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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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KAPITEL
56

    Die Glut schwelt
    D ie hohe Fensteröffnung ließ Rand mehr als genügend Platz, um aufrecht darin stehen zu können; sie schwang sich hoch über seinen Kopf, und zu beiden Seiten blieben jeweils gut zwei Fuß bis zur Einfassung. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt und blickte hinunter in einen der Gärten des Königspalastes. Aviendha hatte eine Hand im mit Sandstein eingefaßten Brunnenbecken, um das Wasser zwischen ihren Fingern zu spüren. Sie wunderte sich immer noch, daß man soviel Wasser verschwendete, nur um es anschauen zu können und ein paar Zierfische am Leben zu halten. Zuerst war sie ziemlich wütend gewesen, weil er ihr verboten hatte, auf die Straße zu gehen und Trollocs zu jagen. Er war sich auch jetzt nicht sicher, ob sie sich nicht vielleicht doch dort unten befinden würde, wären nicht ein paar unauffällige Töchter des Speers als Bewachung dagewesen, von denen Sulin wohl glaubte, er habe sie überhaupt nicht entdeckt. Er hätte wohl auch nicht hören sollen, wie die weißhaarige Tochter ihr in Erinnerung rief, daß sie keine Far Dareis Mai mehr sei, aber auch noch keine Weise Frau. Mat hatte sich ohne die Jacke, aber mit dem Hut als Sonnenschutz auf den Brunnenrand gesetzt und unterhielt sich mit ihr. Zweifellos wollte er sie aushorchen, ob sie etwas davon wisse, daß die Aiel die Menschen am Weggehen hinderten. Sollte Mat jemals sein Schicksal als gegeben hinnehmen, war es trotzdem unwahrscheinlich, daß er je aufhören würde, sich darüber zu beklagen. Asmodean saß auf einer Bank im Schatten eines roten Lorbeerbaums und spielte auf der Harfe. Rand fragte sich, ob der Mann eine Ahnung habe, was wirklich geschehen war, oder ob er es zumindest vermutete. Er sollte keine Erinnerung an das Geschehene haben, denn für ihn war es ja nie geschehen, aber wer wußte schon, was einer der Verlorenen wissen oder sich zusammenreimen konnte?
    Ein höfliches Hüsteln ließ ihn sich vom Anblick des Gartens abwenden.
    Das Fenster, an dem er stand, befand sich an der Westseite des Thronsaals, des sogenannten Großen Saals, wo die Königinnen von Andor seit fast tausend Jahren ausländische Abgesandte empfingen und Recht sprachen. Es war der einzige Ort, von dem aus er seiner Meinung nach Mat und Aviendha ungesehen und ungestört beobachten konnte. Zu beiden Seiten des Saals wurde die Decke von einer Reihe zwanzig Schritt hoher weißer Säulen gestützt. Der durch die hohen Fenster einfallende Sonnenschein vermischte sich mit dem bunten Licht von den großen Fensterscheiben in der gewölbten Decke. Auf diesen bunten Glasscheiben waren abwechselnd der Weiße Löwe und Porträts einiger früher Königinnen des Reiches von Andor zu sehen, und daneben noch ein paar Szenen von großen Siegen des andoranischen Heers. Enaila und Somara schienen davon nicht beeindruckt.
    Rand stieß sich mit den Fingerspitzen leicht ab und stieg vom Sims herunter. »Gibt es neues von Bael?«
    Enaila zuckte die Achseln. »Die Jagd nach den Trollocs geht weiter.« Ihrem Tonfall nach wäre die kleine Frau nur zu gern dabeigewesen. Somaras Größe ließ Enaila daneben noch kleiner erscheinen. »Einige der Stadtbewohner helfen dabei. Die meisten verstecken sich aber. Die Stadttore sind besetzt. Keiner der Schattenverzerrten wird entkommen, glaube ich, aber ich fürchte, einige der Nachtläufer werden fliehen.« Die Myrddraal waren schwer umzubringen und genauso schwer einzufangen. Manchmal fiel es leicht, den alten Märchen Glauben zu schenken, sie könnten auf Schatten reiten und verschwinden, wenn sie sich zur Seite drehten.
    »Wir haben Euch Suppe mitgebracht«, sagte Somara und nickte mit ihrem flachsblonden Schopf in Richtung eines mit einem gestreiften Tuch bedeckten Silbertabletts auf dem Podest mit dem Löwenthron. Den Thron selbst, einen massiv wirkenden, großen Lehnstuhl, erreichte man über einen roten Teppich und vier weiße Marmorstufen. Er war aus dunklem Holz geschnitzt und vergoldet, die Beine in der Form mächtiger Löwenpranken. In die Rückenlehne war der Löwe von Andor mit Mondperlen auf einem Feld von Rubinen eingearbeitet. Wenn Morgase auf dem Thron saß, mußte er sich genau über ihrem Kopf befunden haben. »Aviendha sagt, Ihr hättet heute noch nichts gegessen. Das hier ist die Suppe, die Euch Lamelle immer gekocht hat.«
    »Ich schätze, von den Dienern ist noch keiner zurückgekehrt?« seufzte Rand. »Vielleicht eine der Köchinnen? Wenigstens eine

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