Die Feuer von Córdoba
Scheiterhaufen verurteilt werden. Aber …« Er zuckte resigniert mit den Schultern. »Ich fürchte, selbst das würde wenig helfen. Den Kerkern der Inquisition entkommt keiner lebend.«
Anselmos Augen begannen wieder zu brennen. »Sie hat es gewusst«, flüsterte er und versuchte gar nicht erst die Tränen zu bekämpfen. »Mutter Maddalena hat es gewusst. Erinnerst du dich, wie sie zu uns sagte, sie brauche keine Pforte für den Kräutergarten, und wir könnten so viele Pflanzen nehmen, wie wir wollten, sie würden ohnehin bald niedergetrampelt?« Er schluckte. »Sie hatte Recht, Cosimo. Ich habe den Kräutergarten gesehen. Sie haben nicht eine Pflanze verschont. Nicht eine einzige. Und über dem Wasser des Brunnens stand Rauch.«
Cosimo nickte. »Ja, ich weiß. Auch ich habe es gesehen.«
Schweigend blickten sie gemeinsam auf den Hof hinaus. Die Sonne ging gerade auf und tauchte alles in ein warmes goldenes Licht. Es war ein schöner Anblick, doch Anselmo konnte sich nicht vorstellen, dass er jemals wieder Freude über irgendetwas empfinden würde.
»Selbst nach der schwärzesten Nacht folgt ein neuer Tag«, sagte Cosimo und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter , als hätte er seine Gedanken gelesen. »Jetzt stehst du noch unter dem Eindruck der Schrecken, die du mit ansehen musstest . Und du wirst es nie vergessen. Doch irgendwann werden die Bilder alt, die Farben werden verblassen, und auch wenn sie nie ganz ihren Schrecken verlieren, so werden doch andere , neue Bilder kommen, die in den Vordergrund treten. Du wirst weiterleben, Anselmo. Und auch wenn du jetzt nicht daran glauben kannst, eines Tages wirst du wieder glücklich sein und aus vollem Halse lachen können. Der Mensch ist so. Er macht weiter. Unermüdlich bis zum letzten Atemzug. Dann erst stirbt die Hoffnung, danach der Glaube und ganz zuletzt die Liebe.« Er lächelte. »Und nun geh nach oben. Teresa geht es besser. Sie wartet auf dich.«
Anselmo nickte. Mühsam schleppte er sich die Treppe hinauf . Noch nie waren ihm die Stufen so hoch und zahlreich erschienen. Jeder Muskel, jeder Knochen in seinem Körper schmerzte und protestierte. Dann hatte er endlich das Ende der Treppe erreicht. Behutsam klopfte er an die Tür des Schlafgemachs, das seit Señora Annes Umzug in die Stadt leer gestanden hatte.
»Herein!« Die heisere schwache Stimme ging sofort in einen trockenen, bösartig klingenden Husten über. Anselmo öffnete langsam die Tür und trat ins Zimmer.
Teresa saß von mehreren Kissen gestützt im Bett. Ihr Anblick schnürte ihm die Kehle zu. Sie war bleich, ihr schönes langes Haar war versengt, sodass sie aussah, als hätte man ihr den Kopf geschoren, ihre großen dunklen Augen waren blutunterlaufen , und jeder ihrer mühsamen Atemzüge rasselte.
»Teresa!«, flüsterte Anselmo. Behutsam setzte er sich zu ihr auf das Bett, nahm vorsichtig ihre Hand und strich ihr sanft über die Wange. Als er jedoch ihren Kopf berührte, wandte sie den Blick ab. Tränen schimmerten in ihren Augen .
»Sieh mich nicht an, Anselmo. Ich bin so hässlich.«
»Nein«, entgegnete er, »das stimmt nicht. Das Haar wird wieder wachsen. Hauptsache ist doch, dass du lebst und …«
Sie begann zu weinen, und er nahm sie zärtlich in die Arme. Es tat so gut, sie zu spüren, ihren warmen lebendigen Körper in den Armen zu halten, zu spüren, dass sie atmete. Mochten da auch die Atemzüge schwerfällig sein, das würde alles vergehen. Der Husten würde verschwinden, ihr Haar würde wieder wachsen. Aber sie lebte!
»Ich habe es gesehen, Anselmo«, flüsterte sie und krallte sich an seinen Nackenhaaren fest. »Ich habe den Rauch auf dem Wasser gesehen. Ich habe das Feuer im Himmel gesehen. Genau so, wie Mutter Maddalena gesagt hat.«
»Ich weiß«, entgegnete Anselmo leise. »Ich habe es auch gesehen.«
Und dann weinten sie beide gemeinsam.
Ketten
Gleich nach dem Aufstehen hatte Stefano eine für ihn ungewöhnliche Übelkeit verspürt. Seine Eingeweide schienen schwer zu sein, wie mit Steinen gefüllt, und nicht einmal den trockenen Kanten Brot, der ihm wie jeden Morgen zum Frühstück gereicht worden war, hatte er essen können. Als er nun das Kellergewölbe betrat, verstärkte sich dieses Gefühl, bis es schier unerträglich wurde. Der Raum, in dem der erste Teil des Verhörs stattfinden würde, schien ihm noch beklemmender zu sein als gewöhnlich. In der Tat kam es ihm vor, als sähe er das alles zum ersten Mal – die rußgeschwärzten Wände
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