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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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wird lange dauern, bis es zu diesem Kampf kommt.«
    »Die Götter haben es bestimmt«, erklärte Achilleus. »Wenn ich in diesem Krieg kämpfe, wird Troia fallen.«
    Priamos fragte: »Dann lehnst du meine Freundschaft ab, Achilleus?«
    Achilleus erwiderte höhnisch: »Ja, ich will lieber dein Feind als dein Verbündeter sein, alter Mann. Ich werde die Stadt erobern und sie ohne dich oder Hektor regieren. Ich werde mir eine, zwei oder drei deiner Töchter nehmen, wenn ich es so will.«
    »Meine Schwester Kassandra ist eine Seherin«, sagte Hektor, »und ich wage zu behaupten, sie kann Besseres voraussagen als jede eurer Priesterinnen.« Er drehte sich um und fragte Kassandra: »Wird dieser aufgeblasene Wicht die Stadt erobern, Schwester?«
    Kassandra glühte vor Zorn, weil Hektor dadurch alle Blicke auf sie lenkte. Sie erwiderte: »Das verkünden die Götter: Achilleus wird vor Troia Ruhm gewinnen. Aber er soll sich vorsehen. Achilleus, wenn du heute abend Troia verläßt, wirst du es nie wieder betreten, und du wirst auch nicht hier herrschen.«
    Achilleus wahrte auch nicht mehr den Anschein von Höflichkeit. Aus seinen Worten sprach blanker Hohn.
    »Oh, auch wir haben Seherinnen. Für eine Münze bekommt man ein Dutzend Orakelsprüche. Untergang oder Sieg, was immer man zu hören wünscht. Meine Mutter ist eine ebenso gute Seherin wie jede andere, und ich habe ihre Orakelsprüche gehört, schon ehe eine troianische Priesterin des Apollon mir etwas zu sagen hatte.« Er zog sein Schwert und rief: »Wenn du willst, Hektor, stoße ich dich auf der Stelle von Troias Thron. Weshalb sollen wir unsere Zeit mit einem Krieg verschwenden?«
    Patroklos sprang herbei und drehte ihm die Arme auf den Rücken, »Dein Gastgeber ist heilig, Achilleus«, mahnte er.
    Hektor trat vor den Thron und sagte: »Ich würde hier und jetzt gegen ihn kämpfen. Aber er ist ein Gast meines Vaters.«
    Priamos erklärte finster: »Bring ihn weg, Odysseus. Ich habe ihn auf deine Bitte willkommen geheißen.«
    Odysseus trat zu Priamos, umarmte ihn und sagte: »Vergib, alter Freund, daß ich diesen Wilden in deine Halle gebracht habe. Ich bedaure es von ganzem Herzen.«
    Hekabe sagte freundlich: »Du hast für uns alle das beste gewollt, Odysseus. Krieg oder Frieden, du bist als unser Gast jederzeit willkommen. Ich hoffe, der Tag wird kommen, an dem du wieder bei uns sein wirst und dann nicht in aller Heimlichkeit. «
    Odysseus verneigte sich und hob ihre Hand an seine Lippen. »Herrin Hekabe«, sagte er, »die Göttin Hera sei mein Zeuge, ich wünsche dir nur Gutes. Und wenn der Tag kommen sollte, an dem ich dir einmal helfen kann, dann bete ich zu IHR, daß SIE mir zeigen wird, wie.«
    »Geben es die Götter«, entgegnete Hekabe mit einem freundlichen Lächeln. Kassandra spürte ein Beben und wollte ihre Mutter warnen, aber es war sofort wieder vorbei. Odysseus warf seinen Umhang über. Achilleus und Patroklos gingen bereits zum Ausgang.
    Hektor starrte ihnen finster nach. Kassandra zitterte am ganzen Leib, denn das Fackellicht schien plötzlich blutrot zu sein, und Blut umgab die blonden Haare von Achilleus wie ein Ring.
    Priamos winkte Kassandra zu sich, während die Achaier die Halle verließen.
    »Ich habe diese Männer als meine Gäste empfangen«, sagte er zornig und vorwurfsvoll, »weil du mich darum, gebeten hast. Du bist keine Amazone mehr. Erlaube dir nicht noch einmal, über solche Dinge mit mir zu sprechen.«
    Kassandra senkte den Kopf. Der Geruch von Blut und Verwesung schien von ihrem Vater auszugehen; er und sie schienen knöcheltief in Blut zu stehen. Wie konnte es sein, daß er das Blut weder sah noch roch? Außerdem hätte er ihr verboten, noch einmal mit ihm über den Krieg zu sprechen.
    Nie. Nicht in diesem Leben. Oder danach.

12
    In den nächsten Tagen beobachtete Kassandra von hoch oben im Tempel den Aufmarsch der Truppen des Achilleus. Man nannte sie »Myrmidonen« - Ameisen. Aus dieser Höhe wirkten sie tatsächlich so zahlreich und häßlich wie Insekten, die über den Strand schwärmten. Allerdings unternahmen sie noch keinen Versuch, die Stadt anzugreifen, sondern marschierten auf der Ebene hin und her, übten mit den Waffen, exerzierten und liefen um die Wette. Achilleus war deutlich sichtbar. Er fiel nicht nur wegen seines leuchtendroten Mantels auf, sondern auch wegen seiner glänzenden, strohblonden Haare und seiner aufrechten Haltung.
    Wenn sie jetzt ihre Mutter besuchte, beunruhigten sie die immer deutlicher

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