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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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dich.«
    »Nein, du hast dir einmal die Finger
verbrannt, das machst du nicht wieder. Vielleicht aber doch, wenn ich kaum
unter der Erde bin.«
    »Und wenn ich sterbe, würdest du
wieder heiraten?« Ich versuchte zu scherzen.
    »Zieh das bitte nicht ins
Lächerliche!« Ihr Gesicht war todernst.
    »Wieso? Das kann uns beiden
geschehen. Aber lassen wir das. Warum an etwas denken, was in fünfzig Jahren
sein wird?«
    »Es wird früher sein, viel früher.
Ich spüre es. Und ich habe Angst.«
    Es war vergeblich, vernünftig zu
reden, ihre Ängste waren stärker als jede Vernunft. Ich behandelte sie mit
Zärtlichkeit, der einzigen Arznei, die ihr helfen konnte. Ich redete die
lächerlichsten Dinge, liebkoste sie, nahm ihr jede Anstrengung ab, tat, was
ich konnte und nicht konnte, verwandelte mich in ein Kindermädchen mit den
besten Absichten und den täppischsten Bewegungen. Sie weinte vor Rührung über
meine Aufmerksamkeit, lachte über mein Ungeschick und beruhigte sich
allmählich, denn sie kam sich nicht mehr so verlassen vor.
    Abends ging ich mit ihr spazieren,
tags wollte sie nicht hinaus, sie war überzeugt, daß man ihr die
Schwangerschaft bereits ansah. Mir schien, daß sie deshalb lieber im Dunkeln
ausging, weil sie sich dann unbekümmert an mich lehnen konnte; bei Tageslicht
hätte sie sich geschämt. So fühlte sie sich sicherer in der Dunkelheit und in
einer Umgebung, die nicht ihr Zuhause war.
    »Du bist der beste Mensch auf der
Welt«, sagte sie zärtlich in einer Gefühlsaufwallung.
    »Vor ein paar Tagen noch war ich der
schlechteste.«
    »Jetzt bist du der beste.«
    Mahmut gab mir vorsichtig zu
verstehen, daß ich mich falsch verhielte. Tijana sei eine wunderbare Frau,
dennoch dürfte man nichts übertreiben. Wenn ich sie jetzt an so viel
Aufmerksamkeit gewöhnte, was würde später sein? Alles im Leben könne man für
kurze Zeit durchhalten, Güte, Tapferkeit, Aufmerksamkeit, aber das Leben sei
nicht kurz, und nichts könne so schwer werden wie eine Verpflichtung, die man
in einem Augenblick der Schwäche oder Schwärmerei auf sich genommen habe. Man
schäme sich, sie zu verabsäumen, und quäle sich, ihr zu genügen, und man könne
niemanden verfluchen, denn man habe sich selbst alles aufgeladen. Außerdem sei
es eine alte Weisheit: Was Krankheit nicht vernichte, das verderbe sie.
Schwangerschaft sei keine Krankheit, aber ich umhegte meine Frau, als läge sie
im Sterben, Gott möge ihm verzeihen. Und so etwas könne sich rächen,
hoffentlich behalte er nicht recht, ich könne es bitter zu spüren bekommen. Die
Frauen herrschten nämlich gern, ganz gleich, ob aus Liebe oder aus Mangel an
Liebe. Er wolle aber nicht sagen, ein Mann solle seine Frau nicht gut behandeln,
wenn er dies nicht tue, würden sich andere dafür finden, und selbst wenn sich
diese anderen nicht fänden, ein Mensch sei schließlich kein Hund. Ein wenig
Strenge indes könne nicht schaden. Wenn man sich darauf verstünde, natürlich.
Denn manche hätten keine glückliche Hand darin, und er meine das nur so allgemein.
Doch soviel er sehe, werde die Sache bei mir für immer so bleiben, wie sie war,
und das sei weiß Gott nicht leicht auszuhalten.
    Als ich zu meiner Rechtfertigung
sagte, Tijana fühle sich nicht wohl, bot er mir an, seine Frau zu holen, damit
sie Tijana untersuchte, dann könnten wir wissen, ob es gut oder schlecht um sie
stünde. Solange sie gesünder war, habe sie den Frauen Geburtshilfe geleistet,
und auch jetzt kämen sie zu ihr, bäten und flehten, ihnen beizustehen, da sie
sich in diesen Dingen auskenne wie ein Arzt.
    Wir willigten ein. Wenn es nichts
nutzte, so konnte es auch nichts schaden, und so erschien Mahmut mit seiner
Frau, die wir bis dahin nicht zu sehen bekommen hatten. Ob er sich unsert- oder
ihretwegen schämte oder vor einer Begegnung zu viert Angst hatte, war mir
unbekannt. Vielleicht hatte er seiner Frau vorgelogen, daß wir angesehener und
reicher waren als in Wirklichkeit. Oder seine Frau war so häßlich und
unmöglich, wie er sie darstellte, so daß er sich scheute, sie uns zu zeigen,
denn die Ohren ertragen mehr als die Augen, das Häßliche ist weniger
unangenehm, wenn man davon hört, als wenn man es sieht. Oder er fürchtete, wir
könnten bemerken, wie seine Frau ihn verachtete.
    Ich wußte nicht, was davon stimmte,
aber die Frau gefiel mir auf den ersten Blick. Mit ihren geschwollenen Beinen
konnte sie kaum gehen, vor Asthma vermochte sie kaum zu atmen, sie konnte vor
Anstrengung kaum

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