Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
Planken zu vernehmen.
Hinter uns sahen wir vier weitere Jagdboote, das Wasser schäumte an ihren Rudern, als sie verzweifelt versuchten, uns einzuholen, doch die Lanze war zu schnell, und sie fielen zurück.
Vor uns weitete sich der Gazar, bis die Ufer nicht mehr zu sehen waren. Das Schiff begann sich zu heben und zu senken, zuerst nur wenig, dann mehr und mehr … der Bug hob sich, sackte durch und kippte zugleich seitlich weg, um sich wieder aufzurichten. Das Segel knallte über unseren Köpfen, und das Schiff neigte sich unter dem Druck des Windes zur Seite, als ob die Lanze erst jetzt in ihrem Element wäre. Eben noch war die Luft warm gewesen, jetzt nahm der Wind zu, und es wurde merklich kühler.
»Götter«, hauchte Deral ergriffen, »was für ein Ritt!«
Als der dunkle Schatten der Seefeste hinter uns verschwand, kümmerte mich das wenig, denn ich starb gerade an der Reling und opferte mein letztes Mahl den Fischen.
9. Treibjagd
»Es geht vorbei, Esseri«, erklärte mir Deral wenig später. »Meistens jedenfalls.«
Noch während er mir diese tröstliche Kunde mitteilte, hob sich mein Magen erneut, und ich hastete zur Reling, windabwärts, eine Lektion, die ich beim ersten Mal hatte lernen müssen. Ich hatte nicht mehr viel, das ich den Fischen spenden konnte, doch mein Magen schien das nicht einsehen zu wollen. Ich entschied, dass es besser war, hier zu sterben, ließ mich dort an der Reling aufs Deck sinken und versuchte verzweifelt, die Welt mit dem schwankenden Deck in Einklang zu bringen.
Zokora kniete sich vor mich. »Du siehst übel aus, Havald. Vielleicht solltest du etwas essen«, sagte sie und hielt mir eine Dörrwurst hin. »Es ist schlecht, wenn der Magen leer ist. Er frisst sich dann selbst auf.«
Mein Blick hätte sie töten sollen, so aber wich sie nur elegant aus, als ich sie zur Seite schieben wollte und sich doch noch etwas fand, das ich von mir geben konnte.
Als ich mich wieder aufs Deck sinken ließ, fand sich unsere Passagierin neben mir. Sie sah mich teilnahmslos aus diesen mandelförmigen Augen an, dann wandte sie den Blick ab und erstarrte in der gleichen Pose wie zuvor.
Sie hatte mir nichts getan, dennoch hätte ich sie erschlagen können. Doch dazu fehlte mir die Kraft.
Die Götter hatten ein Einsehen mit mir. Als die Sonne über dem Wasser aufstieg, weilte ich noch immer unter den Lebenden. Während ich gelitten hatte, waren sowohl Leandra als auch Serafine gekommen, um mir Beistand zu leisten. Ich hatte sie wie ein verletztes Tier angeknurrt und verscheucht, ich wollte nur in Frieden sterben. Jetzt, als ich mich vorsichtig auf zitternden Knien erhob und zu den anderen gesellte, beobachteten sie mich, als ob ich jeden Moment erneut nach ihnen schnappen könnte. Zokora hatte sich zum Schlaf gebettet, und Varosch befand sich im Bug und unterhielt sich dort mit Angus.
Ich mühte mich zu einem fest verzurrten Fass an der Seite, hob den Deckel an, versenkte die Kelle in dem kühlen Nass und war dankbar dafür, mir den Geschmack aus dem Mund zu spülen.
Noch immer hob und senkte sich mein Magen, an Essen war noch nicht zu denken, doch es wurde besser.
Ich schloss den Deckel der Tonne wieder und hielt mich fest, während ich die Augen gegen das gleißende Licht der Sonne zusammenkniff. Um uns herum gab es nichts als Wasser, nur dort hinten war ein schmaler Streifen Land zu erkennen. Ein ordentlicher Wind wehte und füllte uns das Segel, die Luft selbst schmeckte salzig, und über uns kreisten Möwen und lärmten.
»Geht es dir besser, Havald?«, fragte Leandra vorsichtig, als sie neben mich trat.
»Etwas«, sagte ich, während ich zusah, wie einer von Derals Männern zwei längliche Packen in Segeltuch nähte. »Wie ist das denn geschehen?«, fragte ich. Ich erinnerte mich gar nicht an weitere Verluste.
»Als wir das Jagdboot unterpflügten«, erklärte sie mir ernst. »Die Soldaten des Turms starben nicht kampflos, ein paar von ihnen kamen noch dazu, ihre Armbrüste zu benutzen. Sinor hier bekam einen Bolzen ins Auge, er war sofort tot. Amandus, das ist der kleine Blonde mit dem quirligen Gemüt und dem breiten Lächeln, riss Serafine zur Seite, als ein Ballistenbolzen durchs Achterdeck fuhr. Vielleicht hat er ihr sogar das Leben gerettet. Ein Splitter traf ihn am Hals, und er verblutete, bevor wir etwas tun konnten.«
»Dann haben wir drei Leute verloren«, stellte ich fest. Es beschämte mich, dass sich Leandra die Namen der Männer gemerkt hatte, während ich
Weitere Kostenlose Bücher