Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
Greifen entgegen. Ich wusste jetzt schon, dass mir wieder übel werden würde.
Selbst mit der hohen Geschwindigkeit, mit der die Greifen flogen, dauerte es gut eine Kerze, bis ich auf dem Wasser die dunkle Form zweier Schiffe ausmachen konnte. Mittlerweile war es Nacht geworden, nur noch vier oder vielleicht fünf Kerzen bis Mitternacht, dann würde Askir untergehen. Wenn Celan recht behielt.
Einer dieser Schatten war die Schneevogel . Mittlerweile erkannte ich ihre eleganten Linien auch aus dieser Höhe; das andere Schiff daneben war doppelt so groß, aber fast schon sinnlich in seinen Formen. Wie es fuhr, war nicht zu erkennen, denn es besaß weder Mast noch Segel.
»Was ist das für ein Schiff?«, fragte ich gegen den Wind Telos.
Der Greifenreiter schaute über die Schulter und grinste breit. »Es ist das Schiff des Prinzen!«
Wir landeten auf einem Deck, dessen klare Linien weder von einem Mast noch von Takelage durchbrochen wurden. Als die Greifen mehr oder weniger elegant niedergegangen und ihre Krallen tiefe Furchen in das polierte Holz des Decks gezogen hatten, standen neben weiteren Elfen dort auch Elgata und Mendell in ihren besten Uniformen. Sie lächelten, aber es war das ernste Gesicht einer Kriegerin im schweren Kettenmantel meiner Heimat, das mich überraschte. Nur die grün schimmernden Augen verrieten, wer sie war, denn die klaren Züge dieser Frau hatten nur noch wenig mit denen einer gewissen Wirtshaustochter gemein.
»Sieglinde!«, rief ich und zerrte ungeduldig an den Bändern, die mich auf dem Greifen hielten. Ich schaffte es gerade so, sie zu lösen und auf sie zuzugehen. Meine Beine waren taub, wie üblich nach einem solchen Ritt, und der leichte Seegang erschwerte es noch zusätzlich, aber wenigstens fiel ich nicht hin.
»Also hat Imra Euch gefunden«, sagte ich erfreut, als ich sie umarmte. Ich schaute mich suchend um. »Wo ist Janos?«
»Ihr habt Euch verändert, Havald«, meinte Sieglinde und musterte mich. »Ich erkenne Euch kaum wieder. Waren Eure Augen nicht grau mit einem blauen Stich darin?«
»Sie sind es immer noch«, winkte ich ab. »Was ist mit Janos?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie und schluckte. »Es kann sein, dass er tot ist.«
Damit hatte ich nicht gerechnet. Er und ich hatten unsere Meinungsverschiedenheiten gehabt, aber …
»Wie?«
»Es war ein Hinterhalt. Er blieb zurück, um mir die Flucht zu ermöglichen«, antwortete sie ruhig. »Ich bete jeden Tag, dass er noch lebt, aber der Krieg ist nun mal so. Das wusste er auch.«
Nein, dachte ich mit stillem Bedauern, das war nicht mehr die Wirtshaustochter, die mit ihrer Geige sogar Räuber und Banditen bezaubern konnte. Sie hatte etwas verloren und zugleich etwas gewonnen, aber ich war mir nicht sicher, ob der Tausch ein gerechter war.
»Wir reden später«, sagte sie und wies mit ihren Augen auf Elgata und Mendell. Ich nickte, trat auf die beiden Marineoffiziere zu und bedauerte es insgeheim, dass sie mich herzlicher begrüßten, als es Sieglinde getan hatte.
Aber Elgata und Mendell waren auch nicht von mir in ein vom Feind besetztes Reich geschickt worden, um dort jemanden zu verlieren, den sie liebten.
Kaum waren alle Greifen auf dem Deck des Schiffs gelandet, brachte uns ein Boot zurück auf die Schneevogel .
»Wir werden uns später treffen«, versprach mir Imra. »Verzeiht die Eile, aber wir wollen nicht gesehen werden.« Er klopfte auf das schimmernde Holz der Reling seines Schiffs. »Sie soll für unseren Feind eine Überraschung bleiben.«
Es dauerte nicht lange, bis wir uns alle an Bord der Schneevogel einfanden, fast zu viele für das Achterdeck, aber Elgata schien es diesmal nicht zu stören, solange wir dem Steuermann Raum für seine Arbeit ließen.
Wir sahen schweigend zu, wie das Elfenschiff sich lautlos in Bewegung setzte. Unter den Wellen bemerkte ich ein helles Band aus Licht, das vom Bug bis zum Heck zu pulsieren schien, und je schneller es pulsierte, desto schneller glitt das Schiff davon, bis es in überraschend kurzer Zeit nicht mehr zu sehen war.
»Ich gäbe meinen linken Arm für dieses Schiff«, sagte Elgata und seufzte, bevor sie mich vorwurfsvoll ansah. »Ihr hättet uns ruhig warnen können, General.«
»Das hätte ich getan, wenn ich gewusst hätte, vor was ich warnen soll«, entgegnete ich, sah mich um und suchte Serafine im Kreis meiner Freunde. Fast schien es mir, als wollte sie sich wegducken, als unsere Blicke sich trafen. »Denn ich würde auch gern wissen, was hier
Weitere Kostenlose Bücher