Die Feuerbraut
Hexentrank anzumischen, deren Rezept sie nur allein kannte. Obwohl sie selbst keine Veranlagung zu einem magischenTalent in sich spürte, bedauerte Helene, dieses Wissen nicht selbst zu besitzen. Mit diesem Mittel wäre es ihr sicher gelungen, ihren Einfluss auf den alten Johann Antonius von Hochberg zu behalten und dafür zu sorgen, dass dieser über ihre gelegentliche Untreue hinweggesehen hätte.
»So einen Zauber hätte ich damals brauchen können«, murmelte sie und wunderte sich, als die Hexe schallend zu lachen begann.
»Du meinst bei dem alten Mann, den zu betören ich dir geholfen habe? Ich hatte dich gewarnt! Bei einem Greis wie ihm erlahmt das Verlangen sehr schnell. Solche Männer sehnen sich mehr nach einer Hand, die ihnen den Rücken mit Salbe einreibt, als nach einem feurigen Liebesakt. Du aber warst von deinen Fähigkeiten als Hure allzu sehr überzeugt und hast später dafür büßen müssen.«
Helene zuckte erschrocken zusammen, weil die Alte ihre geheimsten Gedanken zu lesen schien, fiel dann aber in deren Lachen mit ein. »Es war ein Umweg! Nun stehe ich kurz davor, mein Ziel zu erreichen. Ist Irmela erst tot und begraben, werde ich einen einflussreichen Edelmann finden, der Johanna heiratet, und mir selbst den fetten Steglinger angeln, der mit jedem Monat, den der Krieg länger anhält, reicher wird. Bei diesen beiden Dingen wirst du mir ebenfalls helfen müssen.«
»Gerne«, antwortete die Schwarze, während Marthe eine Schnute zog.
»Zu was brauchst du mich noch, wenn die Mutter alles selbst machen soll?« Aus ihr sprach die Angst, die Schwarze Hexe würde die gesamte Belohnung erhalten und sie mit einem Bettel abspeisen.
Die Alte beruhigte sie jedoch. »Ich brauche dich ebenso dringend wie diesen Santini. Zwar ist der im Gegensatz zu dir reichlich unbegabt, doch kann er uns beiden zur Hand gehen. Wie dugehört hast, gibt es viel für uns zu tun, wenn die Wünsche unserer lieben Freundin Helene in Erfüllung gehen sollen.«
Ihre Worte klangen ein wenig spöttisch, als verachte sie ihre jetzige Auftraggeberin, weil diese ihren Körper hatte verkaufen müssen, um zu leben, während sie selbst mit Amuletten und Zauberpulvern gehandelt hatte. Doch als sie ihre eigenen Aussichten mit denen ihrer Gastgeberin verglich, verspürte sie doch einen gewissen Neid. Schon bald würde die einstige Hure überall als Gräfin Hochberg anerkannt werden und konnte ihre Tochter selbst am Hof in Wien einführen. Vor ihr aber lag ein unsicherer Lebensabend. Das Geld, das sie erspart und in ihrer Kleidung eingenäht hatte, konnte ihr geraubt werden, und wenn ein marodierender Soldat sie erschlug, würde ihr Ende weniger Aufsehen erregen als das eines Hirsches, der im Jagdrevier eines Adelsherrn gewildert worden war.
Helene las die Überlegungen der Hexe auf deren Gesicht und lächelte zufrieden. Die Frau mochte sich noch so selbstsicher geben, doch sie würde eine Hexe bleiben, deren man sich bediente und die man hinterher zum eigenen Besten schnell wieder vergaß.
VI.
Ehrentraud kehrte als Opfer ihrer Ängste und Hoffnungen in ihren Wohnraum zurück und setzte sich an den Tisch. Hinter ihr tauchte Johanna auf und versuchte, sie zu Zärtlichkeiten zu bewegen. Als sie mit ihren Fingernägeln über Ehrentrauds Narben strich, hielt diese ihre Hand fest.
»Tu das nicht! Die alte Hexe hat mich so gekniffen, dass es jetzt noch höllisch wehtut.«
»Hier auch?«, fragte Johanna und tippte gegen Ehrentrauds Brust.
»Fast noch mehr als im Gesicht. Bei Gott, es war, als würde ein Raubvogel mich packen. Dabei haben ihre Finger gestunken wie eine Mistgrube!« Die Erinnerung daran ließ die junge Frau schaudern. Sie fasste sich aber sofort wieder und sah ihre Freundin fragend an. »Glaubst du, dass die beiden Hexen mir meine Schönheit zurückbringen können?«
»Wenn nicht sie, dann kann es niemand. Mama sagt, die Alte wäre weithin berühmt für ihre Zaubermacht. Sie soll für etliche hohe Offiziere Amulette angefertigt haben, um sie hieb- und schussfest zu machen, und es ist ihr fast jedes Mal gelungen.«
»Aber nicht immer!«
Johanna machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das war aber nicht ihre Schuld. Ein Zauber wirkt nur so lange, wie der, den er betrifft, ihn nicht absichtlich oder aus Versehen beendet. Außerdem kann der Feind über einen noch stärkeren Abwehrzauber verfügen.«
»Aber wenn die Schwarze Hexe doch so stark sein soll, dürfte es kein Gegenmittel geben«, wandte Ehrentraud ein.
»Das
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