Die Feuertaufe
zu Weiss hinüber. »Die Derfflinger ist doch das Schiff des Herzogs von Ravenheim, oder?«
»Das stimmt«, erwiderte Weiss. Seine Stimme und auch seine Mimik waren ebenso grimmig wie schon die ganzen letzten beiden Tage, doch trotzdem bemerkte Charles, dass sich unter seiner Besorgnis eine Spur Stolz verbarg. »Sie werden das nicht wissen, aber er hat mich während meiner gesamten Karriere in der Regierung stets unterstützt. Er war sozusagen mein Schirmherr.«
»Ach, tatsächlich?«, spiegelte Charles Überraschung vor. Natürlich hatte er gewusst, wie vertraut Weiss mit dem andermanischen Herzog war. Genau deswegen hatte er Weiss ja für diese Operation überhaupt nur ausgesucht. »Er ist … ja, was? Vierter in der Thronfolge?«
»Dritter«, verbesserte ihn Weiss. »Und mehr noch, er ist ein Vetter und ein enger Vertrauter Seiner Majestät des Kaisers. Deswegen habe ich mich auch unmittelbar an ihn gewandt, als ich von Karavani zurückgekehrt war.«
»Und er hat darum gebeten, hier mit ihm zusammenzutreffen?«
»Eigentlich hat er vorgeschlagen, dass wir uns in Neu-Berlin treffen«, entgegnete Weiss. »Aber die jüngsten Ereignisse haben es dann doch anders kommen lassen.« Er deutete auf den Bildschirm. »Vor einigen Tagen wurde hier ein Handelskonvoi angegriffen. Dabei wurde das Geleitschiff schwer beschädigt und einer der Frachter raumuntauglich geschossen.«
»Sie wurden angegriffen? Hier?«, fragte Charles nach, und sein Magen krampfte sich zusammen. War das vielleicht ein gänzlich bizarrer Zufall? »Wer steckt denn dahinter? Piraten?«
»Anscheinend nicht«, erklärte Weiss. »Der Angreifer hat eine gefälschte Kennung verwendet, aber der Kommandant des Geleitschiffes ist sich sicher, dass es ein Schwerer Kreuzer der Mantys war.«
Unwillkürlich zuckte Charles’ Blick zu Mercier hinüber. In den Befehlen für die Ellipsis fand sich nichts darüber, Handelsschiffe der Andys anzugreifen. Oder überhaupt das Irrlicht-System zu verlassen. »Das erscheint mir … merkwürdig«, sagte er.
»Gelinde gesagt«, pflichtete ihm Weiss bei. »Soweit ich weiß, wird uns der Großadmiral persönlich in die Lage einweisen, sobald wir an Bord sind.«
»Da bin ich aber gespannt«, murmelte Charles, und wieder zuckte sein Blick zu Mercier hinüber.
Was zur Hölle trieb Tyler denn bloß?
Die Pinasse wartete exakt an der Position, die ihnen der Verkehrsleiter des Kampfschiffes genannt hatte. Nur wenige Minuten nachdem die Hase den Keil gestrichen hatte, ging sie längsseits des Kurierschiffs. Eine weitere halbe Stunde später führte eine schwarz uniformierte Eskorte der Totenkopf-Husaren die drei Besucher an zwei Husaren in gleicher Uniform vorbei, die vor einer Tür Wache standen. Dann befanden sie sich in einem der Konferenzzimmer an Bord der Derfflinger .
An dem dortigen Tisch erwarteten sie bereits drei Personen, alle in die prächtigen Uniformen der Kaiserlich-Andermanischen Weltraumflotte gekleidet. Am Kopfende des Tisches saß der Herzog von Ravenheim persönlich, flankiert von seinem Nachrichtenoffizier Fregattenkapitän Chiro Schmidt und einem weiteren, Charles’ unbekannten Mann in der Uniform eines Captains. Alle drei Andermaner blickten grimmig drein, doch die Miene des Captains verriet auch noch Scham und lodernden Zorn. Strategisch entlang der Wände des Raumes aufgestellt waren ein halbes Dutzend weiterer Totenkopf-Husaren.
» Herr Weiss«, begrüßte ihn Ravenheim ernst, als Weiss den Raum betrat. »Es freut mich, Sie wiederzusehen, Lyang.«
»Das geht mir ebenso, Mein Herr «, erwiderte Weiss ebenso ernsthaft, »auch wenn ich mir gewünscht hätte, es geschähe unter erfreulicheren Umständen. Darf ich Ihnen meine Gäste vorstellen: Charles Navarre von der Solaren Liga und Thomas Mercier aus dem Sternenkönigreich von Manticore.«
»Willkommen an Bord von KAW Derfflinger «, sagte Ravenheim. Dann schaute er zu Charles hinüber, hatte nach einem einzigen Blick sein Urteil gefällt und ließ den Blick zu Mercier weiterwandern. »Es geht um Ihre Landsleute, Herr Mercier. Was genau führen sie da im Schilde?«
»Das weiß ich nicht, Mein Herr «, erwiderte Mercier. Seine Stimme klang noch düsterer als die von Ravenheim und Weiss. »Und wenn Sie mir gestatten, das anzumerken, möchte ich darauf hinweisen, dass ich sie nicht mehr als meine ›Landsleute‹ ansehe. Das Manticore, in dem ich aufgewachsen bin, gibt es leider nicht mehr.«
»Vielleicht«, gab Ravenheim zurück. Er neigte eindeutig
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