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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Krieg wegen der Handelsrechte verhindern«, sagte Priamos. »Früher kamen viele Ehen auf diese Weise zustande. «
    »Wie schrecklich«, sagte Polyxena ängstlich. »Ich möchte nicht so weit von zu Hause entfernt heiraten. Ich möchte lieber eine richtige Hochzeit und nicht einfach davon geschleppt werden!«
    »Nun ja, ich bin sicher, dafür können wir früher oder später schon sorgen«, erklärte Priamos freundlich. »Da ist zum Beispiel der junge Achilleus, ein Verwandter deiner Mutter, wie man sagt, deutet alles darauf hin, daß er ein großer Krieger wird … «
    Hekabe schüttelte den Kopf. Sie sagte: »Achilleus ist seiner Base Deidameia, der Tochter des Lykomedes, versprochen, und mir wäre es lieber, meine Tochter hätte nichts mit dieser Sippe zu tun.« 
    »Trotzdem, wenn er Ruhm und Ehre gewinnen sollte… Ich habe gehört, der Junge ist bereits ein großer Jäger von Löwen und Keilern«, widersprach Priamos. »Ich hätte ihn gerne zum Schwiegersohn. « Er seufzte. »Wir haben noch genug Zeit, um über Ehemänner und Hochzeiten der Mädchen nachzudenken. Was hast du heute gesehen, kleine Kassandra?«
    Schon, als ihr die Worte über die Lippen kamen, glaubte Kassandra, sie hätte wahrscheinlich besser geschwiegen; über das, was sie in der Schale gesehen hatte, sollte man nicht sprechen. Aber ihre Verwirrung und ihr Wissensdurst waren so groß gewesen, daß sie sich nicht zurückhalten konnte, und die Worte sprudelten aus ihr heraus: »Vater, sag mir doch, wer ist der Junge, den ich heute gesehen habe? Er hat genau das gleiche Gesicht wie ich.«
    Priamos funkelte sie wütend an, und sie begann, vor Schreck zu zittern. Er starrte über ihren Kopf hinweg und fragte Hekabe mit drohender Stimme: »Wo bist du mit ihr gewesen?«
    Hekabe sah ihn verständnislos an und sagte: »Ich bin nirgends mit ihr gewesen. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon sie spricht. «
    »Komm her, Kassandra«, sagte Priamos, runzelte unheilvoll die Stirn und schob Polyxena von seinem Knie. »Erzähle mir mehr. Wo hast du den Jungen gesehen? War er in der Stadt?«
    »Nein, Vater, ich habe ihn nur in der Schale im Wasser gesehen. Er hütet die Schafe auf dem Berg Ida und sieht genauso aus wie ich. « Kassandra erschrak über die plötzliche Veränderung im Gesicht ihres Vaters. Er brüllte: »Und was tust du mit der Wasserschale, du kleines Aas?«
    Wutentbrannt wandte er sich an Hekabe, und Kassandra glaubte im ersten Moment, er werde die Königin schlagen.
    »Das ist dein Werk - ich überlasse die Erziehung der Mädchen dir, und eine meiner Töchter beschäftigt sich mit Wahrsagerei, Zauberei, Orakeln und ähnlichem …«
    »Aber wer  ist  es?« fragte Kassandra. Der Wunsch nach einer Antwort war stärker als die Angst. »Und warum sieht er mir so ähnlich?«
    Ihr Vater brüllte und schlug ihr mit solcher Gewalt ins Gesicht, daß sie das Gleichgewicht verlor, die Stufen seines Throns hinunterfiel und sich dabei den Kopf anschlug.
    Ihre Mutter schrie empört auf, eilte herbei und hob Kassandra hoch. »Was hast du mit meiner Tochter gemacht, du Grobian?« Priamos starrte seine Frau glühend vor Zorn an und stand auf. Er hob die Hand und wollte sie schlagen. Kassandra schrie schluchzend: »Nein! Du darfst Mutter nicht schlagen! Sie hat nichts getan… « Undeutlich sah sie Polyxena, die sie mit großen Augen anstarrte, sich aber nicht getraute, etwas zu sagen. Eher verächtlich als wütend dachte Kassandra.  Sie steht daneben und würde zulassen, daß der König unsere Mutter schlägt?  und rief: »Es ist nicht Mutters Schuld. Sie hat nichts davon gewußt. Der Gott hat gesagt, ich darf es tun. ER hat gesagt, wenn ich groß bin, soll ich seine Priesterin werden. Und ER hat mir gezeigt, wie ich in der Wasserschale etwas sehe … «
    »Schweig!« befahl Priamos und starrte über sie hinweg Hekabe böse an. Kassandra wußte nicht, weshalb er so zornig war.
    »Ich dulde keine Zauberei in meinem Palast, Herrin! Hast du verstanden?« sagte Priamos. »Schick sie weg, laß sie woanders erziehen, ehe sie die anderen Mädchen, die richtigen Mädchen mit diesem Unsinn ansteckt… « Er sah sich um, und sein finsteres Gesicht hellte sich auf, als sein Blick auf die schluchzende Polyxena fiel. Dann starrte er wütend auf Kassandra, die immer noch am Boden kauerte und sich den blutenden Kopf hielt. Jetzt wußte sie, daß den Jungen, dessen Gesicht sie gesehen hatte, wirklich ein Geheimnis umgab.
    Er wollte auch nicht über Hesione sprechen.

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