Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
Vom Netzwerk:
legte eine Hand auf sein Herz. »… ich schwöre bei allen Heiligen, dass sie mir direkt in die Augen sah. Und sie sah mich an, als wollte sie sagen, wie sie es so oft zu mir gesagt hatte: ›Mach dir keine Sorgen, Bartolomé, der gute Gott sorgt für uns.‹ Aber … Wie soll er für sie sorgen, jetzt, in den Kerkern der Inquisition?«
    Er verbarg sein Gesicht wieder in seinen schmutzigen Händen und schluchzte wie ein kleiner Junge.
    Anselmo wusste, dass die Zigeuner und Mutter Maddalena mehr als tiefe Freundschaft verband. Die Zigeuner verehrten die Nonne fast wie eine Heilige. Wenn aber Mutter Maddalena von den Häschern der Inquisition gefangen genommen worden war, dann war es Teresa möglicherweise auch, und dann … Ihm wurde schwindlig.
    »Was ist mit Teresa, Bartolomé? Hast du sie gesehen? Wurde sie auch gefangen genommen?«
    Bartolomé schniefte, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Ich habe sie jedenfalls nicht gesehen.«
    »Hat sie sich vielleicht in den Höhlen versteckt?«
    Der Zigeuner sah ihn so voller Verzweiflung und Resignation an, dass Anselmo augenblicklich schlecht wurde.
    »Sie haben die Höhlen mit den Hunden durchsucht, Anselmo , jeden Winkel. Alles, was zwei Beine hatte, wurde entweder in den Wagen gesperrt oder erschlagen.«
    »Ich reite hin«, sagte er entschlossen und stand auf.
    Cosimo sah ihn erschrocken an. »Was willst du denn dort?«
    »Ich werde nach Teresa suchen. Und wenn …« Seine Stimme drohte zu brechen, doch er räusperte sich und sprach weiter . »Und wenn ich sie nur finde, um ihr wenigstens ein anständiges Begräbnis zu gewähren.«
    Bartolomé legte ihm eine Hand auf den Arm. »Tu das nicht, Junge«, sagte er eindringlich. »Die Inquisition sucht auch nach euch. Wenn einige von ihnen noch da sind und dich dort finden, dann …«
    Doch Anselmo riss sich los. »Das ist mir gleich!«, zischte er und rannte aus dem Haus. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er solche Angst und Wut in sich gespürt. Die beiden Gefühle schienen in seinen Eingeweiden zu brennen wie flüssiges Metall. Es war, als stünde er selbst genauso in Flammen, wie Bartolomé es von dem Kloster berichtet hatte. Es war, als stünde die ganze Welt in Flammen.
    Er riss Sattel- und Zaumzeug von ihren Haken und öffnete Ricardos Stall. Er bemerkte nicht einmal, dass das Pferd nicht wie sonst seine Späße mit ihm trieb, sondern sich willig satteln ließ, fast als würde es den Ernst der Lage spüren. Anselmo selbst hatte für den Augenblick seine Angst vor Pferden vergessen, denn er dachte nur an Teresa. Er sah ihr wunderschönes liebliches Gesicht. Er wollte sich nicht vorstellen, dass sie erschlagen und blutüberströmt oder erstickt und verbrannt zwischen den brennenden Ruinen des Klosters lag. Er wollte sich vorstellen, dass sie lebte, dass sie sich wieder rechtzeitig hatte verstecken können, irgendwo in den Bergen, zwischen den Felsen, in einem Gebüsch … Und er hatte das Gefühl, sich beeilen zu müssen. Er stieg in den Sattel und trat Ricardo in die Flanken.
    Wie eine Signalfackel stieg die Flammensäule vom brennenden Kloster in den nächtlichen Himmel auf, und der Rauch war bereits von weitem zu riechen. Obwohl die Nacht klar war, war kein einziger Stern zu sehen, und selbst der Mond wurde nur selten sichtbar, wenn der Wind ein wenig an den Rauchschwaden zerrte und ihr Schleier dünner wurde . Ricardo schwitzte. Große Schaumflocken tropften von seinem Maul, und Anselmo hatte kaum noch Kraft in den Schenkeln, so hatte er das Pferd vorangetrieben. Dennoch hatte er das Gefühl, viel zu viel Zeit verschwendet zu haben. Er hätte sich mehr beeilen, er hätte schneller sein müssen. Wenn er nun zu spät kam, wenn Teresa verletzt war und noch gelebt hatte, jetzt aber …
    Nein, er wollte nicht daran denken. Das Pferd weigerte sich, den immer noch brennenden Häusern zu nahe zu kommen , und Anselmo sprang ab, noch bevor es stand. Er rannte zu dem, was einst der Klosterhof gewesen war. Überall wütete das Feuer, und der Rauch war so dicht, dass Anselmo kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Er stieg sogar aus dem Brunnen auf, als wäre es dem Inquisitor gelungen, das Wasser in Brand zu setzen. Beißender Qualm drang in seine Lungen ein, nahm ihm den Atem und ließ seine Augen tränen. Es war, als wäre er in das Zentrum der Hölle geraten.
    Halb blind tastete sich Anselmo voran und rief Teresas Namen. Er schrie gegen das Knistern und Tosen der Flammen an, gegen das

Weitere Kostenlose Bücher