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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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begonnen. Sie haben schon eine Feuerstelle ausgehoben und ein Zelt aufgestellt– aber dabei alles ganz falsch angefangen. Wahrscheinlich haben sie als Seeleute nicht viel Erfahrung damit, worauf es bei einem Lager an Land ankommt. Im Gegensatz zu mir.
    » Ihr da«, rufe ich. » Tragt die Vorräte weiter zwischen die Bäume. Wir brauchen Schutz vor Wind und Brandung. Und ihr da, sucht ihr einen anderen Platz für die Feuerstelle? Achtet darauf, dass sich keine trockenen Palmwedel darüber befinden, die von den Funken in Brand gesetzt werden könnten.« Nachdenklich tippe ich mir mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. Wenn wir ein paar Wochen hier sein werden, dann brauchen wir eine Latrine, möglichst weit von unserer Wasserstelle entfernt. » Belén, hast du einen guten Platz entdeckt, wo man eine…«
    » …Latrine graben könnte? Am besten vor der Steilwand dort«, sagt er und zeigt in die entsprechende Richtung. » Das ist entgegen der Windrichtung und weit genug vom Bach entfernt.«
    » Ja, ideal.« Ich winke einen Mann heran, der, wie ich beobachtet habe, öfter schon von Felix ins Vertrauen gezogen wurde. » Könnt Ihr lesen und schreiben?«
    » Jawohl, Euer Majestät.«
    » Erstellt ein Inventar unserer gesamten Ausrüstung– Fischernetze und Angeln, Nahrungsmittel, Werkzeuge, Material, das wir für Reparaturen nutzen können, alles, was Euch einfällt.«
    » Jawohl, Euer Majestät.«
    Nun mustere ich den Bach mit kritischem Blick. Der Schlick hat eine kleine Sandbank gebildet, die den Lauf bei Niedrigwasser schützt und dafür sorgt, dass die Mündung schmal bleibt. Beinahe nur für meine Ohren bestimmt, murmele ich: » Wir haben vielleicht noch genügend unbeschädigte Netze, dass sie ganz über den Bach reichen würden, und damit könnten wir sicherlich auch dann genug Fische fangen, falls es sonst an richtiger Ausrüstung mangelt.«
    Als ich den Kopf hebe, sehe ich, dass Hector mich gedankenverloren betrachtet.
    » Ist da noch etwas, das ich übersehen habe?«, frage ich ihn.
    Er tritt nahe zu mir. Mir stockt der Atem, als er meinen Oberarm umfasst. Mit leiser Stimme, die nur für meine Ohren bestimmt ist, sagt er: » Wenn du in Brisadulce so wärst wie jetzt, mit diesem Selbstvertrauen und dieser Klarheit der Gedanken, würde niemand deine Herrschaft je anzweifeln.«
    Mein Herz macht einen kleinen Satz. Er will mir damit mehr Mut machen als mich kritisieren, und die Art, wie sein Daumen über meine Schulter streicht, zeigt mir, wie wichtig ich ihm bin. Aber es tut trotzdem weh, weil es stimmt. Ein ganzes Land, das ist so viel größer, komplizierter, wichtiger als ein Dorf von Wüstenrebellen oder ein kurzfristiger Lagerplatz auf einer Insel. Deswegen bin ich schließlich hier. Ich brauche mehr als das, was in mir steckt, um gute Arbeit zu leisten. Ich allein habe nicht genügt.
    » Vielleicht war das unangemessen von mir«, fährt Hector fort. » Aber ich bin wirklich fest davon überzeugt, dass du das Zeug zu einer großen Königin hast.«
    Ich hebe leicht das Kinn. » Danke, dass du das sagst.«
    » Ich fange dann mal mit der Latrine an.« Er wendet sich zum Gehen.
    » Hector, warte.«
    Er dreht sich ruckartig um. Sand klebt an der Rückseite seiner durchweichten Hosen, und die Luftfeuchtigkeit hat seine Haare zu weichen Wellen gekräuselt.
    » Du hast nie etwas zu mir gesagt, das nicht angemessen gewesen wäre«, betone ich.
    Er weiß, dass ich von einem ganz anderen Augenblick spreche, denn er gönnt sich ein langsames, zufriedenes Lächeln, das mich innerlich in Dattelgelee verwandelt.
    » Ich erwarte immer Ehrlichkeit und Wahrheit von dir«, füge ich hinzu.
    Er nickt einmal entschieden. » Und die sollst du auch immer bekommen.«
    Wir schlagen unser Lager schließlich auf einer kleinen Lichtung in einiger Entfernung vom Ufer auf, wo zwischen den Kokospalmen wild wuchernde Bougainvillea-Büsche und dicke Birkenfeigen mit ausufernden Wurzeln stehen. Prunkwinden klettern an ihren Stämmen hinauf, strotzend vor lila Blüten. Ihre nahen Verwandten, die gelben Nachtblüher, verbinden sich mit ihnen, und es ist schwer zu sagen, wo die Ranken der einen aufhören und die der anderen anfangen. Aber wenn der Abend kommt, werden sich die Blüten der Prunkwinden schließen, während die Nachtblüher aufgehen, um unser Lager in weiches Licht zu tauchen.
    Nach einer Mahlzeit am späten Nachmittag aus Dörrfleisch, Pistazien und frischen Mangos erkläre ich, dass ich morgen früh auf die Suche nach dem zafira

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