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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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Allmählich können wir hier draußen immer mehr erkennen, als ob alle Kerzen und Lampen von Puerto Verde das Wasser erleuchten würden. Vielleicht tun sie das auch, nach dem Tumult, für den wir gesorgt haben. Ich hoffe, Ximena ist in Sicherheit. Und Tristán. Und das Mädchen, das sich für mich ausgibt.
    An seinem äußeren Ende ist der Wellenbrecher in einem schlechten Zustand. Als wir darum herum waten, stoße ich mir die Zehen immer wieder an Steinen oder Mörtelbrocken, die ins Wasser gerutscht sind, und ich achte auf meine Schritte, damit ich mir nicht den Knöchel verstauche.
    Der Kai gibt uns jetzt Sichtschutz. Tatsächlich fällt der Grund hier sehr steil ab, und es fühlt sich an, als würde man am Rand eines Berggrats entlanggehen. Ich halte mich an den Pfählen fest, und die Seepocken kratzen scharfkantig gegen meine Fingerspitzen.
    Entlang des Pfahlwerks arbeiten wir uns in tieferes Wasser vor, bis es uns ungefähr bis zur Brust reicht. Endlich zeichnet sich ein Umriss in der Düsternis ab. Es sieht aus wie ein kleines Fischerboot oder vielleicht auch ein großes Ruderboot, auf dessen Bänken acht Personen Platz haben.
    Hector hebt Mara über den Rand, und das Boot neigt sich tückisch, als sie über eine Bank stolpert, bevor sie einen sicheren Platz findet. Nun zieht Hector mich vor sich.
    » Stützt Euch auf den Rand«, sagt er mir ins Ohr und packt meine Hüften. » Wenn ich Euch hochhebe, dann schwingt Ihr Eure Beine darüber.«
    Er stemmt mich hoch, und ich gebe mir Mühe, irgendwie ins Boot zu klettern. Mein linkes Knie stößt hart gegen den Rumpf, aber ich schaffe es. Ich rutsche auf der Bank zur Seite, um Sturm Platz zu machen, der irgendetwas vor sich hin brummt, als Hector ihm Hilfestellung gibt. Dann ziehen sich Hector und Belén hinein.
    Hector bindet das dicke Tau los, mit dem das Boot am Pfahlwerk festgemacht ist, und legt es aufgerollt in den Bug. Dann zieht er einen Riemen unter den Duchten hervor, und Belén nimmt einen zweiten zur Hand. Mit einem kurzen Eintauchen des Blatts bringt Hector das Boot auf Kurs. Belén tut es ihm gleich und nutzt seinen Riemen, um uns von den Pfählen abzustoßen. Gemeinsam rudern sie uns vom Kai aufs offene Meer.
    Ich atme erleichtert auf, dass wir so weit gekommen sind. Die Nacht ist warm, und ich weiß, dass ich bald aufhören werde zu frieren, obwohl ich so durchnässt bin. Der mondbeschienene Hafen vor uns liegt voller Schiffe und kleiner Boote. Da wird doch eins mehr oder weniger nicht auffallen?
    Zu meinen Füßen befindet sich ein aufgerolltes Stück Segeltuch, ein großes Netz, ein weicher Hut mit breiter Krempe und eine Holzkiste mit Angelutensilien: ein Dolch, Haken aus Knochen, Zwirn, Gewichte. Wir haben einen Fischerkahn geentert.
    » Sollten wir nicht so tun, als würden wir fischen?«, frage ich flüsternd.
    » Draußen in tieferem Wasser vielleicht«, antwortet Hector. » Falls wir längere Zeit dort herumdümpeln.«
    Ich will ihn gerade fragen, wie lange wir seiner Meinung nach in diesem Boot hocken werden, als meine Nase kribbelt und es in meinem Nacken juckt, als ob mich jemand beobachtet. Ich drehe mich zu der Stadt um, die hinter uns liegt. Unwillkürlich schlage ich mir die Hand vor den Mund.
    Sie steht in Flammen. Dicke Qualmwolken steigen in den Himmel auf, von der Unterseite orangerot angestrahlt.
    Kein Wunder, dass der Himmel so hell war. Kein Wunder, dass wir unbehelligt davonkamen. Mein Plan, möglichst viel Durcheinander zu stiften, ist gut aufgegangen. Zu gut. » Was habe ich getan?«, flüstere ich. Mara sieht mein fassungsloses Gesicht, blickt sich ebenfalls um und stößt ein erschrecktes » Oh!« aus.
    » Wir haben getan, was wir tun mussten, um unentdeckt zu fliehen«, sagt Belén. » Das sind nur ein paar Gebäude.«
    Bei genauerem Hinsehen erscheint es tatsächlich so, als ob nur drei, vielleicht auch vier Häuser brennen. Trotzdem sorge ich mich um die Menschen, die dort gelebt und gearbeitet haben. Verbrennen sie in den Flammen? Ersticken sie im Rauch? Und selbst wenn sie sich in Sicherheit bringen konnten, habe ich doch ihre Lebensgrundlage zerstört. Und den Königskrug, der seit über hundert Jahren an diesem Fleck gestanden hat.
    Ist es das wirklich wert, frage ich mich, das Leben anderer Menschen zu zerstören, nur um mein eigenes zu retten? Auch wenn ich die Königin bin?
    Ich wende mich von den Flammen ab und kneife die Augen zu. Jetzt, da wir allmählich den Schutz des Wellenbrechers und der Kaimauer hinter

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