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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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sich gegen die Tür und legte ein Ohr an das Holz. Das Klirren sich kreuzender Klingen, Schreie, die dumpfen Schläge von Leibern, die zu Boden gingen.
    Was ging da vor sich? Waren sie entdeckt worden?
    Entsetzen überkam ihn, und seine Zähne begannen zu klappern, doch er kämpfte dagegen an. Nein! Er durfte jetzt nicht den Mut verlieren, sondern musste sich daran erinnern, was man ihn als Erstes gelehrt hatte, als er zu den Erweckten gestoßen war.
    » Sollte es jemals geschehen, dass man uns aufspürt, so setzt alles daran, unser Werk zu retten. Nur das zählt. Wir arbeiten an einem großen Plan, für ein Ziel, das über allem steht. Vergesst das nie. «
    So hatte der Seher gesprochen. Adrass schluckte: Unser Werk retten!
    Entschlossen stieß er sich von der Tür ab, hastete zu den Regalen an einer Wand des Räumchens, in dem er sich befand, und machte sich
daran, eilig die Pergamentseiten durchzusehen, die mit seiner winzigen, eleganten Handschrift dicht beschrieben waren. Einige steckte er in seinen ledernen Beutel, andere zerschnitt er. Dann wandte er sich den Fläschchen und Krügen mit den Tränken, getrockneten Kräutern und Ähnlichem zu. Arbeit von vielen Jahren steckte darin. Unmöglich, in diesem hektischen Moment das auszuwählen, was von den Mühen eines ganzen Lebens erhaltenswert war.
    Da lenkte ein Wimmern seine Aufmerksamkeit auf den Tisch in der Mitte des Raumes.
    Und mit einem Male wusste er es: die Kreatur! Sie galt es zu retten. Sie war das Einzige, was auf keinen Fall verlorengehen durfte. Das Einzige, was mehr zählte als ihr Leben, mehr als die langen, so oft vergeblichen Studien, die sie betrieben hatten. Sie war wichtiger als alles andere. Von jenseits der Tür drangen nun die Furcht- und Schmerzensschreie junger Mädchen zu ihm.
    Nein! Auch die werden nicht verschont!
    Er trat zum Tisch und löste die Lederriemen, mit denen die Kreatur gefesselt war. Grob umfasste er ihre Schultern und riss sie hoch.
    »Wach auf! Los! Wach auf!«, rief er, während er ihr ein paar Ohrfeigen versetzte. Doch sie lag weiter, die Augen halb geschlossen, reglos in seinen Armen.
    Der Lärm jenseits der Tür schwoll an. Offensichtlich kamen die Angreifer rasch näher.
    Adrass’ Herz begann zu rasen.
    »Auch wenn ich sterbe, unser Werk darf nicht verlorengehen! Auch wenn ich sterbe, unser Werk darf nicht verlorengehen …«, murmelte er in einem fort wie ein Mantra das Gebot, das man ihn bei seiner Aufnahme in die Schar der Erweckten gelehrt hatte.
    Was lässt sie sich so gehen? , dachte er verärgert, gegen jede Vernunft.
    Wieder riss er sie hoch und hob sie vom Tisch. Fast wäre sie ihm entglitten, doch er hielt sie noch und ließ sie zu Boden sinken. Nun bewegte sie ein wenig die Lippen.
    Adrass griff zu einer Flasche mit Wasser und schüttete es ihr ins Gesicht. Sie zuckte zusammen.

    »Wunderbar, so ist gut, sehr gut …, pass auf …«
    Wieder packte er sie an den Schultern, setzte sie auf und starrte ihr in die Augen. Ihr Blick war erloschen. Vielleicht war doch bereits alles zu spät … Augenblicklich verscheuchte er diesen Gedanken.
    »Hör zu, ich bringe dich jetzt von hier fort … Hörst du mich?«
    So etwas wie Verständnis schien in ihren Augen aufzuleuchten.
    »Gut, dann komm …«
    Da, erneut polterte es heftig jenseits der Tür, und Adrass schrak zusammen. Noch einmal griff er unter ihre Achseln und begann sie fortzuschleifen.
    Schließlich hatte er den Hebel in der Mauer erreicht. Er zog, und ein Teil der Wand sprang auf und gab einen engen Durchgang frei.
    »Komm, streng dich an, wir müssen hier durch«, forderte er sie auf.
    Dann bückte er sich, zwängte sich durch die Öffnung und zog die Kreatur ebenfalls in den Stollen hinein. Sie stöhnte, begann aber, sich auch selbst zu bewegen.
    »So ist es gut, komm …«
    Er voran und sie hinter ihm, krochen sie durch einen niedrigen Gang mit feuchten, moosbewachsenen Wänden. Der Kampfeslärm ebbte immer mehr ab, und Adrass’ Herzschlag beruhigte sich langsam.
    Ich kann es schaffen, ich kann es schaffen …
    » Hier entlang!«, rief er, als er an einer Ecke nach rechts abbog. Noch ein kurzes Stück kroch er weiter, bis er endlich auf eine Mauer stieß.
    »Da wären wir«, murmelte er, mehr an sich selbst als an die Kreatur gewandt. Mit zitternder Hand stieß er einen Backstein zurück, und augenblicklich öffnete sich vor ihm eine winzige Kammer. Schon packte er die Kreatur am Arm und zog sie hinein. Sie stöhnte, und als er zufällig ihre Wange

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