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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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nicht in die Hände bekommen!« Die eigene Stimme klang ihr mit einem Mal fremd in den Ohren.
    Nun erinnerte sie sich ganz deutlich an ihre Gastgeber. Haßloch hatte seine Frau mit Gewalt bei den Wagen zurückgehalten und sie hinterher mit dem Rapier niedergestochen, um ihr die Schande zu ersparen. »Er hätte sie lieber in den Wald rennen lassen sollen!«
    Ehrentraud lachte bitter auf und wunderte sich, weil ihr die Ereignisse von damals nun in einem ganz anderen Licht erschienen. Wie im Fieber ließ sie die Feder über das Papier gleiten und beschrieb, wie Helene ihr das Kind weggemacht und was sich zwischen ihr und Johanna abgespielt hatte. Dabei wurde ihr klar, dass sie dieses Buch niemals ihrem Onkel zeigen durfte. Er würde entsetzt sein und sie zu vielen Bußgebeten und wohl auch zu körperlichen Strafen verurteilen. Für einen Augenblick erwog sie, die entsprechenden Seiten wieder herauszureißen und zu verbrennen, doch dann kam das durch nichts zu erklärende Verlangen wieder in ihr hoch, dem Papier alles anzuvertrauen, was ihr in den Sinn kam.
    Sie schrieb weiter, obwohl ihre Finger zu schmerzen begannen, und hörte erst auf, als sie die Ankunft der beiden Hexen und des Hexers schilderte. Nun wunderte sie sich darüber, wie leicht esHelene von Hochberg gefallen war, die Schwarzmagier zu sich zu rufen. Ihr Onkel hätte die drei niemals gewähren, sondern einsperren und als Diener Satans verurteilen lassen. Diese Erkenntnis verstärkte ihre Angst vor dem Weg, den sie nun beschreiten sollte. Eine Seite weiter vorne hatte sie Lohners missglückte Operation beschrieben. Während sie mit der Hand die wulstige Narbe berührte, die davon zurückgeblieben war, dachte sie daran, wie gut es Lohner gelungen war, Fannys Brandverletzung zu beseitigen, so dass nur noch ein weißer, leicht runzeliger Fleck übrig geblieben war. Warum hatte er das nicht auch bei ihr geschafft?
    »Daran war Portius mit seinen Salben schuld! Er hat mich bedrängt, das Zeug in die frischen Wunden zu schmieren!« Sie saß da, als wäre sie gegen eine Wand gelaufen. Nicht Hexerei war für ihre erneute Entstellung verantwortlich, sondern einzig und allein die Missgunst des beleibten Arztes, der seinem Konkurrenten den Triumph nicht hatte gönnen wollen – und ebendiesen Portius hatte ihr Onkel erneut zu ihr gesandt.
    »Nach dem, was ich ihm über Lohner erzählt habe, konnte er diesen nur noch abweisen.« Sie erschrak vor der Bitterkeit in ihrer Stimme, und ihre Gedanken glitten wieder zu jenem schrecklichen Tag zurück, an dem sie sich selbst verloren hatte. Warum bloß hatte sie Irmela die Schuld an ihrem Unglück gegeben? Sie hätte damals nur auf sie hören müssen, dann wäre das Entsetzliche nie geschehen. Daran war Johanna schuld, die schon lange vor dem Überfall ständig mit abfälligen Worten über ihre jüngere Verwandte gesprochen hatte, und sie begriff mit einem Mal, wie sehr ihre Freundin Irmela hassen musste. Helene blies ins gleiche Horn, denn sie hatte Irmela voller Berechnung beiseite geschoben und schlecht behandelt.
    »Das hätte ich früher erkennen müssen. Wäre ich klüger gewesen, hätte ich Irmela als Freundin gewinnen können, und gemeinsamwäre es uns gelungen, uns gegen Helene zu behaupten. So aber waren wir beide wie Gefangene den Launen dieser Frau ausgesetzt, und das bin ich immer noch. Ich habe keinen eigenen Willen mehr, sondern muss das tun, was Helene will.«
    Ehrentraud schrieb auch diese Worte auf, wartete dann, bis die Tinte getrocknet war, und legte das Buch in das Geheimfach zurück. Am nächsten Tag wollte sie ihre Liebe zu Fabian beschreiben und von ihren Träumen und Wünschen erzählen, die sich um ihn rankten. Doch wenn sich ihre Hoffnung, Fabians Frau zu werden, erfüllen sollte, musste sie die Behandlung der Hexen ertragen. Ihr graute vor dem, was ihr bevorstehen mochte, doch es war jetzt der einzige Weg, der ihr noch blieb.

VII.
    Major Kiermeier saß mit hochgezogenen Schultern auf seinem Stuhl und hielt einen Bierkrug mit beiden Händen fest. Aber er trank nicht, sondern starrte düster ins Leere. »Frau Meinarda hat also das Haus deiner Großmutter verlassen!«
    Es klang so entsetzt, dass Irmela es sich verkniff, ihn zu berichtigen und ihm zu sagen, es sei ihr Haus. Johannas Mutter hatte sich wie ein Blutsauger dort eingenistet, und es würde sie sicherlich viel Mühe kosten, die Frau daraus zu vertreiben. Für Johanna empfand sie eine gewisse Verantwortung, da sie die Tochter ihres Großvaters

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