass und Blut, das mir ins Ge­sicht tropf­te, als ich un­ter ei­nem Berg von Lei­chen er­wach­te und fürch­te­te, un­ter ih­nen er­drückt zu wer­den, be­vor ich mich be­frei­en konn­te. Die Er­in­ne­rung dar­an, wie ich den letz­ten mei­ner Ka­me­ra­den von mir stemm­te und sich der Pass vor mir er­streck­te, ein Pass ge­füllt von To­ten, die, be­reits von ei­ner glit­zern­den Eis­schicht über­zo­gen, selt­sam fried­lich wirk­ten, als ob sie nach ih­rem ge­walt­sa­men En­de doch den Frie­den ge­fun­den hät­ten, der mir ver­wahrt ge­blie­ben war. So vie­le wa­ren es, dass man sie nicht zäh­len konn­te, sie türm­ten sich zu Hü­geln und Ber­gen auf, das Eis un­ter der dün­nen Schnee­schicht rot ge­fro­ren. Ich er­in­ner­te mich, dass ich wein­te, dass ich schwor, so et­was nie wie­der se­hen zu wol­len, dass ich mir den Frie­den des To­des wünsch­te und schließ­lich die­ses Schwert aus ei­nem der Er­schla­ge­nen zog  … und dann an nichts wei­ter.
    Kein Wun­der, dass ich es vor­zog, mir auch an­de­re Er­in­ne­run­gen zu be­wah­ren wie die an dem klei­nen Mühl­bach, un­weit des plät­schern­den Mühl­rads, wo ich un­ter ei­ner an­de­ren Wei­de mit ei­ner flachs­blon­den Se­ra lag und ihr lä­cheln­des Ge­sicht mit leich­ten Küs­sen über­zog, die sie la­chen ließ, be­vor sie mich erst pro­tes­tie­rend weg­schob, um mich dann in sie hin­ein­zu­zie­hen.
    Ei­ne schö­ne Er­in­ne­rung, dach­te ich an die­sem Tag im Tem­pel­gar­ten, ei­ne, die mich lä­cheln ließ, ob­wohl ich nicht ver­stand, warum sie mich auch wei­nen mach­te.
    Ei­ne an­de­re an ein Mäd­chen in den Klei­dern ei­ner Schwei­ne­magd, viel­leicht zehn oder zwölf Jah­re alt, die mit un­gläu­bi­gen Au­gen auf ein tro­ckenes Stück Brot und ein Stück har­tem Kä­se starr­te, das ich ihr hin­hielt, be­vor sie mich um­arm­te und mit leuch­ten­den Au­gen et­was sag­te. Das glei­che Mäd­chen, das mir wei­nend in den Arm fiel, als ich ein Schwein schlach­ten woll­te. Ei­ne al­te Frau, mit den Au­gen die­ses Mäd­chens, die ich in den Mau­ern ei­ner wehr­haf­ten Burg un­ter ei­nem Ap­fel­baum sit­zen sah. An ein an­de­res Kind, mit den glei­chen wa­chen Au­gen, das la­chend in ei­nem

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