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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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auch im Frieden bewundern.«
    Und das kann man von einem meiner anderen Brüder kaum behaupten, dachte sie. Sie scheinen wenig mehr als lebende Waffen zu sein und denken so gut wie nicht darüber nach, was oder warum sie etwas tun.  Paris besaß ein paar gute Eigenschaften, obwohl er sie seiner Schwester gegenüber nur selten zeigte: Er war freundlich zu Helena; er behandelte seine alten Eltern liebevoll und mit Achtung; und er war seinen Kindern, als sie noch lebten, ein guter Vater gewesen. Er war auch Nikos ein guter Stiefvater. Aeneas besaß diese guten Eigenschaften ebenfalls- oder glaube ich das nur, weil ich ihn liebe?  fragte sie sich. Der Sandalenmacher pries Hektor immer noch überschwenglich, und Kassandra sagte: »Er wird sich darüber freuen, daß man in der Stadt so große Stücke auf ihn hält (das entsprach der Wahrheit). Kassandra bezahlte die Sandalen und trat auf die Straße hinaus. Sie mußte Biene vor der Menge retten, die zurückwich und sich an die Hausmauer drängte, als die vier Streitwagen von Aeneas, Paris, Deiphobos und des thrakischen Hauptmannes Glaukos ebenfalls zum großen Stadttor hinunter donnerten.
    Hatte Priamos beschlossen, seine besten Kämpfer gegen die Achaier zu schicken, obwohl Achilleus nicht unter den Gegnern war - oder hoffte er, Achilleus aus seinem Zelt zu locken? Dieser Gedanke weckte ihre Neugier. Biene lief bereits hinter der Menge her, und so schlug auch Kassandra den Weg zur Stadtmauer ein. Dort angelangt, stieg sie die Stufen zum Aussichtsplatz der Frauen hinauf. Wie nicht anders zu erwarten, fand sie hier oben Helena, Andromache und Kreusa mit Hekabe. Die Frauen begrüßten sie alle liebevoll. Kassandra fiel auf, daß Helena wieder besser aussah, und Helena gestand ihr bald, sie glaube, wieder schwanger zu sein.
    Andromache sagte: »Ich verstehe nicht, wie eine Frau mit gutem Gewissen in diesem großen Krieg ein Kind in die Welt setzen kann. Das habe ich auch Hektor gesagt. Aber er hat nur erwidert, dann werden Kinder am meisten gebraucht.«
    »Kinder sterben auch im Frieden«, sagte Helena. »Ich habe meine zweite Tochter durch den Leichtsinn einer Hebamme verloren und drei Söhne in einem Erdbeben. Sie hätten aber auch wie frisch geschlüpfte Vögel, die aus dem Nest fallen, sich zu Tode stürzen oder bei den Spielen von einem wild gewordenen Stier zertrampelt werden können. Für Kinder gibt es in dieser sterblichen Welt keine Sicherheit. Aber wenn alle Frauen aus diesem Grund beschließen würden, keine Kinder mehr zu bekommen, was sollte dann aus der Welt werden?«
    »Ach, du bist mutiger als ich«, sagte Andromache. »Auch Paris ist mit seinem Streitwagen noch tollkühner als Hektor. Seht doch, mit welcher Geschwindigkeit er aus dem Tor rast.«
    Man konnte kaum sagen, welcher Mann am kühnsten fuhr: Alle fünf Streitwagen schossen beinahe gleichzeitig aus dem Tor, und Hektors Soldaten folgten ihnen. Die Achaier hatten noch keine Schlachtformationen gebildet. Kassandra sah das Durcheinander und die Verwirrung im feindlichen Lager. Die Männer liefen brüllend und nach ihren Waffen rufend zwischen den Zelten hin und her. Die Streitwagen erreichten das Lager und fuhren geradewegs hindurch. Erst jetzt sah Kassandra, daß auf jedem Wagen eine Kohlepfanne und noch etwas anderes stand - Teer? Pech? - und daß Bogenschützen Pfeile in die brodelnden Töpfe tauchten und mit den brennenden Pfeilen die Schiffe beschossen, die am Strand hinter dem Lager ankerten. Die Achaier rannten hinter den Streitwagen her, und es dauerte einige Zeit, bis sie die Absicht des Überfalls durchschauten. Dann erhob sich lautes Wutgeheul. Die Streitwagen hatten inzwischen den Strand erreicht, und einige Schiffe standen bereits in Flammen.
    Hektors gut gedrillte Truppen griffen die immer noch überraschten Soldaten Agamemnons an.
    Ein brennender Pfeil nach dem anderen landete in den Falten der zusammengerollten Segel der Schiffe, die sofort Feuer fingen. Die Seeleute waren nicht darauf vorbereitet, Brände zu bekämpfen; sie sprangen über Bord und trugen zur allgemeinen Verwirrung nur noch bei. Die Bogenschützen auf den Streitwagen schossen ihre Pfeile jetzt auf die feindlichen Zelte. Im ganzen Lager entstand ein ungeheures Durcheinander; man hörte laute Schreie, während die Männer halbherzig versuchten, die Brände zu bekämpfen und die Verwundeten in Sicherheit zu bringen. Eines der Schiffe (später erfuhr Kassandra, daß es Öl geladen hatte), war bereits bis zur Wasserlinie

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