Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
wieder an die Arbeit!«
Die Seeleute, die das Boot hochgehievt haben, drehen es jetzt um und vertäuen es über Kopf am Heck an Eisenringen, die, wie ich jetzt erkenne, zu genau diesem Zweck dort angebracht sind.
Die anderen starren Mara und mich ungeniert an, während sie sich wieder ihren Aufgaben zuwenden. Ich erwidere ihre Blicke möglichst furchtlos. Immerhin starren sie uns an und nicht Sturm. Vielleicht fallen ihnen seine ungewöhnliche Größe oder die smaragdfarbenen Augen gar nicht auf.
Der Kapitän streckt die dicken Arme aus und schiebt uns vor sich her. » Hier entlang. In meine Kajüte. Sofort.« Seine drängende Stimme grollt wie leere Fässer, die über Kopfsteinpflaster gerollt werden.
Wir meistern die steile Treppe zum Hauptdeck fast im Laufschritt, dann drängen wir uns unter dem Achterdeck weiter und durch eine mit echtem Glas versehene Doppeltür. Der Kapitän zieht die Türen hinter uns zu und legt den Riegel vor.
Die Kajüte hat eine niedrige Decke und ist mit Mahagoni vertäfelt. Aus den Bullaugen, zwei auf jeder Seite, fällt Licht herein. Ein großer Schreibtisch, auf dem sich Papier, Tinte und kleine Instrumente aus Metall türmen, deren Zweck ich nicht mal ansatzweise begreife, nimmt fast eine ganze Wand ein. Vor einer anderen steht ein riesiges Bett, das mit granatapfelfarbener Seide bezogen ist. Den Fußboden bedeckt ein dicker Teppich, in den ein Muster hineingewebt wurde, das eine purpurne Weinrebe in einem Kreis grüner Weinblätter zeigt, das Wappen von Ventierra.
Der Kapitän dreht sich zu uns um, und ein breites Lächeln zieht sich über sein Gesicht. Überrascht ziehe ich die Luft ein. Ich kenne dieses Lächeln. Ich habe es in leicht abgewandelter Form schon viele Male gesehen.
» Hector!«, ruft er und streckt die Arme aus. Der Kommandant meiner Königlichen Leibgarde lässt eine bärige Umarmung und ein paar herzliche Schläge auf den Rücken über sich ergehen.
Dann hält der Kapitän Hector auf Armeslänge von sich und betrachtet ihn, während Hector selbst wie ein kleiner Junge grinst. » Nun sieh dich nur an«, brummt der Kapitän. » Ein Quorumsfürst!«
» Ihr seid Hectors Bruder«, sage ich.
Sein Blick gleitet zu mir hinüber, und seine Augen werden schmal. Er betrachtet mich genau, mein dreckiges Gesicht, meinen Zopf, der sich halb aufgelöst hat, meine Brüste, meine Beine, meine Füße. In seinen Augen flammt ein kleiner Funke auf, als ob er gerade etwas Interessantes herausgefunden hat. Mein Gesicht beginnt zu brennen, aber ich weiche keinen Schritt zurück.
Sanft sagt er: » Und Ihr seid seine junge Königin.« Damit fällt er auf ein Knie und zeigt dabei mehr Eleganz, als man einem Mann seines Umfangs zutrauen würde. » Willkommen an Bord der Araceli, Euer Majestät.«
» Ich danke Euch. Bitte, erhebt Euch.«
Er steht wieder auf und wirft Hector einen vorwurfsvollen Blick zu. » Du hast mich da in eine sehr gefährliche Situation gebracht, kleiner Bruder. Unser Laderaum ist gut gefüllt, und wir liegen tief im Wasser. Wir sollten nicht so nahe unter Land segeln. Ich gehe davon aus, dass du einen guten Grund dafür hast?«
Hector nickt. » Du hast vielleicht davon erfahren, dass Ihre Majestät auf dem Weg nach Süden ist, um eine eheliche Verbindung mit Selvarica auszuhandeln?«
» Ja, im ganzen Land spricht man von nichts anderem.«
» Es ist eine Finte.«
Kapitän Felix hebt die Augenbrauen.
» Wir waren auf dem Weg nach Süden, das stimmt«, fährt Hector fort. » Aber dann wurden wir von einem Spion aus Invierne verfolgt, einem ausgebildeten Assassinen. Nach den jüngsten Anschlägen auf das Leben Ihrer Majestät hielten wir es für geraten, uns vorsichtshalber davonzuschleichen.«
Mir bleibt bei Hectors Rede der Mund offen stehen. Er muss seinem Bruder wirklich sehr vertrauen, wenn er ihm all diese Geheimnisse offenbart. Mara tritt neben mir unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.
Der Kapitän macht einen Schritt zurück und verschränkt die Arme. » Du willst, dass ich euch nach Süden bringe«, sagt er.
» Ja.«
» Das kann ich nicht.« Nun wendet er sich mir zu. » Es tut mir leid, Euer Majestät, aber ich habe eine Ladung jungen Wein an Bord, die erste richtig gute Ernte seit dem Hurrikan vor drei Jahren. Ich muss sie in den Hafen bringen, um meine Männer zu bezahlen und Nahrungsmittel zu erhandeln, die zu Hause dringend gebraucht werden.«
Zunächst ist Hectors Gesicht wie aus Stein gemeißelt und undurchschaubar. Aber ich kann
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