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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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hatten es mir versprochen   …«, die Worte erstarben auf seinen Lippen und er breitete die Arme aus, um den Vater zu umarmen.
    »Halt! Briefe hin oder her, nimm diese Maskerade ab und lass uns gehen!«
    Der junge Mann sah ihn bestürzt an. »Vater, das hier ist meine Uniform! Ich habe geheiratet, ich habe eine Tochter und ein Heim, ich bin Offizier geworden, darf auf eine glänzende Karriere hoffen und glaube an den Islam! Das alles hatte ich Euch geschrieben!«
    Rosso schrie auf, streckte die Hand aus und versuchte, seinen Sohn zu packen.
    »Schäm dich, so mit deinem Vater zu sprechen!«
    Hassan Agà erbebte. »Hört auf! Ich bin der, den Ihr jetzt seht!«
    Der Werkmeister, an die Arme seines Sohnes geklammert, blickte ihn verstört an. Giorgio Rosso blieb eine Weile stumm, während das von Explosionen geschüttelte Schiff schwankte und sich aufbäumte. Dann blickte er zu Andrea, dem alles, was er hörte und sah, ebenfalls die Sprache verschlagen hatte.
    »Hört zu«, sagte Giorgio schließlich. »Ihr steht unter meinem Schutz, bleibt hier unten, und wenn die Schlacht vorüber ist, werde ich einen Weg finden, um Euch zu befreien.« Er hatte mehr zu Andrea gesprochen als zu seinem Vater.
    »Es steht schlecht um Euch«, erwiderte Andrea bitter.
    »Auch wenn es so wäre, die Sultana ist ein robustes Schiff«, sagte Giorgio. »Sie wird nicht untergehen. Tut, was ich Euch sage. Bleibt hier unten!« Er reichte seinem Vater eine Flasche Wasser, doch Rosso rührte sich nicht, als habe er keine Kraft mehr. Andrea nahm sie an seiner Stelle. Das Gitter wurde geschlossen. Giorgio drehte der Zelle den Rücken zu und eilte die Treppe hinauf.
    Bepo Rosso sank im Wasser auf die Knie und fing an zu weinen. Andrea versuchte, ihn wieder aufzurichten. Dann ein Donner, eine Explosion, und Feuertropfen aus einem Brandtopf fielen aus einer Luke herab, glühten weiter zischend auf der Wasseroberfläche. Bepo ließ sich vom Gitter wegführen.
    »Lasst mich Eure Wunde sehen, setzt Euch.« Andrea half ihm, sich auf die Pritsche zu setzen und hob seine Weste. Die Klinge hatte einen tiefen Schnitt im Bauch hinterlassen. Andrea sah sich suchend um. Dann zog er seinen Kittel aus, riss die Ärmel ab und band sie zusammen.
    »Zieht Euer Hemd aus, ich werde Euch verbinden.«
    Der verstörte Werkmeister ließ sich das Hemd ausziehen. Auf dem Rücken trug er noch den von Riemen gehaltenen kleinen Metallbehälter mit dem Buch. Andrea warf einen flüchtigenBlick darauf und konzentrierte sich auf die Wunde, die er mit den Stofffetzen umwickelte.
    »Nur Mut, es geht Euch bald besser.«
    »Ich war es«, sagte der Werkmeister plötzlich, seinen Gedanken nachgehend. »Das Arsenale, die Explosion des Arsenale   … Alles, was passiert ist, ist meine Schuld.« Das Sprechen bereitete ihm Mühe.
    Andrea sah ihn bestürzt an, während er den Knoten des Verbandes festzog.
    »Schon zu lange trage ich das mit mir herum. Ich habe das Geld aus der Kasse der Patroni des Arsenale im Inferno gestohlen. Dieser Nachtwächter hat mich bis zu den Pulverkammern hinter den Docks der großen Galeeren verfolgt.«
    Andrea trat einen Schritt zurück. »Ihr   …?«, murmelte er.
    »Ich hatte mich in der dritten Pulverkammer versteckt, dass dieser arme Junge immer noch hinter mir her war, hatte ich nicht erwartet. Er ist hereingekommen und hat mich gesehen. Hat auf mich gezielt. Ich habe die Hände gehoben. Bin auf ihn zugegangen. Er hat geschossen. Wir haben gekämpft. Plötzlich waren da Flammen. Ich konnte mich gerade noch rechtzeitig auf die nächste Galeasse retten, dann ist alles explodiert.« Das Gesicht des Werkmeisters verzog sich vor Schmerz, als er sich den Behälter vom Rücken streifte. »Ich brauchte Geld. Für das hier   …«
    Andrea wurde schwindelig, vielleicht war er ja schon tot und erfuhr die Geheimnisse anderer Seelen. Doch was er hörte, waren Worte, was er sah, waren Gegenstände, und alles passte zusammen.
    Der Werkmeister zog das winzige Büchlein aus dem Behälter und reichte es ihm. »Das hatte Sokollu Mehmet für die Freiheit meines Sohnes von mir verlangt! Für seine Freiheit, versteht Ihr?« Er begann zu lachen, dann hustete er und spuckte einen Klumpen Blut aus. »Ich glaube, es handelt sich um einen Chiffrierschlüssel, aber mehr weiß ich nicht   …«
    Einen Augenblick lang wollte Andrea das Buch nicht aufschlagen. Dann tat er es doch. Auf der ersten Seite stand auf Griechisch:
    PLATON
    TIMAIOS
    Auf der zweiten, am unteren Rand:
    In

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