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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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ich. Shade deutete an, dass jemand die Surfs auf der Drift dazu gezwungen haben könnte, meine Eltern zu entführen. Jemand, der so weit gegangen war, sie sogar mit einem hoch entwickelten U-Boot auszustatten. »Das ist nur eine Theorie, oder? Du weißt es nicht mit Sicherheit?«
    »Wenn ich wüsste, wer deine Eltern entführt hat«, sein Tonfall wurde eisig, »hätte ich es schon auf Rip Tide gesagt.«
    Ich hatte keine Ahnung, was seine Stimmung hatte umschlagen lassen. Doch im nächsten Moment scholl Lachen vom Oberdeck herab – Gemmas Lachen –, gefolgt von männlichem Gelächter, und ich war froh, dass Shade seinen Ärger auf jemand anderen richten konnte. Er schwang sich auf eine Leiter und nahm zwei Sprossen auf einmal. Ich folgte ihm etwas langsamer. Gemma hatte das Recht zu lachen, mit wem sie wollte – auch wenn mir dieser Gedanke fast die Luft abschnürte.
    Die Leiter endete an einem Geländer, von dem aus man die Brücke sehen konnte. Ich entdeckte den leeren Pilotensitz und hoffte, dass der Bordcomputer der Specter ein zuverlässiger Autopilot war.
    Zu meiner Linken befand sich ein Gang, der an beiden Seiten von Doppelstockkojen gesäumt war. Jede Koje hatte einen Vorhang, die meisten davon waren zurückgezogen. Etwa in der Mitte des Ganges blieb Shade kurz vor Trilo stehen, der auf dem Boden lümmelte, während sich andere Outlaws aus ihren Kojen gelehnt hatten und still lauschten. Goldenes Licht kam aus einer der oberen Kojen, aus der auch Gemmas Stimme zu hören war. Ich konnte ihre Worte nicht verstehen, aber ich erkannte Hatchets Lachen wieder.
    »Soll ich dir runterhelfen?«, knurrte Shade böse zu der Koje hinauf.
    Tatsächlich purzelte kurz darauf Hatchet heraus und landete direkt auf Trilo. Die beiden rappelten sich schnell auf.
    »Wenn ich mir euch so ansehe«, wandte sich Shade drohend an alle, »dann habe ich das Gefühl, ihr seid gar nicht müde und wollt lieber etwas tun, anstatt zu schlafen …«
    Sofort zogen sich die Outlaws in ihre Kojen zurück.
    »Mann, ich wäre als Nächstes dran gewesen«, beklagte sich Eel und ließ sich in die Koje neben mir plumpsen.
    »Womit denn dran gewesen?«, fragte ich.
    »Gemma hat uns die Karten gelegt. Sie sagt, dass Kale eines Tages Präsident der Versammlung wird.«
    Inzwischen war der Gang leer, doch Shade blieb noch einen Moment vor Gemmas Koje stehen. »Mach mir das Leben nicht noch schwerer und schließ den Vorhang.«
    Dann entdeckte er Pretty, der in seinem Spind wühlte. »Nennst du das, die Kerle von ihr fernhalten?«
    Pretty zuckte die Schultern. »Ich hatte mein Messer nicht zur Hand.«
    Nachdem Shade den Gang hinunter verschwunden war, lief ich zu Gemmas Koje, denn ich nahm an, dass seine Anordnung nicht für mich galt. Gemma hockte auf den Knien und hatte sogar noch reichlich Kopffreiheit. Als sie den Vorhang zuziehen wollte, entdeckte sie mich und winkte mich zu sich hinauf – aber ich wollte mein Glück nicht unnötig herausfordern, also schüttelte ich den Kopf.
    »Ist es nicht perfekt?«, flüsterte sie und lehnte sich zu mir in den Gang hinaus, während ihr Haar das Gesicht umspielte.
    Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Obwohl die Koje recht geräumig war, war sie nur etwa halb so groß wie der Wandschrank auf der Handelsstation. Vielleicht hatten es ihr die eingebauten Schubladen und Regalfächer angetan, wer weiß? Was Pretty betraf, hatte Shade jedenfalls Recht. Seine Koje war makellos.
    »Perfekt«, stimmte ich ihr zu und entfernte mich wieder. »Gute Nacht.«
    Sie winkte zum Abschied und schloss den Vorhang.
    Als ich den Gang hinunterlief, bemerkte ich, dass Pretty uns beobachtet hatte, was meinen Schein aufleuchten ließ. Insbesondere, weil er mich mit einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck betrachtete.
    »Was?«, wollte ich wissen.
    »Nichts.« Er warf seinen Spind zu. »Ich bin mir nur nicht sicher, ob du gleichgültig bist oder dumm.«
    Mit diesen Worten ließ er mich stehen. Ich blieb mit heiß gelaufenem Gesicht zurück und erhellte den Gang.
    Das unterseeische Tal, das sich unter uns ausbreitete, schimmerte, wie eine eisige Strömung, die auf wärmeres Wasser trifft. Hier im Meer fühlte ich mich wieder wie ich selbst. Ich konnte mich so bewegen, wie ich wollte, in alle sechs Richtungen, fließend und leicht. Ich blickte zu Gemma hinüber. Ich musste wissen, ob sie trotz des beeindruckenden Anblicks in Panik geriet.
    Als sie mich anlächelte, entspannte ich mich. Sie hatte keine Angst. Sie konnte wieder

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