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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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uns lassen, höre ich Rufe, vielleicht auch Schreie. Was, wenn sie die Feuersbrunst nicht unter Kontrolle bekommen?
    Kurz erwäge ich, Hector zu befehlen, dass er umdreht und uns an Land bringt, damit ich mich dafür verantworten kann, was ich getan habe, und damit ich es wiedergutmachen kann. Aber dazu ist jetzt keine Zeit. Ich muss den Weg finden, der zum Leben führt, und zum zafira gelangen; davon hängt das Schicksal meines Landes ab. Ich hoffe nur, dass ich dann, wenn mir das gelungen ist, nicht auf eine zu lange Liste von Unrecht blicke, das ich wieder ins Lot bringen muss.
    Wir rudern über die Bucht, schlängeln uns zwischen riesigen Schiffen dahin. Oben an Deck und in den Wanten sind schon Menschen bei der Arbeit, obwohl es noch Nacht ist. Schattenhafte Umrisse stehen an der Reling und sehen zu der Feuersbrunst hinüber. Sicher werden sie uns jeden Augenblick entdecken und sofort erkennen, dass wir nicht hierhergehören.
    Aber das tun sie nicht. Als wir die Bucht verlassen und uns entlang der Küste nach Süden halten, nimmt der Himmel allmählich ein dunkles Indigoblau an, das in Richtung Horizont über dem Meer in tiefes Schwarz spielt. Schattenumlagerte, aber prächtige Landsitze schmücken die geschwungenen Hügel und Klippen über uns mit weinbewachsenen Rankgittern, Marmorstatuen und Sandsteinterrassen. Bald schon sind wir auch an ihnen vorüber. Das Wasser ist ruhig, und kein einziges Schiff ist zu sehen. Wir sind allein auf dem weiten Meer in einer kleinen Nussschale.
    Hectors Atem klingt allmählich angestrengt. Als die Sonne sich über die Hügel schiebt, fängt sich ihr Licht auf dem Schweiß auf seiner Stirn und seinen Schultern. Er schließt die Augen, beißt die Zähne zusammen und rudert weiter.
    Auch Belén kämpft inzwischen. Schweiß rinnt von seinem Haaransatz, vermischt sich mit getrocknetem Blut und Dreck und überzieht sein Gesicht mit einer grauenvollen Patina aus Rot und Schwarz. Es muss sehr viel Blut gegeben haben, wenn noch immer etwas an ihm klebt, obwohl er unter dem Gitter hindurchgetaucht ist.
    Ich frage mich, wann sie das letzte Mal geschlafen haben? Letzte Nacht auf keinen Fall, da beschattete Belén einen Spitzel aus Invierne, und Hector bereitete eine Flucht vor, die wir dann viel zu schnell antreten mussten.
    » Hector.« Ich beuge mich vor und berühre sein Handgelenk.
    Er zuckt zusammen und sieht auf, blinzelt sich den Schweiß aus den Augen.
    » Ruht Euch aus«, sage ich. » Ihr beide. Wir sind im Augenblick allein hier draußen und haben nichts zu befürchten.«
    » Wir müssen weitermachen«, widerspricht er. » Felix’ Schiff wird…«
    » Ich befehle Euch eine Ruhepause. Ich brauche Euch später aufmerksam und hellwach. Mara und ich werden eine Weile rudern. Und wenn ein Schiff in Sicht kommt, dann wecken wir Euch.«
    Er nimmt den Stoff seines Hemds und wischt sich damit die Augen, und unwillkürlich fällt mein Blick auf seine Bauchmuskeln– gebräunt und fest von den vielen Stunden Fechtübungen. Ich muss schlucken.
    Hector lässt den Riemen in seinen Schoß sinken und bewegt die Schultern, um die Muskeln zu lockern. » Habt Ihr schon einmal gerudert?«
    » Nein.«
    » Mara?«
    » Ich auch nicht«, antwortet sie.
    » Ich weigere mich, so ein Ding in die Hand zu nehmen«, erklärt Sturm.
    » Wir schaffen das schon«, sage ich. » Macht die Augen zu, damit Ihr nicht seht, wie schrecklich wir uns dabei anstellen.« Es stimmt mich froh, das Aufflammen seines versteckten Lächelns wahrzunehmen.
    » Dann tauscht den Platz mit mir«, sagt Hector.
    Wir stehen beide auf, und das Boot schwankt gefährlich. Er hält mich fest, damit ich nicht umfalle, und wir schaffen es irgendwie, uns aneinander vorbeizuschieben. Ich setze mich auf die Bank und nehme den Riemen. » Es ist jede Menge Wasser in meinem Rucksack«, sage ich. » Bedient Euch. Ihr solltet die Schläuche aber erst abspülen, sie sind von außen mit Abwässern besudelt.«
    Er tut das, während nun auch Mara und Belén die Plätze tauschen, und dann rutscht er unter eine Bank, zieht sich meinen Rucksack als Kissen unter den Kopf und schließt die Augen. Belén streckt sich neben ihm aus. Mara nimmt ihren Riemen, und nach einigem sinnlosen Herumgespritze und ein paar harten Schlägen gegen den Bootsrand arbeiten wir uns langsam weiter nach Süden vor.
    Als die Sonne aufgeht, wird die Wasseroberfläche so brennend hell, dass sie beinahe blendet. Wie wollen wir hier draußen jemals ein Schiff finden? Was ist, wenn

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