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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Zusammenbrechen von Dächern und Mauern. Glimmendes Stroh flog durch die Nacht wie Feuerwerkskörper , Funken sprühten aus berstenden Deckenbalken. Anselmo hustete. Er stolperte. Immer wieder schrie er ihren Namen , doch er bekam keine Antwort.
    Irgendwann sah er direkt zu seinen Füßen das Haus mit dem kleinen Beet davor. Er erinnerte sich daran, wie sie bei ihrem letzten Besuch hier die Nonne hatten arbeiten sehen. Jetzt standen von dem Haus nur noch die Grundmauern mit einem brennenden Haufen von Balken und Holz in seiner Mitte, als hätte sich ein Riese ein Lagerfeuer angezündet.
    Anselmo taumelte weiter. Er suchte das ganze Gelände ab, jeden Winkel. Er drang sogar in die immer noch brennende Kirche ein. Das Kruzifix war von der Wand gefallen und brennend auf den Altar gestürzt. Es loderte vor sich hin wie eine mahnende Fackel. Und noch während Anselmo das brennende Kreuz anstarrte, erklang ein entsetzliches Geräusch – hell, klar und durchdringend begann die Glocke zu schlagen. Sie schlug erst langsam, dann immer wilder, als ob sie himmlische Hilfe herbeirufen wollte. Anselmo erstarrte. Er überlegte gerade, ob ein Überlebender die Glocke läutete, als sie auch schon herabstürzte und nur wenige Schritte von ihm entfernt auf dem steinernen Boden der Kirche zerschellte . Plötzlich war es still, erschreckend still. Nur noch das Knistern des Feuers war zu hören und das Knacken von Balken . Das Knacken wurde immer lauter. Anselmo richtete seinen Blick zur Decke und sah gerade noch, wie sich das Dach der Kirche von den Mauern zu lösen begann.
    Er wandte sich um. Er wusste, dass er viel zu langsam war, viel zu schwerfällig. Seine Beine bewegten sich, als hätte ihm jemand Blei in die Schuhe gegossen. Er erreichte die Tür, von der nur noch ein brennendes Viereck übrig geblieben war, streckte sich, sprang über die Schwelle und fiel der Länge nach hin, als hinter ihm mit ohrenbetäubendem Getöse das Dach der Kirche herabstürzte. Er verbarg den Kopf unter seinen Armen. Die Flammen stießen durch die Tür wie die feurige Zunge eines Drachen, leckten ihm über den Rücken, versengten seine Kleidung und die Haut seiner Hände, die seinen Hinterkopf zu schützen versuchten. Er schrie vor Todesangst, und die Flammen schnellten zurück, als hätte sein Schrei sie erschreckt. Anselmo richtete sich auf, und vor seinen Augen fiel die Kirche in sich zusammen. Staub, Rauch und Feuer umgaben ihn, Steine, Holz und Stroh wirbelten umher. Einen quälenden Augenblick lang schien es keine Luft mehr zum Atmen zu geben. Und dann war alles vorbei. Von der Kirche blieb nichts als ein brennender Trümmerhaufen. Wie gelähmt starrte Anselmo auf die Stelle, wo gerade noch die Kirche gestanden hatte, dann übergab er sich.
    Als er wieder zu sich kam, hatte das Tosen nachgelassen. Das Feuer knisterte anheimelnd wie ein wärmendes Feuer im Kamin. Doch seine brennenden Augen, seine schmerzende wunde Kehle erinnerten ihn an die Unerbittlichkeit, mit der das Feuer gewütet hatte. Er setzte sich auf. Viele Trümmer glühten oder rauchten nur noch, Asche bedeckte den Boden, und er selbst war ebenso grau und schwarz wie alles um ihn herum.
    Erneut bahnte sich Anselmo einen Weg durch die Trümmer . Mit bloßen Händen räumte er verkohlte Balken zur Seite . Er verbrannte sich dabei die Finger, hustete, spuckte Blut und schwarzen Schleim, doch immer noch wollte er nicht aufgeben. Mochte die Hoffnung auch noch so gering sein, er musste weiter nach Teresa suchen. Er musste sie finden. Er musste.
    Irgendwann ging die Sonne auf und offenbarte das ganze Ausmaß der Zerstörung. Bleich schien sie durch die Rauchwolken , die noch immer von den schwarz verkohlten Trümmern aufstiegen. Was ihm eigentlich hätte neue Hoffnung schenken sollen, raubte ihm den letzten Rest seiner Kraft. Er hatte die ganze Nacht gesucht und keine Spur von Teresa gefunden. Jetzt konnte er nicht mehr. Seine Lungenflügel brannten, als würde das Feuer, das dieses einst so friedliche Kloster zerstört hatte, nun auf ewig in ihnen weiterbrennen. Seine Augen tränten so sehr, dass er außer vagen Schemen kaum noch etwas erkennen konnte. Sein ganzer Körper schmerzte. Erschöpft sank er in die Knie. Und doch wollte er es nicht glauben, noch kämpfte er gegen die Gewissheit an, dass Teresa ebenso wie alle anderen tot war.
    »O Gott, nein!«, sagte er in die Stille hinein. »Nein! Teresa ! Teresa!«
    Ihr Name bahnte sich den Weg durch seine Kehle und wurde zu einem

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