Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
der Dunkelheit, nur ihre Augen glänzten entschlossen.
Ich war nur ein Passagier, aber auch mich packte dieser Moment. Wir schossen auf das fremde Schiff zu, als wäre der Namenlose hinter uns her, höher und höher ragte das Heck des Riesen vor uns aus dem Wasser. Ein donnernder Schlag, und ein Bolzen flog davon, noch in der Luft entzündete er sich und schlug dann hart und weiß brennend in das Heck des Feindes. Noch immer gab es von dort keine Reaktion. Immer weiter hielt Elgata auf den Riesen zu, ein zweites Mal donnerte die Balliste. Dieser brennende Bolzen allerdings schlug nicht in die Bordwand ein, sondern traf durch glückliche Fügung eines der breiten Fenster oben im Heck, durchschlug es und landete im Innern.
Mendell gab einen neuen Befehl, und zu meinem Erstaunen wurden die Segel gerafft, die Leute zogen an den Tauen, als ob ihr Leben davon abhing. Immer näher kam der mächtige Rumpf mit seinem Ruder, das höher als unser Schiff war. Die Schneevogel verlor etwas Fahrt, aber nicht viel, und jetzt erst verstand ich, was Elgata vorhatte, und fluchte. Kein Wunder, dass Mendell ihren Plan kühn genannt hatte.
»Festhalten!«, rief er, aber ich klammerte mich ohnehin schon mit der Kraft der Verzweiflung an die Taue der Takelage.
Mit einem berstenden Geräusch, das alle Sinne erschütterte, fuhr die Schneevogel dem Riesen von hinten ins Heck, nur knapp vorbei an dem mächtigen Ruder, das uns sicherlich gespalten hätte, wenn Mendell den Kurs nicht so fein ausgerichtet hätte. Die Armbrustschützen schossen ihre Pfeile ab, ein Schauer von gut fünf Dutzend Bolzen stieg steil empor, über das hohe Heck hinweg, um irgendwo ungesehen einzuschlagen, die meisten dieser Bolzen entzündeten sich schon beim Abschuss.
Dieselben Soldaten, die soeben noch geschossen hatten, ließen ihre Armbrüste fallen und brachten in einem geübten Manöver große Ruder aus, ein guter Teil von ihnen allerdings hob schwere Schilde über sich und ihre Kameraden. Aus gutem Grund, denn jetzt regnete eine Wolke von Pfeilen und Bolzen auf uns herab, darunter auch, zu meinem Erschrecken, ein gutes Dutzend glühender Bolzen, die schwelend in der Deckbeplankung stecken blieben. Man hatte uns jetzt wohl doch bemerkt.
Einer der Schwertkadetten rannte herbei und schüttete einen Eimer über drei der glühenden Bolzen aus, ein weiterer Bolzen und ein Speer trafen ihn und nagelten ihn zuckend an Deck fest. Ich schlug einen Armbrustbolzen mit der Hand zur Seite, sodass er harmlos an mir vorbeisurrte, und duckte mich hinter die Reling. Kein Grund, dem Gegner noch ein Ziel zu bieten.
Vorn donnerte die Balliste, aus kürzester Entfernung schoss Amos einen Bolzen in ein Gelenk des mächtigen Ruders. Er schlug erst ein und entzündete sich dann in diesem weißen Feuer.
Die Schneevogel schwankte und knirschte, die Ruder bogen sich fast durch, als die Mannschaft sich gegen sie stemmte, eine Welle hob unser Schiff, es knirschte erneut, und mit einem Ruck waren wir frei.
»Das Ruder!«, rief Elgata zu Mendell und wies auf das Steuerruder des feindlichen Schiffs, das sich nur noch wenig bewegte, der Aufprall der Schneevogel hatte es zur Seite gedrückt, und Amos’ Bolzen hatte es dort fixiert. Mit gebleckten Zähnen warf Mendell unser eigenes Ruder nach Steuerbord herum, während die Soldaten an den langen Rudern ihr Letztes gaben, um mit purer Entschlossenheit und Willen die Schneevogel zurückzusetzen. Das riesige Schiff zog nach Backbord davon.
Über mir knallten die Segel, als sie herabfielen und sich mit Wind füllten, von vorn stieg ein weiterer brennender Bolzen auf, diesmal hatte Amos einen Wellenkamm abgewartet und schoss, als sich der Bug der Schneevogel anhob. Das feurige Geschoss flog hoch über die Bordwand des Feindes und traf durch Können oder glückliche Fügung einen der vier mächtigen Masten des schwarzen Schiffs.
Was auch immer dieses Drachenfeuer war, es brannte weiß, nicht rot, und es musste von ungeheurer Hitze sein, denn kaum einen Atemzug später standen dort oben am Mast des Feindes schon die schweren Taue in Flammen.
Die Schneevogel bockte wie ein Pferd, als der Wind die Segel ergriff. Hastig wurden die Ruder eingebracht, während das Schiff sich stark auf die Seite legte. Neben mir verschwand ein Teil der Bordwand mit lautem Bersten, eine tiefe Scharte im Deck entstand, wo eben noch drei Seeleute ihr Ruder einholen wollten. Mehr als Schatten hatte ich nicht gesehen, als die schweren Bolzen uns trafen.
»Roderic!«,
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