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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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hinübergehen«, er zeigte auf den Wald aus Masten, die Insel aus Schiffen, »und die Rechnung mit der Sultana abschließen. Wenn der Himmel entschieden hat, dass der Sieg unser ist, wird Gott diese Männer beschützen! Nun, wer hat genug Mumm für diese Aufgabe?«
    Schweigen.
    Bepo Rosso war der Erste, der auf das Kastell zuging. Andrea fühlte einen Stich im Herzen, denn bevor der Werkmeister sich in Bewegung setzte, hatte er sich zu ihm umgedreht und ihn angelächelt. Ein seltsames Lächeln, von Kummer und Streitlust verschleiert.

10
    Der Befehl lautete, die Mine an der Flanke der Sultana anzubringen, Feuer an die Zündschnur zu legen und das Weite zu suchen.
    Das Beiboot war am Heck der Guora zu Wasser gelassen worden, ein Boot mit flachem Kiel, hohem Bug und Heck, es hatte ein Steuerruder, war schnell und seetüchtig. Nachdem es sich von der Galeere abgestoßen hatte, war es zunächst eine abweichende Route im Halbkreis gefahren, gefolgt von den sorgenvollen Blicken derjenigen, die an Bord geblieben waren. Der Kommandant und Veruzzi befahlen das Deckungsfeuer, und jede Waffe, jedes Feuerrohr der Galeasse spuckte Blei, Eisen und Steine auf die türkischen Schiffe.
    Andrea ruderte schnell, mit zwei Rudern und weitausholenden Schlägen. Zwei weitere Ruderer folgten ihm im perfekten Gleichtakt. Bepo Rosso am Steuer nahm die Schirokkodünung leicht von der Seite, er musste fortwährend manövrieren, um Leichen, Balken, Kisten und Wrackteilen auszuweichen, die das Wasser zu einer kompakten Fläche machten. Immer wieder umhüllten sie dichte Rauchwolken. Von Zeit zu Zeit tauchten, wie Kreuzwegstationen, brennende Schiffe aus dem Nebel auf, die Decks voller Männer im Zweikampf, lodernde Vordersteven, der Qualm von Breitseitenschüssen. In der Luft lag eine irre Musik aus dem dumpfen Zischen großer Kaliber und dem hellen Pfeifen des Bleis aus Musketen und Arkebusen, dazu kamen das Heulen der schweren Kugeln, die mit Ketten geworfen wurden, um die Schiffsmasten zu fällen und die Decks zu zerschlagen, das Sausen der Brandtöpfe, die Schüsse aus den Steinschleudern und das Krachen der berstenden Hölzer, die Schreie der Männer, das Blöken der Schafe und die Schreie der Hähne, die in den Ställen der Galeeren vor Angst umkamen. Mehrmals musste der Werkmeister jäh beidrehen, um einem Schiff auszuweichen, doch selbst wenn sie es gestreift hätten, ob es nun ein türkisches, venezianisches oder spanisches Schiffwar, auf den Kastellen, Enterbrücken oder an den Dollborden schien niemand auf sie zu achten. Es war, als gehörte die Meeresoberfläche nicht zum Schlachtfeld, sondern werde von einer Art überterritorialer Immunität geschützt, weil alle Parteien das Meer als Grabstätte respektierten.
    Mit Gottes Hilfe oder dank eines günstigen Zufalls gelangte das Boot zum Heck der Sultana und blieb unterhalb des Ruderdeckrahmens stehen. Die Galeere schlingerte so stark, als wollte sie das kleine Boot im nächsten Moment zerquetschen. Man hörte den Lärm der Kämpfe und des Meeres mit seinem schwappenden, strudelnden Wassern, es roch nach Algen. Rosso wartete nicht länger. Er nahm den Holzhammer und einen dicken Nagel und trieb ihn mit einem einzigen Schlag gut drei Fingerbreit in das Holz, dort wo die Ruderpinne am Schiff anlag. Ein zweiter Nagel. Noch einer. Rosso hängte den mit Schwarzpulver gefüllten Brandtopf an die Nägel. Er zündete nicht, sondern reichte Andrea den Feuerstahl. »Wenn ich nach fünf Vaterunsern nicht zurück bin, zündet Ihr«, sagte er.
    »Was habt Ihr vor?«, schrie Andrea.
    »Fangt an zu beten«, sagte Rosso nur, stellte einen Fuß auf die Ruderpinne, klammerte sich an den Rahmen, der sich beim Schwanken des Schiffes senkte, und ließ sich in die Höhe tragen. Dann verschwand er unter den Planken des Seitenstegs. Das Ruderdeck war ein Schlachthaus. Zwischen Toten und Verletzten, Schreien und Gebeten kroch er unter den Ruderbänken hindurch. Direkt über ihm wurde auf den Stegen gekämpft, Musketen gegen Bögen, Schwerter gegen Dolche.
    Er sah einen Galeerensklaven, der sich unter einen Rudersitz gekauert hatte. Er trug noch Ketten an den Füßen, zitterte und hielt die Arme fest um den Kopf geschlungen. Bepo kroch zu ihm, hob sein Kinn und blickte ihm ins Gesicht.
    »Ich suche Giorgio Rosso, einen venezianischen Jungen, der am Ruder sitzt wie du!«
    Der Mann blickte ihn entgeistert an.
    »Verstehst du, was ich sage?«
    Der Sklave zögerte, dann nickte er.
    »Also, wo ist er?«
    Doch der

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