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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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wollen.«
    Anne biss die Zähne zusammen. Der Stadtrat wurde ihr mit jeder Sekunde unsympathischer.
    »Nun gut«, zischte sie. »Und wohin soll ich gehen?«
    »Ich selbst werde dich zum Bischofspalast bringen, Weib«, sagte der Stadtrat mit einem unverschämten Grinsen.
    »Jetzt?«
    »Natürlich!«
    Normalerweise hätte ihr der bloße Gedanke daran, mit diesem schmierigen Kerl allein durch die einsamen schmalen Gassen der Stadt zu gehen, Übelkeit erzeugt. Aber Anne war viel zu wütend, um gleichzeitig Angst zu haben. Außerdem war jetzt Tag. Bei Tageslicht würde der Stadtrat es wohl kaum wagen, eine Frau zu überfallen, die gerade auf dem Weg zum Kaiser war. Allerdings, wer sagte ihr denn, dass dies die Wahrheit war? Vielleicht hatte sich der Stadtrat die Geschichte auch nur ausgedacht, um sie in irgendeinen dunklen Winkel zu locken? Und sie hatte nichts außer ihren Händen, Füßen und Zähnen, womit sie sich hätte wehren können.
    Das wird sich ändern, schwor sie sich. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich mir ein Säckchen gemahlenen Pfeffer besorgen. Damit kann ich mir wenigstens unverschämte Kerle vom Hals halten.
    »Komm jetzt endlich, Weib!«, drängte der Stadtrat und ergriff ihren Arm. »Der Kaiser erwartet dich.«
    »Ich danke Euch für Eure Umsicht und Fürsorge«, sagte Anne kühl und entzog dem Stadtrat ihren Arm, »aber sie ist unangebracht. Ich bin keinesfalls gebrechlich, ich kann allein gehen.«
    »Wie du meinst, Weib!«, zischte er durch die zusammengebissenen Zähne. »Dann geh, bevor ich dir Beine mache.«
    »Wohin?«, fragte Anne spöttisch. »Ich kenne den Weg nicht.«
    Die Augen des Stadtrats verengten sich zu schmalen Schlitzen , und tiefe Zornesfalten tauchten auf seiner Stirn auf.
    »So folge mir denn«, sagte er leise und drohend. »Und wage es ja nicht noch einmal, so mit mir zu reden.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um und ging mit langen Schritten davon. Anne holte tief Luft. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Dieser Kerl war schließlich kein unfreundlicher Schuhverkäufer in einem Hamburger Geschäft. Er war hier immerhin der Stadtrat. Und sie selbst befand sich nicht gerade in der Position, in der mächtige Feinde sie nicht zu interessieren brauchten. Sie konnte jetzt nur hoffen, dass sie wirklich unter dem Schutz des Kaisers stand.
    Schlechter Einfluss
    In der Schreibstube arbeitete an diesem Tag niemand mehr. Alle sprachen nur über den Besuch des Kaisers und die zweite Sensation – dass Seine Majestät ausgerechnet Señora Anne erwählt hatte, um sie während seines Aufenthalts in Córdoba zu seinem persönlichen Schreiber zu machen. Einige Schreiber ärgerten sich und murrten. Sie verwünschten Señora Anne und behaupteten, sie habe sich diesen Posten mit Hilfe von Hexenkünsten verschafft. Doch die meisten bewunderten sie. Jeder von ihnen hatte schließlich mit eigenen Ohren gehört, dass sie mit dem Kaiser Deutsch gesprochen hatte. Juan wurde mit Fragen überschüttet. Doch da er nur einsilbige Antworten gab, die keine neuen Informationen brachten, wurde er schon bald wieder in Ruhe gelassen. Ihn beschäftigte eine ganz andere Frage. Er hatte Señor de Cabalho versprochen, auf Señora Anne Acht zu geben und sie nicht aus den Augen zu lassen. Wie sollte er jetzt dieses Versprechen einhalten? Sollte er Señor de Cabalho von der veränderten Lage in Kenntnis setzen? Ja, das war vermutlich das Beste. Er würde Barto lomé einen Brief an dem von ihnen vereinbarten Ort niederlegen und ihn um ein Treffen bitten. Und dann würde er ihm erzählen, was heute vorgefallen war. Sollten sich doch andere den Kopf darüber zerbrechen, was das zu bedeuten hatte.
    Juan warf seinen Kollegen einen verstohlenen Blick zu. Sie alle waren immer noch in die Gespräche über den Besuch des Kaisers vertieft, und so fiel es niemandem auf, als er heimlich die Schreibstube verließ und sich auf den Weg zu der Brücke machte, die alle Menschen in Córdoba nur die »alte Brücke« nannten, weil sie schon immer, seit Menschengedenken, über den Guadalquivir führte.
    Als er die Brücke erreichte, wurde es allmählich dunkel. Händler fuhren mit ihren Karren über den Fluss, um die Stadt in südlicher Richtung zu verlassen, und am Ufer wurden die Schiffe der Händler und Boote der Fischer für die Nacht vertäut . Vereinzelte Hausfrauen, Köchinnen und Mägde eilten mit den letzten Einkäufen des Tages nach Hause, um dort das Abendessen für ihre Familien zu kochen. Ein paar Männer schlenderten

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