Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
nicht, der Weltenstrom wäre aus den Fugen geraten?«
»Ja«, bestätigte ich, während ich wieder diese riesige Kammer vor meinen Augen sah, die Kristalle im Wolfstempel, und an Leandras Erklärung von der Erdmagie dachte, die durch diese hohle Säule aufstieg, um den Vulkan gefangen zu halten. Was, wenn die Magie dort gestört und der magische Bann auf dem Vulkan gebrochen war?
»Entschuldigt, Stabsmajor Mendell«, fragte Sieglinde höflich. »Ich habe die alten Balladen und Legenden studiert, und es gibt dort etwas, das mich beunruhigt. Wenn ein Vulkan im Meer ausbricht, was geschieht mit den Schiffen, die ihm nahe sind? Gibt es nicht meistens eine Flut oder so etwas?«
»Das kommt auf den Ausbruch an. Wenn es ein großer ist … O Götter«, stammelte er und sah gebannt zum Fenster hinaus. In der Ferne flackerte der Himmel auf einmal rot auf, im nächsten Moment stieg eine schwarze Wolke turmhoch empor. Selbst vor dem Nachthimmel war sie noch gut zu sehen, denn das rötliche Flackern dauerte an, dann weitete sich die Wolke plötzlich, war aber diesmal viel heller.
»Schließt die Fenster, macht alles dicht und fest, was ihr nur finden könnt!«, rief Mendell hastig, er war kreidebleich geworden.
»Aber …«, begann ich.
»Keine Zeit!«, schnitt er mir das Wort ab. »Wir müssen das Schiff bereitmachen, bevor die Flutwelle kommt!«, rief er und stürzte aus der Kabine. Über uns war Elgata an Deck, sie hatte wohl auch verstanden, was dieser ferne Lichtschein uns androhte, denn sie rief bereits Befehle. Ich spürte, wie das Schiff sich auf die Seite legte, als das Ruder hart herumgeworfen wurde.
Selbst als wir das schwarze Schiff angegriffen hatten, war es ruhiger zugegangen. Ich meinte diesmal, so etwas wie Panik in den Rufen zu hören.
Ich schloss schnell die Fenster und zog die dicke Decke davor, eilte zu einer Truhe und nahm Nagel und Hammer heraus, um erst die Fenster zu vernageln und dann die Decke noch davor zu befestigen.
Eine Seeschlange steckte den Kopf zur Tür herein. »Verriegelt die Tür und dichtet jede Ritze ab, so gut ihr könnt!«, rief er und verschwand schon wieder.
Ich tat einen Schritt zur Tür, ein tiefes Grollen und Brausen kam auf, erst leise und fern, dann nah und unbeschreiblich laut, dann hoben sich die Planken unter mir und stieg der Bug steiler und steiler empor, bis ich gegen die Wand zwischen den beiden Fenstern fiel.
Auch die anderen verloren ihr Gleichgewicht, verzweifelt versuchten sie, Halt zu finden. Ich sah entgeistert zu, wie die Laterne an ihrem Haken immer weiter auspendelte, bis sie fast parallel zur Decke hing, dann spürte ich das Schiff hintenüber durchsacken. Links und rechts neben mir machte die See sich einen Scherz aus meinem Nagelwerk, als sich auf ganzer Fensterbreite Wassersäulen in die Kabine drückten. Die Laterne erlosch, das kalte, dunkle Wasser erfasste mich und schleuderte mich gegen etwas Hartes. Ich kam nicht einmal mehr dazu, zu fluchen.
Als ich dieses Mal erwachte, benommen wie ein nasser Hund, wusste ich, dass Götter wahrhaftig Wunder wirkten, denn ich lag noch immer in der Kabine der Schneevogel , und obwohl das Wasser knietief stand, war Luft zum Atmen da. Stöhnend, keuchend und prustend regten sich neben mir meine Freunde, doch mein erster Gedanke galt Leandra, die still neben mir im Wasser lag.
Einen langen Moment glaubte ich sie verloren, doch dann hustete sie und stöhnte auf.
Es war ein Wunder, dass die Schneevogel noch schwamm und wir noch lebten. Dennoch hatte sich das Meer seine Opfer geholt. Zusammen mit gut einem Dutzend anderer war Mendell ein Opfer der See geworden, als die riesige Welle uns unter Wasser drückte. Seine Familie würde diesmal vergeblich auf ihn warten. Elgata hatte nur überlebt, weil sie sich mit einem festen Tau ans Steuerrad gebunden hatte. Zu meiner Erleichterung fehlte Leandra nichts weiter, nur ein stechender Kopfschmerz begleitete sie die nächsten Tage.
Schlimmer war, dass auch Schiffsarzt Devon unter den Toten war. Wir fanden ihn im Krankenquartier, erschlagen von einem Balken, der sich durch das Deck gebohrt hatte. Zokora verdiente sich den redlichen Dank der Überlebenden, als sie zusammen mit Varosch und Sieglinde unermüdlich mit Soltar rang, um ihm die eine oder andere Seele vorzuenthalten. An diesem Tag hatte er schon zu viele bekommen.
Auch Marcus, unser Pirat, war fort. Wo seine Zelle sich befunden hatte, war der Mast ins Deck gekracht und hatte eine Bresche geschlagen.
So also
Weitere Kostenlose Bücher