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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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abgebrannt und sank gerade. Hektors Truppen jubelten begeistert.
    Mittlerweile versuchten achaische Fußsoldaten, die Streitwagen einzukreisen. Aber die Bogenschützen schossen ihre brennenden Pfeile unbeirrt auf die Zelte, und bald sahen die Frauen auf der Mauer wegen der dichten Rauchschwaden nichts mehr. Ein zweites Schiff versank unterdessen mit lautem Zischen im Wasser.
    Auch die Frauen jubelten. Unter den Wachen auf der Mauer entstand Unruhe. Ein Troianer lief eilig zu einer Plattform, auf der einige Bogenschützen standen. Man hörte laute Rufe, Jubel und höhnisches Geschrei und schließlich heftiges Gepolter. Der Hauptmann der Bogenschützen kam zurück, und Andromache erkundigte sich, was geschehen war. Der Mann grüßte ehrerbietig und berichtete: »Zuerst glaubten wir, es sei Achilleus, und er nutze die Gelegenheit zu einem Überfall. Er war es aber nicht, es war sein Freund, wie heißt er noch? Patroklos. Er klettert doch einfach die Westmauer hinauf, wo sich beim Erdbeben ein paar Steine gelöst haben.«
    »Habt ihr ihn gefangengenommen?« fragte Andromache.
    »Dazu hatten wir keine Gelegenheit, Herrin. Aber wir haben ihm ein paar Pfeile um den Kopf schwirren lassen. Er verlor das Gleichgewicht und rutschte ab. Seine Bogenschützen schossen auf uns und gaben ihm Deckung, während er uns zeigte, wie gut er rennen kann«, erwiderte der Hauptmann. »Schade, daß wir ihn nicht getroffen haben. Mit einem Pfeil in seinem Bauch hätte Achilleus vielleicht den Mut verloren und wäre abgesegelt. «
    »Nun ja«, sagte Andromache, »ihr habt euer Bestes getan. Patroklos hat sein Ziel nicht erreicht.«
    »Ich bitte um Vergebung, Herrin. Das Beste ist für Prinz Hektor nicht gut genug«, erwiderte der Mann. »Aber vielleicht hast du recht. Man kann nichts mehr daran ändern. Und warum soll man sich um etwas Sorgen machen, was vorbei ist. Vielleicht gibt er uns noch einmal eine Gelegenheit, und dann erwischen wir ihn.«
    »Der Kriegsgott gebe es«, wünschte Andromache. Die Frauen blickten wieder hinunter. Die Streitwagen verließen inzwischen das achaische Lager und näherten sich dem Tor. Kassandra konnte die einzelnen Wagen nicht voneinander unterscheiden, zählte sie aber und stellte zu ihrer Erleichterung fest, daß keiner fehlte. Also war der Überfall auf die Schiffe ein voller Erfolg gewesen.
    Die Wache unter ihnen rief: »Öffnet das Tor!« Sie hörte das Ächzen der Seile, mit denen man die beiden Torflügel aufzog. Helena und Andromache liefen die Treppe hinunter, um ihre Ehemänner zu begrüßen. Die anderen Frauen blieben oben.
    Hekabe trat zu Kassandra, die fragte: »War der König mit seinem Streitwagen nicht dabei?«
    »Nein, Kassandra«, erwiderte Hekabe. »Er kann mit seinen Händen die Zügel nicht mehr halten. Die Heilpriester behandeln ihn mit ihren Ölen und Heilsprüchen, aber es wird von Tag zu Tag schlimmer. Er kann sich kaum noch die Sandalen binden.«
    »Das tut mir leid«, sagte Kassandra. »Aber gegen das Alter, Mutter, gibt es keine Heilsprüche. Auch nicht für einen König.«
    »Für eine Königin wohl ebensowenig«, fügte Hekabe hinzu. Kassandra sah sie prüfend an, und ihr fiel auf, wie gebrechlich ihre Mutter war. Sie ging gebückt und war so dünn, daß die Knochen hervortraten. Hekabes Haut war immer gesund und frisch gewesen; nun wirkte sie grau und schlaff; stumpfe, gelblich-weiße Strähnen zogen sich durch ihre Haare. Auch die Augen hatten allen Glanz verloren.
    »Dir geht es nicht gut, Mutter.«
    »Gut genug. Ich mache mir mehr Sorgen um deinen Vater«, erwiderte Hekabe. »Kreusa ist wieder schwanger, und im nächsten Winter wird es in der Stadt wahrscheinlich wenig zu essen geben. Die Ernte war schlecht, und von dem Wenigen haben die Achaier einen Großteil verbrannt.«
    »Im Tempel gibt es immer genug zu essen«, erklärte Kassandra. »Für mich und Biene ist es immer mehr, als wir brauchen, und ich werde dafür sorgen, daß Kreusa nicht hungern muß.«
    »Du bist gut«, sagte Hekabe leise und strich ihr über die Haare. Seit Kassandra ein kleines Kind gewesen war, hatte ihre Mutter sie nur sehr selten liebkost, und Kassandra wurde es warm ums Herz.
    »Wir haben nicht nur zu essen, sondern auch Heilkräuter im Überfluß. Du mußt zu mir kommen, wenn jemand im Palast krank ist oder etwas braucht«, sagte sie. »Es gilt als selbstverständlich, daß wir alles mit unseren Familien teilen. Ich werde Kräuter für Vater schicken. Du mußt sie mit heißem Wasser übergießen,

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