Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
Vom Netzwerk:
funktionierte. Das Krokodil ließ von Plover ab und kam auf mich zu. Vor meinem geistigen Auge sah ich seine lange, spitze Schnauze. Sein mächtiger Leib schnitt durch das Wasser, angetrieben von einem peitschenden Schwanz, der so lang und breit war wie ich.
    Sollte ich es wagen, mein Sonar einzusetzen, um das Biest zu betäuben, obwohl ich große Zweifel daran hatte, dass das überhaupt funktionieren würde? Jedenfalls nicht so gut wie bei den Neunaugen. Das Vieh war so riesig, dass es wahrscheinlich nicht einmal mit der Wimper zucken würde.
    Ich schwamm, so schnell ich konnte, zum Rand der Arena und sandte dabei Klicks über meine Schulter. Das Krokodil holte auf. Ich würde es niemals rechtzeitig aus dem Wasser schaffen – und es würde auch nicht viel helfen, an Land zu sein. Ich inhalierte Liquigen aus dem Schlauch an meinem Halsring und tauchte ab. Jetzt brauchte ich mir zumindest um das Atmen keine Sorgen mehr zu machen, doch als ich zwischen zwei Sitzreihen herschwamm, erkannte ich, dass ich mitten in der überfluteten Tribüne gelandet war. Hier war es schwieriger, zu manövrieren.
    Gerade als ich weitere Klicks ausstieß, um zu sehen, wie nah das Krokodil war, bemerkte ich, wie ein weiterer Geldbeutel auf dem Wasser auftraf. Das Krokodil schnappte danach wie ein Fisch nach einem Haken. Doch bevor ich diese Ablenkung ausnutzen konnte, war der Moment auch schon vorbei. Das Krokodil war wieder auf Kurs und schwamm auf mich zu. Plötzlich hatte ich eine Idee.
    Ich löste meinen Tauchhelm vom Halsring und tastete nach dem Schalter für das Licht. Ich hielt den Helm mit zitternden Händen vor mich und wartete darauf, dass das Krokodil näher kam. Als Spitzenprädator hatte es keine natürlichen Feinde und fürchtete sich vor gar nichts. Doch jedes Lebewesen mit einem Nervensystem ließ sich erschrecken.
    Als das Vieh mit aufgerissenem Kiefer vorschnellte, schaltete ich das Helmlicht ein, sodass es geblendet wurde, und stieß gleichzeitig tieffrequente Töne aus.
    Und es funktionierte!
    Getroffen von der plötzlichen Licht- und Geräuschexplosion, erstarrte das Krokodil mit halb herunterhängendem Schwanz und aufgesperrtem Maul. Das verschaffte mir zwar höchstens ein paar Sekunden, aber mir blieb genug Zeit, um meine Faust in den Helm zu stecken und ihn in das offene Maul des Biests zu rammen. Ich zählte darauf, dass das Plexiglas meinen Arm vor den zwölf Zentimeter großen Zähnen schützte, und das tat es auch. Ich stieß den Helm so tief in den Hals des Krokodils, wie ich mich vortraute, und ließ die Plexiglaskugel dort zurück. Gerade als das Krokodil wieder zum Leben erwachte, stieß ich mich weg. Ich hoffte, dass das Plexiglas dem Druck der riesigen Kiefer für mehr als eine Tausendstelsekunde standhalten würde, und schwamm in Richtung Wasseroberfläche.
    Sowie ich aufgetaucht war, hallte Gemmas Schrei in meinen Ohren wider. Ich paddelte zum Rand, wo mich viele Hände aus dem Wasser zogen.
    »Du bist völlig verrückt, weißt du das?«, schimpfte eine Frauenstimme.
    Überraschenderweise gehörte sie nicht Gemma.
    Ich sah auf und entdeckte Plover. »Aber ich danke dir«, fügte sie hinzu.
    Die anderen Surfs, die geholfen hatten, mich herauszuziehen, traten jetzt zurück und bildeten ein Spalier zur Leiter. Die Stadionlichter waren wieder heruntergedreht, während sich die Tribüne auf der gegenüberliegenden Seite zu leeren begann. Ich lief über die nasse Sitzreihe zur Plattform, als es im Becken zu meiner Linken plötzlich aufspritzte und ich vor Schreck stehen blieb.
    Das Krokodil brach aus dem Wasser hervor und schlug mit solcher Wucht mit dem Bauch auf, dass es durch das ganze Stadion hallte. Es krümmte und warf sich vor und zurück und schlug immer heftiger auf die Wasseroberfläche ein. Kämpfte es mit dem Tod oder versuchte es, den Helm loszuwerden? Ich wusste es nicht. Aber es war ein grausamer Anblick. Ich hatte den Helm aus reinem Selbsterhaltungstrieb in den Rachen des Tiers gerammt, trotzdem war es kaum zu ertragen, seine Qualen mit anzusehen.
    Plover trat neben mich. »Geh weiter«, sagte sie, legte mir eine Hand auf den Rücken und schob mich vorwärts.
    »Leih mir dein Messer«, bat ich und drehte mich zu ihr um. Das Mindeste, was ich tun konnte, war, dem Leiden der Kreatur ein Ende zu setzen.
    »Das darfst du nicht!« Sie sagte das mit einer Heftigkeit, die mich erschreckte. »Der Wettkampf ist vorbei. Wenn du es jetzt tötest, wirst du wegen Diebstahls verhaftet.«
    Ich zeigte mit

Weitere Kostenlose Bücher