Die Feuerbraut
hatte seine Sehnsucht nicht abgenommen. Er verzehrte sich nach ihr und sah in Irmela nur das Zerrbild einer Frau. Während Stephanies Schopf ihm bis zur Nasenwurzel reichte, war Irmela beinahe so klein wie jene Zwergin, die er als Junge am Hof des Pfalzgrafen gesehen hatte, und an den Stellen, an denen seine Geliebte schwellende Formen aufwies, war sie glatt und mager wie ein Kind. Auch konnten ihre schwarzen, reizlos aufgesteckten Haare gegen Stephanies prachtvolle goldene Flechten nur verlieren.
Ihm war durchaus bewusst, dass er Stephanie niemals erringen und wahrscheinlich auch niemals mehr wiedersehen würde, und als letzter Birkenfels war es seine Pflicht, seinen Stammbaumfortzusetzen. Also musste er heiraten, und eine Ehe mit einem Mädchen wie Irmela, das mit ihm aufgewachsen war und dessen Eigenheiten er kannte, war gewiss besser, als sich um eine fremde Erbin zu bemühen. Heimsburgs Schicksal musste ihm eine Lehre sein. Der Mann war immer tiefer gesunken, bis er zuletzt keinen andern Ausweg mehr gesehen hatte, als die einzig erreichbare Erbin zu entführen. Allerdings hatte Irmela ihm unerwartet scharfe Fänge gezeigt.
So viel Courage, eine Pistole zu nehmen und sich gegen den Entführer zur Wehr zu setzen, hätte er dem kleinen Mädchen niemals zugetraut. Die Tat erinnerte ihn an seine Mutter, die den Mörder seines Vaters erschossen und sich dann selbst den Tod gegeben hatte. Irmela schien so zu werden wie sie, und der Gedanke hatte etwas Tröstliches. Fabian gab sich innerlich einen Ruck und verneigte sich formvollendet. »Liebe Irmela, gewährst du mir vor deiner Abreise ein Gespräch unter vier Augen?«
»Das ist aber sehr ungehörig, junger Mann«, widersprach Dionysia von Kerling, die sich diesmal nicht übergehen lassen wollte.
Ein dunkler Schatten flog über Fabians Gesicht. »Ich werde die Tür offen lassen, so dass Ihr und alle, die es wollen, Irmela und mich sehen können. Meine Worte aber sind nur für Fräulein von Hochberg bestimmt.«
»Das muss aber etwas sehr Geheimes sein«, spottete Irmela. Sie nahm an, Fabian würde von ihr fordern, seiner blonden Schönheit in Wien eine Nachricht zu überbringen. Da aber würde ihm der Schnabel sauber bleiben, wie Fanny zu sagen pflegte.
Fabian begriff das Kuriose der Situation und haderte mit sich selbst, weil er das Gespräch mit Irmela immer wieder verschoben hatte. Allerdings hätte er auch da ihre Anstandsdame loswerden müssen. Also war dieser Zeitpunkt genauso gut oder schlecht wie jeder andere.
»Erlaubst du mir das Gespräch?«
»Auch wenn Ihr die junge Dame seit Eurer Kindheit kennt, würde es die Höflichkeit gebieten, sie mit Fräulein Irmela oder Komtesse anzusprechen.« Frau von Kerlings Tadel ging an Fabians Ohren vorbei. Er deutete eine knappe Verbeugung in ihre Richtung an und bot Irmela den Arm. »Es ist wichtig, Komtesse!«
»Für dich oder für mich?« Irmelas Lust, ihm zuzuhören, war gering, aber sie wollte dem Freund ihrer Kindertage und Lebensretter das Gespräch nicht verweigern.
Fabian spürte, wie Irmela die Stacheln aufstellte, und fluchte innerlich. Das war wirklich keine gute Stunde, um einen Heiratsantrag anzubringen. »Nun, vielleicht wirst du dich danach entscheiden, nicht so rasch abzureisen. Es ist nämlich so …« In dem Augenblick begriff Fabian, dass er sich bislang noch nicht den geringsten Gedanken gemacht hatte, wie er seine Werbung in Worte fassen sollte. Er konnte ihr doch nicht sagen, sein Freund Gibichen habe ihm zu einer Hochzeit mit ihr geraten, und Leidenschaft mochte er ihr nicht vortäuschen, wollte er nicht in Gefahr geraten, dass Irmela ihn auslachte. Am besten war es, wenn er so kühl blieb, als rede er über das Wetter. Fabian stand eine Weile stumm neben Irmela, obwohl Frau von Kerling, Kiermeier und Fanny den Raum bereits verlassen hatten und draußen auf dem Flur ein Gespräch begannen, ohne ihn und Irmela aus den Augen zu lassen.
»Zu welcher Sorte Fisch zählst du nun eigentlich?«, fragte Irmela mit einem Mal.
»Fisch, wieso?«, platzte Fabian heraus.
»Nun, weil du so stumm bist wie einer.«
Fabian griff sich an seinen Kragen und öffnete den obersten Knopf seines Hemdes, das ihn plötzlich einzuschnüren begann.
»Weißt du, ich … wir sind doch alte Freunde, oder?«
Irmela nickte, ohne etwas zu sagen.
»Auch sind unsere Familien seit langem eng miteinander verbunden.«
Verwundert sah Irmela ihn an. »Das ist richtig. Aber …«
Er unterbrach sie hastig. »Unsere Mütter
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