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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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auf diese schmale Brücke und zog ihn wieder zurück.
    Dann schob er erstmal den Hut nach hinten, um sich am Kopf zu kratzen. Er betrachtete das straffe Seil, und plötzlich erhellte sich seine Miene sichtlich. Langsam kniete er nieder und krabbelte schwankend auf Händen und Knien auf das Seil hinaus. Luca schrie, er solle herunterkommen und die Menge brüllte vor Lachen.
    Auf halbem Weg hinüber hielt Juilin inne, schwankte ungeschickt und spähte nach unten. Sein Blick fiel auf den Krug, den er am Boden hatte stehen lassen. Offensichtlich überlegte er, wie er zu dem Krug zurückkommen könne. Langsam und mit größter Vorsicht stand er auf und wandte sich zurück zu der Plattform, von der er gekommen war. Das Seil schwankte von einer Seite auf die andere. Die Menge schnappte nach Luft, als sein Fuß abglitt und er stürzte. Doch irgendwie fing er sich und hing an einer Hand, das eine Bein über das Seil gehakt. Luca fing den Taraboner Hut auf, bevor er zu Boden fallen konnte, und rief allen zu, der Mann sei verrückt und er sei nicht verantwortlich dafür, was immer geschehen mochte. Nynaeve preßte beide Hände gegen ihren Bauch; sie konnte sich gut vorstellen, dort oben zu sein, und sogar der Gedanke daran reichte aus, daß ihr schlecht wurde. Der Mann war ein Narr. Ein ganz verdammter idiotischer Narr!
    Nach einigen Fehlversuchen brachte Juilin es fertig, auch mit der freien Hand das Seil zu ergreifen, und dann zog er sich Hand über Hand daran entlang zur gegenüberliegenden Plattform. Stehend schwankte er noch wild, klopfte sich den nicht existierenden Staub vom Mantel und versuchte, ihn wieder gerade zu ziehen, was letzten Endes dazu führte, daß er ihm nun von der anderen Schulter rutschte. Dann entdeckte er wieder den Krug am Fuß des anderen Mastes. Er deutete glückstrahlend hin und trat wieder auf das Seil hinaus.
    Diesmal riefen ihm mindestens die Hälfte der Zuschauer zu, er solle zurückgehen und hinter ihm befinde sich eine Leiter, während die anderen schallend lachten und zweifellos darauf warteten, daß er sich das Genick brach. Diesmal jedoch ging er ganz problemlos hinüber, glitt - die Hände und Füße an den Außenseiten der Taue - die Strickleiter hinunter und hob den Holzkrug auf, um einen langen Zug daraus zu tun. Erst als Luca den roten Hut auf Juilins Kopf setzte und sie sich beide verbeugten, wobei Luca seinen Umhang derart schwenkte, daß Juilin die meiste Zeit über dahinter verborgen war, merkten die Zuschauer, daß alles Teil der Vorführung gewesen war. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, und dann explodierten förmlich der Beifall, das Geschrei und Gelächter. Nynaeve hatte beinahe befürchtet, sie würden es übelnehmen, daß man sie so geleimt hatte. Der Bursche mit der Skalplocke wirkte selbst beim Lachen noch schurkisch.
    Luca ließ Juilin an der Strickleiter stehen und stellte sich an seinen Platz zwischen Nynaeve und dem Mann mit der Skalplocke. »Ich hatte mir gedacht, daß ihnen das gefällt.« Es klang unwahrscheinlich selbstzufrieden, und er machte noch kleine Verbeugungen zur Menschenmenge hin, als sei er derjenige auf dem Hochseil gewesen.
    Sie sah ihn mit säuerlicher Miene an, hatte aber keine Zeit, den beißenden Kommentar loszuwerden, der ihr auf der Zunge lag, denn Elayne kam durch die Menge gehüpft, stellte sich neben Juilin, breitete die Arme aus und beugte ein Knie zu den Zuschauern hin.
    Nynaeve verzog den Mund und rückte gereizt ihren Schal zurecht. Was sie auch von dem roten Kleid hielt, in dem sie sich mit einemmal wiedergefunden hatte, ohne richtig zu wissen, wie sie hineingekommen war, jedenfalls konnte man Elaynes Kostüm als noch gewagter bezeichnen. Die Tochter-Erbin von Andor stand ganz in Schneeweiß da. Auf ihrer kurzen Weste und der eng anliegenden Hose waren reichlich glitzernde Pailetten aufgestickt. Nynaeve hatte nicht glauben können, daß Elayne tatsächlich mit dieser Kleidung in der Öffentlichkeit auftreten werde, aber sie hatte sich derart mit ihrer eigenen Aufmachung beschäftigt, daß sie ganz vergessen hatte, Elayne die Meinung zu sagen. Weste und Hose ließen sie an Min denken. Es hatte ihr nie gefallen, wenn Min Jungenkleidung anzog, aber diese Farbe nun und der Zierrat ließen Elaynes Kleidung noch - schamloser erscheinen.
    Juilin hielt die Strickleiter fest, damit Elayne hinaufklettern konnte, obwohl das gar nicht notwendig gewesen wäre. Sie kletterte ebenso gelenkig hoch wie er es getan hätte. Er verschwand in der

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