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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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übermannt mich so sehr, dass mir die Knie zittern. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur erschöpft.
    Der Kapitän reibt sich den Bart und fragt: » Meint Ihr, Ihr könntet jeden an Bord heilen? Wir haben ein gebrochenes Bein und ein paar schlimme Schrammen. Einer meiner Männer bekommt das Wasser nicht aus seinen Lungen.«
    » Ganz bestimmt nicht«, erklärt Hector. » Du hast doch gesehen, wie sehr es sie erschöpft.«
    » Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich es könnte«, gebe ich offen zu. » Ich glaube, es funktioniert nur… bei Menschen, die…« Die ich liebe. Ich zögere, das auszusprechen, denn letztlich würde es die Sache nur schlimmer machen, wenn ich erkennen ließe, dass ich Hectors Gefühle erwiderte. » Es funktioniert nur bei Menschen, die mir sehr nahestehen«, beende ich den Satz lahm.
    Aber Hoffnung blitzt auf in seinem Gesicht, so unverstellt und wunderbar. Vielleicht sollte ich es ihm doch sagen. Ich könnte ihn anlügen und ihm sagen, dass es für uns ein glückliches Ende geben könnte.
    Stattdessen stehe ich auf und gehe ein paar Schritte, um Abstand zwischen uns zu bringen. » Wie geht es Sturm?«, frage ich und weigere mich, in Hectors Richtung zu sehen.
    » Unverletzt«, erklärt Belén. » Und besonders spannend ist, dass ich seit Stunden nicht mehr gehört habe, dass er sich über irgendwas beschwert hat.«
    Stunden. » Wie lange war ich…«
    » Stunden«, bestätigt Mara. » Wir waren sehr besorgt. Wir haben die Insel schon fast erreicht.«
    Ich stoße die Doppeltür auf und nehme beim Hinauflaufen der Treppe zum Deck zwei Stufen auf einmal.
    Der Anblick, der sich mir bietet, ist so Ehrfurcht gebietend, dass ich unwillkürlich die Hände vor den Mund schlage.
    Wir nähern uns einem natürlichen, halbrunden Hafen mit aquamarinblauem Wasser, umschlossen von kristallweißem Sand. Hinter dem Strand erhebt sich ein Wald aus Kokospalmen, die sich im Wind wiegen. Und dahinter ragen unglaublich steile Berge auf oder Türme oder vielleicht auch die Finger Gottes, die sich gen Himmel strecken und die Wolken mit ihren Spitzen festhalten. Sie wirken lebendig und kraftvoll, bewachsen mit üppigem Grün und durchzogen von schimmernden Wasserfällen. Weiße Vögel mit spitz zulaufenden Flügeln, die zwischen den Hängen Sturzflüge vollführen oder auf den Windströmungen segeln, machen durch ihre eigene Größe deutlich, wie unglaublich riesenhaft die Berge sind.
    Das Ziehen an meinem Nabel ist stärker denn je. Ich lege meine Finger auf den Feuerstein, als wollte ich verhindern, dass er aus meinem Körper ins Meer springt.
    » Diesen Ort habe ich noch niemals gesehen«, sagt eine Stimme neben mir, und ich zucke zusammen. Es ist Felix. Er stützt sich mit den Unterarmen auf die Reling. » Niemand hat das. Er ist auf keiner meiner Karten verzeichnet. Ich kann nur vermuten, dass wir uns wahrscheinlich südlich und ein wenig westlich von Selvarica befinden, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ein zweites Mal hierherfinden könnte.«
    » Vielleicht«, überlege ich, » kann man diesen Ort nur durch einen von Hexenkunst hervorgerufenen Hurrikan erreichen.«
    » Vielleicht. Ich hoffe nur, dass das nicht auch nötig wird, wenn wir ihn wieder verlassen wollen.«
    Ich blicke aufs Wasser hinunter, so klar und schön. Silbrige Fische schwimmen pfeilschnell vor dem Schiff davon, als wir weitersegeln, und breite Felder aus dunkelgrünen Pflanzen wogen in der Strömung hin und her. Sie scheinen geradewegs unter der Oberfläche zu liegen, aber unser Schiff hat viel Tiefgang, und daher weiß ich, dass es nur eine Illusion ist.
    » Wie steht es um die Araceli?«, frage ich. » Können wir sie reparieren?«
    » Wir nehmen kein Wasser mehr auf, und von daher werden wir die Bilge bald wieder ausgeschöpft haben. Ich werde ein paar Männer auf Tauchgang schicken, damit sie sich den Bug einmal unterhalb der Wasserlinie ansehen, wenn wir vor Anker gehen. Der Bugspriet ist verloren. Wir haben nur noch das Großsegel. Aber im Frachtraum habe ich noch ein Ersatztuch, das wir am Besan hissen könnten. So wie es aussieht, gibt es auf der Insel Holz genug, um die Backbordseite zu flicken. Es wird ein paar Wochen dauern, aber ich denke, wir können einigermaßen wiederhergestellt davonhumpeln, solange das Wetter sich hält. Noch ein Sturm, und wir sind erledigt, also betet lieber um Sonnenschein.«
    Ein paar Wochen. Das ist viel zu lang. Ximena und Tristán können unsere Tarnung mit der falschen Elisa nicht endlos

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