Die Finsteren
er je gehabt hatte.
Er wünschte ihnen nur das Beste und hoffte, ausnahmsweise mal das Richtige getan zu haben.
Epilog
Sechs Jahre später ...
Natasha setzte eine dunkle Sonnenbrille auf, bevor sie Clays Kneipe betrat. Inzwischen erkannte man sie regelmäßig wieder und damit wollte sie sich im Augenblick nicht herumschlagen. Sie wollte sich nur hinsetzen und eine Weile ungestört mit einem alten Freund plaudern. War das etwa zu viel verlangt?
Es herrschte wenig Betrieb. Nicht überraschend, wenn man bedachte, dass in Key West Nebensaison herrschte, zudem ein Dienstagmittag. Aus der Stereoanlage ertönte leise tropische Inselmusik. Weniger als ein Dutzend Gäste saßen an den kleinen Tischen und nur zwei Leute hielten sich an der Bar auf. Bei einem der beiden am Tresen handelte es sich vermutlich um den Mann, wegen dem sie die Reise aus Hollywood hierher angetreten hatte. Er wandte ihr den Rücken zu und hielt den Kopf gesenkt, die Augen auf die Seiten einer Illustrierten gerichtet. Er blätterte um und trank einen Schluck aus einem halb leeren Bierkrug.
Als er danach griff, drehte er den Kopf ein wenig, wodurch sie einen flüchtigen Blick auf sein Gesicht erhaschte. Er war es tatsächlich, das erkannte sie trotz seiner mittlerweile sonnengebräunten Haut. Solche weiten Cargoshorts und Hemden mit Blumenmustern hätten sich vor einigen Jahren ebenfalls nicht in Mark Bells Kleiderschrank gefunden. Dasselbe galt für die Sandalen. Aber das Gesicht erwies sich als genauso attraktiv wie immer. Das galt auch für den schlanken, durchtrainierten Körper. Es überraschte sie ein wenig, dass er sich in all den Jahren, die er in der Sonne ein Leben voller Müßiggang führte, nicht hatte gehen lassen. Eine angenehme Überraschung.
An einem Tisch neben dem Fenster saßen zwei junge Burschen. Einer davon, ein Kerl mit strubbeligen Haaren, der aussah, als wäre er gerade 21 geworden – oder als hätte er einen gefälschten Ausweis benutzt, um Alkohol zu bestellen –, starrte sie unverblümt an.
Shit .
Sie versuchte, ihr Ego im Zaum zu halten. Möglicherweise hatte er sie erkannt. Ebenso gut denkbar, dass dieser geile junge Spund einfach nicht anders konnte, als eine heiße junge Frau in einem engen, kurzen schwarzen Kleid zu begaffen. So oder so, sie hoffte, er blieb, wo er war, und belästigte sie nicht.
Natasha näherte sich der Bar und ließ sich auf einem Hocker neben Mark nieder. »Hallo, Fremder.«
Mark schaute von der Zeitschrift auf und musterte sie eingehend. »Wow. Du liebe Güte.« Er setzte ein breites Grinsen auf und rutschte vom Hocker, um sie zu umarmen. »Mann, ist das schön, dich wiederzusehen.«
Natasha erwiderte die Umarmung und vergrub das Gesicht in seiner Halsbeuge. Gut, dass sie die Sonnenbrille trug. Ihre Augen wurden feucht. Sie fand es auch schön, ihn wiederzusehen. Es tat gut, ihn zu spüren. »Ja.«
Die zärtliche Begrüßung zog sich in die Länge. Schließlich ließ Mark sie los und setzte sich wieder auf den Hocker. Er schüttelte den Kopf und konnte nicht aufhören zu grinsen. »Wow. Einfach nur: ›Wow‹. Ich muss gestehen, dass ich sprachlos bin. Ich dachte, du willst mich nie wiedersehen.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ja. Na ja. Du weißt doch, wie das ist. Jahre vergehen und die Zeiten ändern sich. Ich habe nie aufgehört, an dich zu denken. Eines Tages habe ich dann beschlossen, dich aufzuspüren.«
Ein Barkeeper kam zu ihnen und fragte, ob sie etwas trinken wolle.
»Martini. Ohne Oliven.«
Der Barkeeper schenkte ihren Drink ein und stellte ihn auf eine Serviette.
Mark trank von seinem Bier. »Und ... wie hast du mich gefunden?«
Ein weiteres Schulterzucken. »Gar nicht so schwierig. Hab mich bei Leuten in Ransom erkundigt. Niemand wusste, was aus dir geworden ist, aber ich erfuhr, dass Clayton vor ein paar Jahren hier unten dieses Lokal aufgemacht hat. Von da an wurde es einfach. Auf Jareds Facebook-Seite steht, dass er in Key West lebt. Ich hab eins und eins zusammengezählt und bin bei Mark Bell gelandet.«
Mark kicherte. »Ja. Jared arbeitet hier als Barkeeper.«
»Was ist mit dir? Was machst du heute so?«
»Offiziell bin ich bei Clayton angestellt. Ich helfe ihm, das Lokal zu führen. Aber in Wirklichkeit sitze ich meistens bloß hier rum und trinke Bier. Gelegentlich geh ich an den Strand und brate mich in der Sonne.«
Natasha musterte ihn von oben bis unten. Unter dem offenen Hawaiihemd lugte ein Motörhead-T-Shirt hervor. Also hatte er sich doch nicht
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