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Die Fieberkurve

Die Fieberkurve

Titel: Die Fieberkurve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Franken, kam man nicht weit. Sie war ein tapferes Meitschi, die Marie. Sie hatte sehr gut vorgearbeitet...
    »Gell«, sagte Studer. »Du hast der Sophie die ganze Geschichte mit der Ulrike erzählt und dann hast du ihr Geld geben müssen, damit sie geschwiegen hat... Obwohl du die Ulrike...«
    »Richtig, Jakob«, sagte der alte Mann, »Ulrike hat sie geheißen... Ulrike Neumann. Jetzt besinn' ich mich... Und du hast recht, ich hab' sie nicht umgebracht. Sie war ein wenig verrückt, die Ulrike. Wie sie die Pille gehabt hat, ist sie abgereist, mit dem nächsten Zug... Nach Freiburg. Da hab' ich Angst bekommen. Und bin ihr nachgefahren...
    Aber ich bin zu spät gekommen. Niemand hat mich ins Haus gehen sehen. Sie ist auf ihrem Bett gelegen – ein Glas ist auf dem Nachttischli gestanden, ich hab's in die Hand genommen, daran gerochen... Dann hab' ich Bescheid gewußt...«
    »Zeig einmal deinen Daumen!«
    Schade, daß der Altfürsprech Rosenzweig nicht anwesend war... Er hätte sich gefreut, den Besitzer des Daumens kennenzulernen, des Daumens, dessen Abdruck eine Rarität war.
    Da ging die Türe auf. Ein Korporal – zwei winzige rote Borten trug er auf seinem Ärmel – rief:
    »Beide zum Capitaine!«
    Der Alte stand auf. Er war klein, kleiner als Pater Matthias, und neben Studer sah er aus wie ein Zwerg.
    Vier Mann mit aufgepflanztem Bajonett umgaben die beiden. Einer vorn, einer hinten, einer links, einer rechts. Der Korporal führte die Gruppe an. Der Wachtmeister war nicht gefesselt.
    Als der Alte aus der Zelle trat, blinzelte er wie eine Eule. Das harte Nachmittagslicht blendete ihn...
    ...Eine Baracke war ausgeräumt worden. Vor der Türe lagen die dünnen Matratzen übereinandergeschichtet. Im Hintergrund des Raumes saßen fünf Männer:
    Capitaine Lartigue in der Mitte, ein Adjutant zu seiner Rechten, ein Sergeant zu seiner Linken. Neben dem Sergeanten zwei Korporale und der kleine Leutnant Mauriot rechts am Ende. Vor ihm stand ein Tischchen, auf dem weiße Blätter lagen.
    Im Raum war es so dunkel, daß Studer erst nach einiger Zeit Marie bemerkte, die in einem Lehnstuhl neben dem Capitaine saß. Und ganz in eine Ecke gezwängt, saß Pater Matthias auf einer Matratze, mit untergeschlagenen Beinen, die Hände in den Ärmeln seiner Kutte versteckt.
    Studer und der Alte mußten stehen. Der Capitaine begann das Verhör.
    Er wandte sich an seine vier Beisitzer und erklärte ihnen, der große Mann, der da vor ihnen stehe, reise mit einem falschen Paß. Er habe sich ausgegeben als französischer Polizeiinspektor. Dann wandte er sich an Studer und forderte diesem die Papiere ab. Studer gab gutwillig den Paß des Inspektors Joseph Fouché ab. Das Papier wurde herumgereicht. Kopfschütteln.
    Was er zu seiner Verteidigung zu sagen habe, wollte der Capitaine wissen.
    »Viel«, sagte der Wachtmeister nur.
    Dann solle er erzählen!
    Und Studer begann – merkwürdigerweise mit einer Frage. Er wandte sich an den alten Mann, der neben ihm stand und fragte, indem er auf den Weißen Vater deutete:
    »Kennst du den da?«
    Der Alte fuhr sich mit der Hand über die Wangen, erkundigte sich dann schüchtern, ob es erlaubt sei, den Mann näher zu betrachten? Der Wunsch wurde ihm vom Capitaine gewährt.
    So trat der Alte näher vor den Pater, blickte ihn lange an, und der Pater hielt dem Blick stand. Der Alte sagte:
    »Ich kenn' ihn von Géryville her. Ich hab' ihm gebeichtet.«
    »Von früher her kennst du ihn nicht?« fragte Studer.
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Hör einmal, mein Alter«, sagte Studer freundlich. »Du kannst jetzt die Wahrheit sagen. Wie heißest du in Wirklichkeit?«
    »Ich hab' viele Namen gehabt. Zuerst hieß ich Koller, dann nannte ich mich Cleman und da war ich reich. Schließlich hat mich das Reichsein gelangweilt, da hab' ich einem andern die Papiere abgekauft und bin als Giovanni Collani in die Legion eingetreten. Aber ursprünglich hab' ich Koller geheißen. Victor Alois Koller. Das ist mein richtiger Name.«
    »Also hör einmal, Koller«, sagte Studer. »Der Mann, vor dem du stehst, behauptet, daß er dein Bruder ist, daß er Max Koller heißt...«
    Der Alte schüttelte den Kopf, schüttelte ihn lange und nachdrücklich.
    »Es stimmt schon«, sagte er nach einer Welle, »daß der Max unter die Pfaffen gegangen ist – die Eltern haben ihm das nie verziehen. Aber der da ist nicht Max... Dem da hab' ich gebeichtet in Géryville, das heißt, das stimmt auch nicht. Er hat mich ausgefragt und dann hab' ich

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