Die Festung der Titanen
hätte es denn noch geschlagen. Doch das tat es nicht, was auch der Grund war, weshalb Ihr nicht verblutet seid.« Sie musterte mich durchdringend. »Mama Maerbellinae fand Euch kaum einen Docht, nachdem Ihr ins Wasser geworfen wurdet. Ihre Talente auf dem Gebiet der Heilung sind … außergewöhnlich. Es ist ein Wunder, dass Ihr noch lebt, doch es war nicht Soltar, der dieses Wunder wirkte, sie war es, die Euch in eine Starre versetzte, die es Eurem Körper erlaubte, auch diese tödlichen Wunden zu heilen. Dort liegt das Wunder für Euch, dass Maerbellinae Euch zeitig genug fand und Ihr selbst so schnell heilt. Letzteres mag ein Geschenk Eures Gottes sein, doch dass Ihr noch lebt, verdankt Ihr dem Gift, das Euch lähmte, und der Heilkunst meiner Schwester.« Ihr Lächeln kehrte kurz zurück. »Es bleibt ein Wunder, Ser Roderik. Nach allem Dafürhalten müsstet Ihr in Soltars Reich wandeln, aber dieses Wunder gestaltet sich nicht ganz so, wie man es Euch glauben machen wollte.«
Ich wusste nicht, wieso, aber ich glaubte ihr. Dennoch ließ es mich seltsam unberührt, dies zu erfahren. Seitdem ich erwacht war, gab es wenig genug, das mich noch berührte, die Welt jenseits der Mauern dieses Gartens war mir nicht mehr wichtig. Ich mochte diesen Garten, den Teich und den Karpfen darin … und mehr wollte ich nicht von dieser Welt. Dieser Leutnant Stofisk hatte mir einen Stapel von Berichten gebracht, er hatte gesagt, sie wären wichtig, doch bislang hatte ich mich noch nicht aufraffen können, auch nur das Deckblatt anzuheben.
Ich wusste nicht mehr viel von meinem Leben vor dem Attentat, bis darauf, dass die Ruhe, die ich jetzt fühlte, zuvor etwas Unbekanntes für mich gewesen war. Draußen, vor diesen Tempelmauern, bewegte sich die Welt, aber mir war es mehr als recht, daran nicht mehr teilzunehmen.
»Warum erzählt Ihr mir das alles?«, fragte ich sie. »Wer seid Ihr?«
»Mein Name ist Elsine«, teilte sie mir mit, während ihre Augen mein Gesicht absuchten. »Sagt er Euch etwas?«
Ich lauschte in mich hinein und schüttelte den Kopf. »Sollte er?«
»Ihr habt mich aus der Gefangenschaft des Nekromantenkaisers gerettet. Ihr und Euer überraschend großer Freund.«
Ich sah sie fragend an.
»Er heißt Ragnar«, teilte sie mir mit einem Lächeln mit. »Er ist ein Prinz der Varlande.«
Etwas regte sich in mir, eine ferne Erinnerung an eine sternenklare Nacht, ein Gasthaus, eine Menge Bier und ein Heimweg durch einen dunklen Wald, dessen Bewohner wir durch lauten und falschen Gesang verschreckten, obwohl es wohl so gewesen war, dass wir zum Teil auch auf allen vieren gingen.
»Mag er Bier?«
Sie lachte. »Nach allem, was ich von ihm hörte, kann man das behaupten.« Sie musterte mich eindringlich. »Also habt Ihr Euch nicht vollständig verloren.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was ich verloren habe. Manchmal fühlt es sich an, als wäre noch alles da, nur weit entfernt und durch einen Nebel verborgen. Mir ist es recht so, denn ich glaube, dass ich vieles gar nicht wieder wissen will.«
»Doch Ihr wisst, wer Kolaron Malorbian ist?«
»Ja. Ein Seelenreiter, der nach dem Mantel eines toten Gottes trachtet.« Ich wies mit einer Geste zum Tempel hin. »Man hat mir erzählt, dass es der Wille der Götter ist, dass ich mit ihm kämpfen soll, um auf meinem eigenen Schwert zu enden und den Menschen Hoffnung zu bringen.«
Sie lachte leise. »Ihr hört Euch begeistert an.«
»Ich glaube nicht daran«, teilte ich ihr mit. »Aber es war auch nicht das, was ich hatte hören wollen, nachdem ich eben gerade von den Toten auferstanden war.«
»Könnt Ihr Euch daran erinnern, was geschah, nachdem man Euch betäubte?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich will es gar nicht wissen.«
»Ja«, sagte sie so leise, dass ich sie fast nicht verstand. »Das kann ich verstehen. Ich
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