Die Feuer von Troia
ich meine Frauen zusammengerufen habe. Du wirst uns Schiffe geben müssen. Aber ich könnte dir Hesione bis zum nächsten neuen Mond zurückgebracht haben. «
»Wenn es tunlich wäre, jetzt gegen die Achaier zu ziehen, bräuchte ich keine Frau, um mein Heer zu führen«, erklärte Priamos finster, »ich möchte lieber abwarten und sehen, welche Forderungen er an mich stellt.«
»Und was ist mit Hesione, die Agamemnon in die Hände gefallen ist?« fragte Penthesilea, »Läßt du sie im Stich? Du weißt, was bei den Achaiern mit ihr geschehen wird!«
»Ich hätte so oder so einen Gemahl für sie finden müssen«, sagte Priamos, »das erspart mir zumindest die Mitgift. Denn wenn Agamemnon sie geraubt hat, kann er nicht so unverschämt sein, für eine Kriegsbeute eine Mitgift zu fordern.«
Penthesilea sah ihn empört an, und auch Kassandra war entsetzt. Priamos war reich. Weshalb sollte er seiner Schwester keine Mitgift geben wollen?
»Priamos, Agamemnon hat bereits eine Gemahlin«, sagte Penthesilea, »es ist Klytaimnestra, die Tochter von Leda und König Tyndareos. Sie hat Agamemnon eine Tochter geboren, die inzwischen sieben oder acht Jahre alt sein muß. Ich kann nicht glauben, daß Frauen in Achaia so knapp sind, daß die Achaier sich darauf verlegen müssen, sie zu stehlen… Eben sowenig kann ich glauben, daß Agamemnon so dringend eine Konkubine braucht, daß er eine entführt, obwohl er die Tochter jedes Führers in seinem Reich haben könnte.«
»Also hat er die Tochter von Leda geheiratet.« Priamos runzelte die Stirn und fragte: »Ist das die, von der man sagt, sie sei so schön, daß Aphrodite neidisch würde, und ihr Vater mußte sich zwischen vierzig Bewerbern um ihre Hand entscheiden?«
»Nein«, antwortete Penthesilea, »Leda hatte Zwillinge, und das ist immer ein Unglück. Die eine ist Klytaimnestra und die andere, die große Schönheit, ist Helena. Agamemnon gelang es, Leda und Tyndareos zu beschwatzen - Gott weiß wie -, Helena mit seinem Bruder Menelaos zu verheiraten. Er hat Klytaimnestra geheiratet. «
»Ich beneide Menelaos nicht«, sagte Priamos, »ein Mann mit einer schönen Frau ist gestraft.« Er lächelte zerstreut und sagte zu Hekabe: »Allen Göttern sei Dank. Du hast mir nie diese Art Schwierigkeiten eingebracht, meine Liebe. Und auch deine Töchter sind nicht gefährlich schön.«
Hekabe sah ihren Mann kalt an. Penthesilea sagte: »Das ist viel leicht Ansichtssache. Aber wenn die Gerüchte nicht lügen, denkt Agamemnon nach allem, was ich weiß, weniger an die Schönheit einer Frau als an Macht. Er hofft, durch Ledas Tochter ganz Mykenai und auch Sparta beanspruchen zu können und sich König zu nennen. Danach wird er vermutlich im Norden mehr Macht gewinnen wollen - und das bedeutet, du mußt dir bald um deine Stadt, um Troia Gedanken machen.«
»Ich glaube, sie werden mich zwingen, mit ihnen zu verhandeln«, sagte Priamos, »ich soll sie als Könige anerkennen. Und das werde ich an dem Tag tun, wenn der Kerberos die Pforten öffnet und die Toten aus dem Hades entläßt.«
»Ich bezweifle, daß sie Gold suchen werden«, sagte Penthesilea, »es gibt genug Gold in Mykenai. Obwohl Gerüchte behaupten, daß Agamemnon ein habgieriger Mensch ist. Wenn du mich fragst, ich vermute, Agamemnon fordert, daß du seinen Handelsschiffen die Durchfahrt durch diese Meerenge erlaubst«, sie deutete hinunter auf das Wasser, »ohne den üblichen Zoll zu erheben.«
»Niemals«, sagte Priamos, »ein Gott hat mein Volk hierher an das Ufer des Skamander gebracht. Und jeder, der in das Land des Nordwindes weiterfahren will, muß den Göttern von Troia Tribut entrichten.« Er sah Penthesilea mißmutig an und fragte: »Warum machst du dir darüber Gedanken? Was hat eine Frau mit der Regierung von Ländern zu tun und dem Entrichten von Tribut?«
»Auch ich lebe in einem Land, in das sich die achaischen Räuber vorwagen«, erwiderte die Amazonenkönigin, »und sollten sie eine meiner Frauen stehlen, müßten sie dafür bezahlen - nicht nur mit Gold oder einer Mitgift, sondern mit Blut. Da du nicht verhindern konntest, daß sie deine eigene Schwester entführten, wiederhole ich: Meine Kriegerinnen stehen dir zu Diensten, wenn du sie gegen diese Piraten führen willst.«
Priamos lachte, entblößte dabei jedoch seine Zähne, und Kassandra wußte, daß er wütend war, obwohl er es Penthesilea nicht zeigen würde. »An dem Tag, an dem ich mich für die Verteidigung der Stadt auf Frauen verlasse -
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