Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
ihm?«
Sie lachte leise. »Aus dem gleichen Grund. Wie hoch ist der Blutzoll?«
»Neun tot, vier werden noch sterben, bei acht oder neun ist es ungewiss und von der Gnade der Götter abhängig. Gut zwei Dutzend sind verletzt, einige schwer.« Er kratzte sich am Kopf, sah verwundert auf seine blutige Hand herab und zuckte dann mit den Schultern. »Da waren eine Menge Pfeile in der Luft, Lanzenkapitän, Ser«, meinte er. Ein blutiges Rinnsal lief ihm aus dem Mundwinkel, er wischte es achtlos zur Seite.
»Sie hatten auch Speerschleudern«, bemerkte sie und schaute auf den toten Soldaten herab, der noch immer vor ihr kniete.
»Das«, meinte Amos grimmig, »habe ich auch bemerkt.«
Sie schloss erschöpft die Augen. »Wie steht es um das Schiff? Hat der Sporn gehalten?«
»Ja«, meinte Amos, hustete und stützte sich schwer auf das Geländer auf. »Der Sporn hielt, es gibt ein paar kleine Lecks, aber nichts, das uns gefährdet.« Er schaute in die Dunkelheit, dorthin, wo der gekenterte Feind treiben musste. »Ich dachte schon, Ihr fahrt mitten durch ihn hindurch«, meinte er. Er wankte, doch der Seegang war nicht der Grund.
»Devon soll sich um Euch kümmern, Amos«, sagte Elgata. »Jetzt! Das ist ein Befehl, hört Ihr?«
»Aye, Ser, Lanzenkapitän, Ser!«, stieß Amos hervor und schüttelte benommen den Kopf. »Sobald ich Luft bekomme, Ser«, sagte er und wischte sich schaumiges Blut vom Mund.
Ich trat an ihn heran und nahm ihn auf meine Arme. Ich wusste ja, wo sich der Arzt finden ließ.
»Ich bin kein Kind«, protestierte er flüsternd.
»Ich weiß. Ihr steht nur im Weg herum, das will ich ändern.«
»Na, wenn das so ist«, sagte er und schloss die Augen.
Die Kabine des Arztes enthielt fünf Kojen … Als er mir den Schädel zurechtgeschoben hatte, waren sie leer gewesen, jetzt lagen Verwundete in ihnen, auf dem Boden zwischen den Kojen und auch draußen im Gang. Als ich mich mit Amos auf den Armen durch die niedrige Tür zwängte, empfing mich die Hölle des Namenlosen. Auf dem lederbezogenen Bett lag eine weibliche Seeschlange, die gleichen Lederbänder, die zuvor mich gehalten hatten, fesselten nun auch sie. Sie schrie und weinte und schüttelte verzweifelt den Kopf. Vier kräftige Kameraden hielten sie fest, einer von ihnen weinte, aber er drückte sie unbarmherzig nieder, als Devon seine Säge über dem zerstörten linken Knie ansetzte. Der Feldscher sah zu mir hinüber, dann auf Amos.
»Er muss warten!«, rief er mir zu und zog die Säge durch. Die Frau schrie und zuckte in der mitleidlosen Umarmung ihrer Kameraden. Das tanzende Licht der Laternen, die Schreie, der Geruch von Blut, die abgetrennte Hand, die zu meinen Füßen über den blutigen Boden schlitterte, das alles war zu viel für mich. Ich suchte mir hastig eine Stelle an der Wand und rutschte mit Amos in den Armen an ihr herab, bis ich saß.
Amos öffnete unvermittelt die Augen. »Ihr habt wirklich keinen Magen für die Seefahrt«, bemerkte er und starb.
Ich saß dort und hielt ihn eine Weile, dann meinte ich staunend seine Seele zu sehen, wie sie sich aus seinem Körper löste, aufrichtete und sich traurig umschaute. Ich bildete mir noch ein, dass er mich mit einem schiefen Lächeln bedachte, dann blinzelte ich und er war fort.
Schwer erhob ich mich mit ihm.
»Ich habe gleich Zeit für ihn!«, rief der Feldscher, während er mit einem glühenden Eisen hantierte. Die Frau wimmerte nur noch leise. Ich vermied es, genauer hinzusehen, schüttelte nur den Kopf und trug Amos zur Seite, dort wo schon fünf seiner Kameraden still an der Wand lagen. Ich schloss ihm die Augen und ging wieder hoch an Deck.
Als ich das Achterkastell erreichte, fand ich dort nur Mendell am Steuer vor und zwei andere Seeleute, die den Toten von dem Speer lösten.
»Was ist mit dem Lanzenkapitän?«, fragte ich.
»Sie war vernünftig genug, ihre Kabine aufzusuchen, sie wird gerade verbunden«, teilte er mir mit. Er klang erschöpft.
»Wie geht es ihr?«
»Ein Bolzen hat ihr die Seite aufgerissen. Schmerzhaft, sicherlich, aber nichts, das ihr Leben bedroht. Was ist mit Amos?«
»Er ist tot.«
Mendell stieß einen Seufzer aus. »Hoffentlich war es das wert«, sagte er leise.
Gleich drei Blitze zuckten in der Ferne herab und erhellten die See. Wenige Lidschläge später rollte der Donner über uns hinweg. Ein weiterer Blitz zuckte über das Firmament, während ein Windstoß die Masten ächzen ließ. Gegen das gleißende Licht des Donners meinte ich, in der
Weitere Kostenlose Bücher