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Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
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in den Köpfen fest und läßt
nicht mehr locker.
    Man lacht darüber und schüttelt den
Kopf; dann spricht man wieder von etwas anderem. Aber immer wieder taucht
dieser Gedanke auf und ist nicht mehr umzubringen.
    „Wie wär’s, Pfeiffer, haben Sie Mut?“
    Wozu Mut? Was kann ihm schon passieren?
Er kann jeden Tag wieder gehen, wenn es ihm nicht mehr paßt. Oder läßt sich
hinausschmeißen, wenn er es zu bunt treibt. Sein Abitur hat er ja.
    Pfeiffer hat Bedenken. Gewiß, es wird
ein famoser Jux, vielleicht auch Stoff zu einem Roman oder Film. Und das
Abenteuer reizt ihn gewaltig, ihn, den geheimen Romantiker. Aber—.
    Kein Aber! Von allen Seiten stürmen sie
auf ihn ein.
    „Gewiß, Pfeiffer, Ihren Benz können Sie
nicht mitnehmen.“
    „Auch Ihre Marion nicht.“
    „Und ein paar Monate ohne jeglichen
Lebenswandel müssen Sie schon überstehen.“
    Sie besprechen bereits die
Einzelheiten, die Technik. Er sieht ja noch ziemlich jung aus; man kann auch
nachhelfen. Die ganze Tafelrunde ist eine Begeisterung.
    Der Ventilator surrt. Die Kerzen
flackern. Rauchschwaden ziehen um die erhitzten Köpfe. In zweiter, vermehrter
und verbesserter Auflage steigt die Feuerzangenbowle.
    „Auf Ihr Wohl, Pfeiffer!“
    „Wann geht’s los?“
    „Verdammt! Man möchte mitfahren.“
    „Mensch! Ermorden könnte ich Sie!“
    Wieder klacken die schweren Gläser
aneinander. Werden nachgefüllt, klacken abermals.
    Und langsam, aber sicher tut die Feuerzangenbowle
ihre Schuldigkeit.
    Eine Feuerzangenbowle hat es in sich.
Nicht wegen des Katers; das ist eine Sache für sich. Eine Feuerzangenbowle ist
keine Bowle. Sie ist ein Mittelding zwischen Gesöff und Hexerei. Bier sackt in
die Beine. Wein legt sich auf die Zunge, Schnaps kriecht ins Gehirn. Eine
Feuerzangenbowle aber geht ans Gemüt. Weich und warm hüllt sie die Seelen ein,
nimmt die Erdenschwere hinweg und löst alles auf in Dunst und Nebel.
    Aber der Gedanke blieb. Die Idee
siegte. Und ein Wunschtraum wird zur Tat.
     
    *
     
    Es waren einige Vorbereitungen zu
treffen. Zunächst zum Friseur. „Schnurrbart abnehmen und Haare schneiden,
hinten kurz, und vorne zwei Zentimeter.“
    „- - Wie, bitte?“
    Dann zum Konfektionshaus. „Zwei Anzüge
von der Stange. Jünglingsmodell, außerdem Hosen und Ärmel kürzen.“
    „- - Wie, bitte?“
    Dann zum Optiker. Die Schildpattbrille
wird durch ein trauriges Nickelgestell ersetzt.
    Nun die Papiere, Geburtsschein,
Taufschein, Impfschein, und telegraphisch die Schulbücher. Er hat vom Abitur
noch viel behalten; die Aufnahmeprüfung für Prima wird er schon schaffen.
    Dann gepackt. Jeglicher Luxus wird
verworfen. Ade, ihr Hemden aus Schantungseide! Ade, ihr englischen Socken,
Lavendelsalz und Importen! Ade, Berlin WW mit Smoking, Frack und Pumps! Ade,
Papierkorb, Majolikaschalen und ihr anderen kunstgewerblichen Gebilde!
    Und ade, Marion!
    Das Schwerste hatte er sich für zuletzt
aufgespart. Marion war seine richtige Braut. Wenn man vier Jahre älter ist als
der berühmte und preisgekrönte Bräutigam, und wenn man an den Vereinigten
Werkstätten für Vaterländische Heimkunst arbeitet, dann ist man schon eine
richtige Braut, eine seriöse Braut.
    Schon einmal hatte sie ihm eine Reise
verpatzt, damals, als ihn sein Verlag an den Nil schickte und sie durchaus
mitfahren wollte. Ob sie jetzt auch —?
    Als er daran dachte, ließ er das Auto
kehrtmachen. Lieber telephonieren. Das war ungefährlicher.
    „Ach, Hans, bist du da?“
    Wie er ihre ernste Stimme hörte, war es
mit ihm vorbei.
    „Ja — nein, ich bin es nicht.“ Hing
ein. Nicht einmal telephonisch reichte sein Mut. Lieber schreiben.
    Er fing an, warf den Bogen weg, fing
von neuem an, warf ihn wieder weg. Als das Briefpapier zu Ende war, entschloß
er sich, auf jeglichen Abschied zu verzichten. Das mit seiner Braut würde der
alte Etzel schon in Ordnung bringen.
    Endlich saß er im Zug. Nun konnte
nichts mehr passieren. Im beschleunigten Personenzug nach Babenberg.
     
    *
     
    Bellebemm — bellebemm — bellebemm —
bellebemm — bemm — bemm.
    Da steht nun Hans Pfeiffer auf dem
weiten Schulhof und hört zum ersten Male den blechernen Ton des
Armsünderglöckchens, das bis auf weiteres den Rhythmus seines Lebens bestimmen
wird.
    Seine Oberlippe ist rasiert; auf dem
blassen Gesicht sitzt kalt und fremd die Nickelbrille. Der Jünglingsanzug ist
zu eng in Brust und Schultern und kneift unter den Armen. Hinten über dem
niedrigen Rockkragen lugt das Kragenknöpfchen hervor. Und

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