Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
schaffte es, sich auf eine Seite zu drehen. Dabei stöhnte jeder noch so kleine Muskel, und der Schmerz nahm ihr den Atem. Blinzelnd versuchte sie, etwas genauer zu erkennen, und nach und nach zeichneten sich in dem grellen Weiß ein entblößter, blasser Arm ab, der sich auf dem Gras abstützte, sowie zwei schlanke, sehnige Beine, die von einem fleckigen Hemd nur wenig verhüllt wurden.
Wo bin ich?
Eine einfache Frage, die sie jedoch mit Schrecken erfüllte.
Denn sie wusste keine Antwort darauf. Lange betrachtete sie die von den Sonnenstrahlen beschienene Hand und nahm nun die Farben deutlicher wahr: das Blassrosa der Haut, dann das grelle Grün des Grases, die unbestimmbare Farbe des Hemdes, das sie am Leib trug.
Wer bin ich?
Keine Antwort. Angst packte eiskalt ihre Schläfen. Unwillkürlich legte sie eine Hand auf die Brust, auf die Stelle, wo sie ihr aufgewühltes Herz schlagen spürte. Und fuhr über ihre Brüste, die klein waren und fest.
Ich bin eine Frau .
Das begriff sie, und doch fühlte sie keine Erleichterung. Sie blickte sich um. Der Himmel war tiefblau und völlig wolkenlos. Die Wiese um sie herum schien grenzenlos weit, hier und dort erblickte sie das zarte Weiß von Margeriten und das satte Rot einiger Mohnblumen.
Niemand war zu sehen.
Sie versuchte, sich zu erinnern, sich Namen ins Gedächtnis zu rufen, vielleicht ein Gesicht, irgendeinen Ansatzpunkt, der ihr dabei helfen konnte, bekannte Bilder entstehen zu lassen. Nichts.
Immer heftiger spürte sie einen Schmerz in der Seite, auf der sie lag, so als bohre sich ihr dort etwas ins Fleisch. Wieder drehte sie sich auf den Bauch und führte eine Hand zu der schmerzenden Stelle. Da fühlte sie einen länglichen, rauen Gegenstand, der an einem Band um ihre Taille hing und aus einem Material bestand, das sie nicht benennen konnte.
Darum wirst du dich später kümmern, steh erst einmal auf , befahl ihr eine innere Stimme. Sie legte eine Handfläche auf das Gras. Erst jetzt fiel ihr die Rötung auf, die sich wie ein Armband um ihr Handgelenk zog. Unwillkürlich fuhr sie mit einem Finger darüber, zog ihn jedoch sofort wieder zurück. Die Stelle schmerzte entsetzlich. Und auch am anderen Handgelenk war die gleiche Rötung sichtbar.
Das ist jetzt unwichtig, du musst aufstehen , drängte die Stimme weiter. Als sie auch die andere Hand aufstützte, stöhnten die Armmuskeln und ebenso die der Beine, die sie jetzt anzog. Doch sie biss die Zähne aufeinander und begann sich mühsam hochzustemmen. Es tat höllisch weh, und sie keuchte und klagte bei der kleinsten Bewegung, wenn sich der Schmerz wie ein Stilett in ihr Fleisch bohrte. Dabei fiel ihr auf, dass auch die Fußgelenke von den gleichen roten Ringen gezeichnet waren.
Rote Haut. Das hat etwas zu bedeuten. Aber was, hätte sie nicht sagen können.
Taumelnd kam sie auf die Beine und sah sich um. Sie stand auf einer Wiese und hatte keine Ahnung, wie sie dorthin gelangt war, wusste nicht, wo sie sich befand, ja noch nicht einmal, wer sie überhaupt war. Als sie den Blick über Brüste, Arme und Beine bis zu den Füßen hinabwandern ließ, wunderte sie sich, dass dies ihr Körper sein sollte. Sie erkannte ihn nicht wieder. Er war ihr völlig fremd. Noch nicht einmal die Erkenntnis, dass sie ein weibliches Wesen war, brachte sie weiter. Sie trug ein langes, gras- und blutbeflecktes Hemd. Und nichts darunter. Um die Hüften jenes Band, an dem dieser längliche Gegenstand hing, auf dem sie gelegen hatte. Er wies einen Griff auf, den sie jetzt zögernd mit einer Hand umfasste. Ihre Finger schlossen sich darum und zogen, und mit einem schwachen Schaben kam ihr etwas entgegen, das in der Sonne silbrig funkelte. Sie kniff die Augen zusammen und betrachtete den Gegenstand. Der Griff war warm, von brauner Farbe und lag perfekt in der Hand. Der untere Teil, den sie hervorgezogen hatte, war hingegen aus einem anderen Material gefertigt, das glänzte und sich kalt anfühlte. Er war wie eine Schlange gewunden und mit eigenartigen Symbolen, die ihr nichts sagten, verziert. Als sie mit einem Finger über die Kante des kalten Teils fuhr, durchzuckte sie ein Schmerz. Rasch zog sie ihn zurück und sah, dass sich ein roter Strich darauf abzeichnete. Da dämmerte es ihr.
Das ist ein Dolch .
Der Gegenstand, den sie gerade hervorgezogen hatte, war dazu gedacht, jemanden zu verletzen und sich zu schützen, wusste sie aus irgendeinem Grund. Doch im Augenblick brauchte sie ihn nicht. Sie steckte ihn zurück und sah sich
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