Das Horror-Hirn
Joggen – für viele Menschen ist es die große Leidenschaft. Für mich weniger, denn ich bin der Meinung, dass mein Beruf genügend Action und Bewegung mit sich bringt. Deshalb hatte ich bisher gut auf das Joggen verzichten können.
Nicht aber Glenda Perkins. Sekretärin und Assistentin zugleich. Einmal ist keinmal, hatte sie stets wiederholt und mir außerdem von ihren eigenen Erfolgen berichtet. Wie gut ihr das Laufen tat, dass sie schon abgenommen hatte und den Abend viel besser genießen konnte, wenn sie vom Joggen nach Hause kam. Besonders im Frühling machte es großen Spaß, wenn die Kälte vorbei war und auch noch am Abend die Sonne ihre Strahlen schickte.
Ich hatte mich oft aus dienstlichen Gründen herausreden können, was im Übrigen auch stimmte, weil ich am Abend und in der Nacht genug unterwegs war.
Aber es gab auch Tage, die man im Büro verbrachte, und genau darauf hatte Glenda spekuliert.
»Einrosten. Am Schreibtisch sitzen. Sich durch Papiere und Akten quälen, John. Abends nach Hause kommen, trotzdem kaputt sein und sich fragen, was habe ich überhaupt gemacht? Wenn du dann joggst, fühlst du dich gleich besser.«
»Meinst du?«
»Sicher doch. Du brauchst es nur auszuprobieren.«
»Gut, ich bin dabei.«
»Herrlich.« Sie strahlte. »Wann?«
»Keine Ahnung, Glenda. Wenn es passt.«
Es passte irgendwann. Der Tag war gut, ich brauchte nicht weg, und schon am Morgen hatte mich Glenda angerufen und mich daran erinnert, dass wir nach Feierabend losjoggen würden und ich unbedingt an die Klamotten denken sollte.
»Alles klar.«
So etwas Ähnliches wie einen Jogging-Anzug hatte ich. Die entsprechenden Schuhe auch. Zwar entsprachen die Utensilien nicht der neuesten Mode, aber sie passten, und alles andere war mir im Prinzip egal. Ich wollte ja keinen Schönheitswettbewerb gewinnen.
Den Tag verbrachte ich im Büro mit allem möglichen Schreibkram. Suko, der Bescheid wusste, erkundigte sich süffisant, ob ich nicht lieber mit ihn zum Training gehen wollte.
Da lehnte ich ab, denn in den Ring zu steigen, war auch nicht mein Ding. Dann lieber laufen . Am frühen Abend und an einem Ort, der von Joggern nicht überfüllt war. Glenda hatte da ihre Erfahrungen. Sie hatte von den Themseauen gesprochen, und ich wollte sie mit meinem Rover bis ans Ziel mitnehmen.
An diesem Tag glitt mein Blick öfter als gewöhnlich in Richtung Bürofenster. Bei diesem blauen Himmel war es wirklich eine Schande, die Stunden zwischen den Bürowänden abzusitzen, aber das alles ließ sich ertragen.
Ich beschäftigte mich mit Aufarbeitungen, schrieb kurze Berichte und telefonierte auch mit den Conollys, wobei ich nur Sheila erreichte, denn Bill war unterwegs.
Als sie von meinen abendlichen Plänen erfuhr, war sie Feuer und Flamme. Sie hätte gern gehabt, dass ihr Mann Bill mitjoggte, weil sie der Ansicht war, dass er zu viel Rost ansetzte, aber technisch war das nicht möglich. Bill hatte sich bis zum späten Abend abgemeldet.
Also musste ich mit Glenda allein los.
War ja auch nicht schlecht, wenn ich ehrlich sein sollte, denn nach der ersten Jogging-Lektion war der Abend noch nicht beendet. Da konnte man durchaus noch etwas unternehmen.
Als sie zwischendurch ins Büro kam, fragte ich sie danach. »Was machen wir denn nach der Laufarbeit?«
Sie gab sich erstaunt. »Wieso?«
Ich grinste breit. »Naja, dann ist der Abend noch nicht beendet. Man könnte etwas unternehmen.«
»Du wirst kaputt sein.«
»Meinst du?«
»Klar. Das passiert immer beim ersten Mal. Du wirst froh sein, wenn du dich wieder hinlegen kannst. Das Laufen ist richtige Arbeit. Lass es dir gesagt sein.«
Ich hob die Schultern. »Du musst es ja wissen, Glenda. Du alte Jogging-Queen.«
»Klar.«
Ich ließ nicht locker. »Aber man bekommt doch Durst.«
»Dagegen gibt es spezielle Getränke. Verlass dich nur auf mich.« Wissend lächelnd zog sie sich zurück.
Ich konnte nur meinen Freund und Kollegen Suko, der mir gegenübersaß, anschauen.
»Kein Mitleid, John. Das hast du dir selbst eingebrockt. Aber es wird dir wirklich Spaß machen.«
»Jetzt fängst du auch noch an.«
»Klar.«
»Wenn es zu schlimm kommt, wirst du mich morgen früh hier im Büro nicht mehr sehen. Dann bin ich platt. Dann bleibe ich zu Hause. Da kannst du mich vertreten.«
»Mache ich doch glatt.«
Ich winkte ab. »Niemand liebt mich heute. Alle wollen mir was. Aber ich ziehe durch, was ich mir eingebrockt habe. So oder so. Da gehe ich bis an das Limit.«
»Super.«
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