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Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)

Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)

Titel: Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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geprüft hatten.
    »Warum?«, fragte der Priester und sah mich aufmerksam an.
    »Die richtige Antwort wäre eine Frage: Warum sollte einer der beiden der Gnade des Gottes weniger bedürfen als der andere? Denn es ist die Gnade, die entscheidet, nicht die Gerechtigkeit.« Wieder wandte ich mich zum Gehen.
    »Haltet ein«, sagte der Priester erneut.
    Ich seufzte und deutete mit meinem Blick auf den Priesterschüler. »Solltet Ihr nicht ihm solche Fragen stellen?«
    »Er kennt die Antwort nicht. Ich habe nur noch eine Frage, Ser, dann könnt Ihr mit dem Segen Borons gehen.«
    »So stellt sie.«
    »Welcher von beiden, der alte Mann oder die junge Frau, bedarf der Gnade des Gottes?«
    »Sie.«
    »Warum?«
    »Das ist Eure dritte Frage, Priester.«
    »Warum?«, fragte er erneut.
    »Der alte Mann hat die Gnade bereits erfahren.«
    »Warum?«
    »Er ist alt und liegt im Kreis seiner Familie, sie beten für ihn, er wird geliebt. Diese Gnade erleben viele nicht.«
    Der Priester winkte den Schüler herbei und legte ihm die Hand auf die Schulter. Der Schüler senkte die Augen vor mir und räusperte sich. »Ich entschuldige mich, Ser, ich habe ungerecht von Euch gedacht.«
    Mit allem hätte ich gerechnet, nur nicht damit. »Es gibt nichts zu verzeihen. Ein Schüler lernt, damit er später lehren kann«, sagte ich. Er sah so geknickt aus, dass ich fast gegen meinen Willen lächeln musste. Wie oft hatte ich so dagestanden? Wie oft den gleichen Satz gehört? Ich warf dem Priester einen letzten Blick zu, er lächelte leicht. Irgendwie sind sie alle gleich, dachte ich, nickte ihm zu und ging die Treppe hinunter.
    Diesmal rief er mich nicht zurück.
    »Das war der Hohepriester des Gottes«, flüsterte Bernik, als ich mich zu der wartenden Tenet gesellte. Ich suchte meine Pfeife, fand sie und den Tabak in den Taschen der Uniform, an die ich mich noch immer nicht so ganz gewöhnt hatte, und stopfte den Pfeifenkopf, während ich nachdenklich hoch zum Tempel schaute, wo zwei junge Soldaten mit dem Tod rangen. »Er findet Zeit für einen Priesterschüler«, verkündete ich. »Das spricht für ihn.«
    »Das meinte ich nicht«, sagte der Korporal unbehaglich. »Ihr wart nicht sonderlich höflich zu ihm.«
    »Ich war nicht unhöflich«, antwortete ich, legte meinen Daumen auf den Tabak und rief die Glut herbei. Zu spät fiel mir ein, was Mendell mir über die Angst der Aldaner vor der kleinsten Magie erzählt hatte. Ich blickte mich verstohlen um, niemandem schien es aufgefallen zu sein, auch der Korporal achtete wenig auf meine Pfeife.
    Es war noch immer tiefste Nacht, und das hier konnte dauern. Ich suchte mir eine passende Stelle, fand einen Platz auf dem Sockel einer Laterne, hängte Seelenreißer aus und setzte mich auf die Stufe. Als ich das Schwert neben mich stellte, fiel es klirrend zu Boden. Ich sah völlig perplex hinab, bemerkte die gewöhnliche Klinge in der vertrauten Scheide, seufzte und legte sie mir über die Beine.
    Andere konnten in die Tempel der Götter hineingehen, ihren Gott verehren und unbehelligt wieder hinausmarschieren. Wenn ich hingegen auch nur in die Nähe eines Tempels kam, fand sich bestimmt ein Priester, um mich in irgendwelche Gespräche zu verwickeln. Wenigstens hielt mich Devon nicht mehr für einen Nekromanten, allein dafür hatte es sich gelohnt, dieses alte Spiel erneut zu spielen.
    »Es sind doch die Priester, die die Antworten auf die Fragen kennen«, brummte ich leise. »Warum stellen sie immer diese Fragen?«
    »Ser?«, kam es von Bernik.
    »Nichts«, sagte ich. Ich sah auf zu ihm, er stand gerade da, als wäre er zum Appell angetreten. Der Rest der Tenet war seinem Beispiel gefolgt und stand stocksteif in der Gegend herum. »Bernik, sucht Euch eine Stufe und macht es Euch bequem. Eure Leute auch. Es wird noch länger dauern.«
    »Ser?«, fragte Bernik zögernd. »In der Dienstvorschrift steht, dass ein kaiserlicher Soldat jederzeit die Bereitschaft und Entschlossenheit zum Schutz des Reichs darzustellen hat, zu der ihn sein Eid verpflichtet!«
    »Die Füße tun Euch nicht weh? Die Schultern sind nicht verspannt, der Helm drückt nicht, und auch das Schwert ist nicht zu schwer geworden? Setzt Euch, Korporal, denn an den Stufen zum Tempel Borons sehe ich die Sicherheit des Reichs gerade wenig gefährdet.«
    Es gab erleichterte Seufzer und einiges an Geklapper, als die Tenet sich setzte. Er mochte recht haben – als die zehn Soldaten in Reih und Glied gestanden hatten, hatte es beeindruckender

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