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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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    »Eure Majestät?«
    Es klopfte ein paarmal kurz gegen das Holz der Kutsche. Karl V. rieb sich das Gesicht mit beiden Händen, dann schob er den Riegel zurück und klappte die Luke auf. Neben der Kutsche ritt ein Soldat. Er war noch ziemlich jung, und doch trug er bereits die Insignien eines Hauptmanns. Er musste wahrlich ein vortrefflicher Soldat sein. Aber die Hauptsache war, dass Karl V. sein Gesicht gefiel. Es wirkte offen, aufmerksam , sympathisch und mitfühlend. Diese Eigenschaften waren in der Truppe eher selten.
    »Eure Majestät?« Der junge Hauptmann beugte sich auf seinem Pferd zu der Luke hinunter und salutierte ehrfürchtig. »Ich bitte vielmals um Vergebung für die Störung, aber Ihr habt uns gebeten, Euch Bescheid zu geben, sobald wir uns unserem Ziel nähern. Jetzt ist es so weit. Etwa zwei Meilen vor uns liegt die Stadt Córdoba.«
    »Danke, Er kann sich entfernen«, sagte Karl V. und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht an. Tatsächlich, wenige Meilen vor ihnen lagen die Türme einer Stadt. Ihre Kuppeln und die Zinnen der Stadtmauern funkelten im Sonnenlicht. Córdoba. Wer sagte ihm, dass es stimmte, dass dies wirklich Córdoba war? Es hätte ebenso gut jede andere Stadt sein können.
    Karl V. schloss die Luke wieder und ließ sich im wohltuenden Halbdunkel in die weichen Polster der Kutsche zurücksinken . Eigentlich hatte er vorgehabt, das Stadttor von Córdoba hoch zu Ross zu durchschreiten, so wie es sich seiner Meinung nach für einen Kaiser gehörte, doch seit Beginn der Reise vor einigen Tagen hatte er schlecht geschlafen. Den ganzen Tag auf dem Pferderücken oder in einer umherschaukelnden, lärmenden Kutsche, unbekannte, seltsam gewürzte oder fetttriefende , schwer verdauliche Speisen und jeden Abend ein anderes Bett mit anderen Gerüchen und Geräuschen um ihn herum hatten ihm den Schlaf geraubt. Er rieb seine Hände gegeneinander , gähnte herzhaft und fuhr sich übers Gesicht und durchs Haar, um endlich aufzuwachen.
    »Sei ehrlich«, sagte er leise zu sich selbst und musste lächeln, »es ist das Alter. Ein alter Mann wie du sollte nicht mehr durch die Gegend reisen. Ein alter Mann braucht sein eigenes Bett und seinen immer vom selben Koch mit den gleichen Zutaten gekochten Brei.«
    Andererseits – so alt war er nun auch wieder nicht. Er richtete sich auf, kratzte sich den Bart und rückte die hohe gestärkte Halskrause zurecht. Sollte er nicht doch sein Pferd satteln lassen, in die Stadt hineinreiten und sich als Herrscher feiern lassen? Doch dann verwarf er den Gedanken endgültig . Der Grund, weshalb er nach Córdoba gekommen war, war nicht gerade geeignet, einen Monarchen mit Stolz zu erfüllen . Ketzer zu verurteilen und ihnen anschließend beim Brennen zuzusehen war eine der abscheulichsten Aufgaben, die sein Amt ihm auferlegte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er diese elende Quälerei auf den Scheiterhaufen durch das Beil des Scharfrichters ersetzt – ein gut platzierter Schlag, und sowohl für den Delinquenten als auch für die Zuschauer war es innerhalb weniger Augenblicke vorbei. Stattdessen konnte sich das Sterben der Verurteilten über Stunden hinziehen, eine entsetzliche, menschenunwürdige Qual für alle Beteiligten. Nein, da war es ihm schon lieber, wenn die Bevölkerung der Stadt von seiner Anwesenheit und seinem Beitrag zu diesem grausamen Spektakel so wenig wie möglich wusste.
    Er öffnete wieder die Luke und streckte den Kopf hinaus. »He, Er da, Hauptmann!«
    Der junge Hauptmann wurde rot im Gesicht und kam sofort zu ihm an die Kutsche geritten.
    »Eure Majestät?«, fragte er mit einer Verbeugung.
    »Weiß Er, ob die Honoratioren der Stadt über die Ankunft ihres Kaisers unterrichtet wurden?«
    »Ja, Eure Majestät. Es wurden bereits vor zwei Tagen Boten zu Sebastian de Guevara, dem Bischof von Córdoba, und den Stadträten geschickt. Der Bischof wird Euch empfangen und Euch vermutlich sein Haus als Quartier anbieten.«
    Karl V. dankte und schloss die Luke. Doch er war keineswegs zufrieden. Bischöfe waren seiner Erfahrung nach anstrengend . In Anwesenheit des Kaisers versuchten sie stets Eindruck zu schinden, indem sie besonders fromm taten. Nicht, dass er sich gegen den morgendlichen Besuch der Messe und regelmäßige Gebete gesträubt hätte. Das gehörte ohnehin zu seinem Tagesablauf wie das Aufstehen, Ankleiden und Essen. Aber diese Bischöfe übten sich während seiner Anwesenheit immer in überraschender Bescheidenheit, als würden sie ihr

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