Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
aufregend und ein großes bisschen beunruhigend. Ich bin mit meinem Körper längst nicht mehr so unglücklich wie früher. Aber trotzdem ist es ein komisches Gefühl.
Andererseits ist nur Mara bei mir, und sie ist immerhin meine Zofe. » Wer als Erster im Wasser ist!«, rufe ich.
Gleichzeitig kämpfen wir mit den Schnürungen unserer Blusen, schlüpfen aus Hosen und Schuhen und springen in den See. Er ist tief, und als ich eintauche, bleibt mir aufgrund der Kälte zunächst einmal die Luft weg. Aber er ist sauber und klar und wunderbar, und es dauert nicht lange, da planschen und lachen Mara und ich und vergessen, dass wir doch eigentlich waschen wollten.
Wir schwimmen lange, bevor Mara schließlich Seife aus ihrem Rucksack holt und wir alles ordentlich einschäumen– unsere Haut, unsere Haare, unsere Kleider. Die hängen wir zum Trocknen auf und legen uns dann nebeneinander auf den flachen Felsen, um die Wärme des Spätnachmittags aufzusaugen.
» Deine Narbe«, sage ich, » ist wirklich besser geworden.« Sie sieht weniger zornig und geschwollen aus.
» Deine auch«, sagt sie und lacht. » Wir sind schon ein komisches Paar, was?«
Die Sonne verschwindet hinter den hohen Bergspitzen, und die Laubfrösche beginnen mit ihrem Konzert, als wir wieder ans Ufer schwimmen und die noch feuchten Kleider anziehen. Ein Stück weiter den Bach hinunter stoßen wir auf Hector und Belén, die sich offensichtlich auch der Körperpflege hingegeben haben, denn sie sind beide sauber geschrubbt und riechen leicht nach Seife.
» Tut mir leid, dass ihr so lange auf uns warten musstet«, sage ich zu Hector, als wir uns auf den Rückweg machen. » Wir haben die Zeit vergessen.«
» Kein Problem«, erwidert er, aber er klingt kurz angebunden. Als ich zu ihm aufsehe, ist sein Gesicht steinern und kalt.
Ich wende mich ab und fühle mich verletzt. Aber ich mag nicht fragen, ob ich ihn irgendwie verärgert habe, nicht vor den andern. Wir wandern schweigend durch den Dschungel zurück.
Die Nachtblüher sind schon aufgegangen, als wir das Lager erreichen. Unsere Zelte schwimmen in einem Garten der Sterne und schimmern blassblau in dem schwachen Licht. Eine leichte Brise lässt die Palmwedel über unseren Köpfen rascheln.
Nach einer schnellen Mahlzeit aus über dem Feuer gegartem Weißfisch löse ich den Zopf, den Mara mir auf die Schnelle nach dem Schwimmen geflochten hat. Gerade will ich auch die Schnürung meiner Bluse aufmachen, als mir mit einem Schlag die Bedeutung dessen bewusst wird, was ich morgen vorhabe. Meine Finger verharren still an den Bändern.
Ich weiß so wenig über das zafira. Ich habe keine Ahnung, was geschehen wird oder was ich vorfinden werde. Ich weiß nicht einmal, ob ich wieder zurückkehren werde. Was, wenn ich ihn nie wiedersehe?
Und so krieche ich wieder aus meinem Zelt und suche nach Hector.
Ich entdecke ihn am Strand, direkt vor dem Palmengürtel. Er sitzt auf einem ausgehöhlten Stamm, ein Knie angezogen, das andere Bein ausgestreckt. In einer Hand hält er einen langen Stock und schnitzt mit seinem Dolch daran herum. Es dauert einen Augenblick, bis mir klar wird, dass er einen Speer anfertigt.
Er sieht auf, als ich näher komme, und sein Gesicht gibt nichts preis.
» Macht es dir etwas aus, wenn ich dir Gesellschaft leiste?«, frage ich.
Mit einer kleinen Bewegung seines Kinns deutet er auf den Platz auf dem Stamm neben ihm. Ich setze mich und achte vorsichtig darauf, nicht dem Ende seines Stocks in die Quere zu kommen, dann stütze ich die Ellenbogen auf die Knie. Das Meer spiegelt das Licht des halbvollen Monds. Ich hebe meinen Kopf ein wenig dem leichten Wind entgegen und höre dem sanften Schmatzen der Wellen und dem Geräusch von Hectors Messer zu.
» Was machst du hier, Elisa?«, fragt er mit müder Stimme.
Ich weiche unwillkürlich ein wenig zurück. » Ich… ich wollte dir nicht zu nahekommen. Wenn du lieber allein sein willst…«
» Kommst du her, um mich zu quälen?«
» Was?« Na ja, vielleicht ein bisschen. » Ich weiß, dass du wütend auf mich bist, aber ich weiß nicht genau, warum.«
Er fasst den Dolch viel zu hart an, und der nächste Zug mit der Klinge reißt die ganze Spitze ab. Er seufzt. Den Dolch noch in der Hand, wischt er sich den Schweiß von der Stirn. » Ich bin nicht wütend auf dich. In erster Linie bin ich wütend auf mich.«
» Wieso?«
Er öffnet den Mund und will etwas sagen, überlegt es sich dann aber. Stattdessen schnitzt er weiter an dem verhunzten
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